Nach der Rückkehr von Beiersdorfer steht der Neustart beim HSV bevor. Sämtliche Ämter werden dabei geprüft – auch Slomka hat keine Jobgarantie. „Wir wollen einen ganz neuen HSV“, sagt Gernandt.

Hamburg. Die Rückkehr von Dietmar Beiersdorfer zum HSV ist perfekt, der Neustart kann beginnen. Gemeinsam mit dem designierten Aufsichtsratsvorsitzenden Karl Gernandt plant der neue Vorstandschef die kommende Spielzeit – und prüft dabei sämtliche Amtsinhaber.

Auch Trainer Mirko Slomka, der erst im Februar mit einem Vertrag bis 2016 ausgestattet wurde und den HSV vor dem Abstieg aus der Bundesliga gerettet hat, steht offenbar zur Diskussion. Bislang gab es zwischen Beiersdorfer und Slomka noch keinen Austausch. Doch in Kürze wird ein Gespräch zwischen den beiden stattfinden. „Wir werden uns anhören, was dabei herauskommt. Klar ist: Wenn es keine gemeinsamen Ziele gibt, müssen wir den Mut haben, Entscheidungen zu treffen“, sagte Gernandt dem kicker. Eine Jobgarantie für Slomka hört sich anders an.

„Zum Kernteam gehören Sportchef, Nachwuchschef und der Trainer", verdeutlicht Gernandt, „wir wollen einen ganz neuen HSV und diskutieren sehr offen. Es ist eine schwebende Diskussion." Auch die Zukunft von Sportchef Oliver Kreuzer und dem Noch-Vorstandsvorsitzenden Carl Jarchow ist unklar. „Es gibt kein Brachial-Event, aber es muss Veränderungen geben. Wir machen kein Harakiri, aber die Dinge eben anders als in der Vergangenheit. Didi Beiersdorfer ist nicht zurückgekommen, um da weiterzumachen, wo andere aufgehört haben“, sagte Gernandt dem kicker weiter.

Fest steht: Auf Beiersdorfer , der die sportlichen Geschicke der Hanseaten zwischen 2002 und 2009 leitete und den HSV 2009 ins Halbfinale des DFB- sowie Uefa-Pokals führte, wartet in der Hansestadt eine immense Herausforderung. Der Gehaltsetat des sündhaft teuren Kaders muss von 43 auf 38 Millionen Euro gesenkt und gleichzeitig ein schlagkräftiges Team für die kommende Saison zusammengestellt werden. Nach der Horror-Saison und dem Fast-Abstieg soll Beiersdorfer den Club zunächst in ruhigeres Fahrwasser und mittelfristig wieder in die internationalen Plätze führen.

Kader für die neue Spielzeit offen

Klar ist auch, dass nächsten Mittwoch Trainingsstart in Hamburg ist und Beiersdorfer keine neue Baustelle gebrauchen kann. Viel wichtiger ist der Kader, der dringend mit Qualität aufgestockt werden muss. So kann es auch gut sein, dass Sportdirektor Kreuzer weiter wirken darf. Ohnehin war der Draht zwischen Beiersdorfer und Kreuzer in den vergangenen Wochen eng. Dass Kreuzer im Fall des zu Bayer Leverkusen abwanderungswilligen Hakan Calhanoglu durchaus Rückendeckung hat, verdeutlichte er nun: „Unsere Haltung ist kein Poker. Didi und ich sind uns einig, dass wir hier eine gute Mannschaft haben wollen – mit Hakan.“

Auch bei Pierre-Michel Lasogga soll nach Gesprächen mit Kühne eine Perspektive da sein, dem Stürmer einen lukrativen Vertrag anzubieten. „Wir glauben, dass wir Pierre halten können“, sagte Kreuzer, der mit Mutter Kerstin Lasogga verhandelt. An Kapitän Rafael van der Vaart (3,5 Millionen Euro Gehalt) sollen nach Informationen der „Hamburger Morgenpost“ die Queens Park Rangers Interesse haben. Trainer Harry Redknapp arbeitete mit dem Holländer schon bei den Tottenham Hotspurs zusammen.

Auch bei Flügelflitzer Marcell Jansen ist die Zukunft völlig offen. Sollte der HSV im Buhlen um den Augsburger Linksverteidiger Matthias Ostrzolek am Ende die Nase vorne haben, könnte ein Verkauf des 28-Jährigen (Vertrag bis 2015, Ausstiegsklausel: fünf Millionen Euro) wichtiges Geld in die klammen Vereinskassen spülen. Immerhin plagen den Klub rund 100 Millionen Euro Verbindlichkeiten.

Bisher ist der klamme HSV ganz auf die Millionen von Gönner Kühne angewiesen. Beiersdorfer ist es zwar gewohnt, mit mächtigen Mäzenen umzugehen. Doch wie bei Redbull, als Besitzer Dietrich Mateschitz ihn als Sportdirektor zuletzt immer kritischer sah, kann die zu große Abhängigkeit von einem Mann gefährlich werden. Schon im Sommer brachte Kühne beim HSV große Unruhe hinein, als er unbedingt Felix Magath inthronisieren wollte. Will der HSV unabhängig von einzelnen Personen bleiben, muss die neue Fußball AG dringend weitere Geldgeber ins Boot holen.

Zurzeit weiß keiner so recht, wie das HSV-Gesicht der kommenden Saison aussehen wird. Und endgültige Entscheidungen wird es wohl erst Anfang Juli geben. Dann soll die HSV-Fußball-AG ins Handelsregister aufgenommen worden sein - und die Zukunft des neuen HSV mit Beiersdorfer offiziell beginnen.

Beiersdorfer hatte hat am Mittwoch einen Vertrag als Klubboss unterzeichnet. „Das ist für mich ein ganz besonderer und emotionaler Tag. Ich bin stolz und glücklich, die Neuaufstellung des HSV mitgestalten zu können“, sagte der 50-Jährige, nachdem er seine Unterschrift geleistet hatte. Es soll sich dabei um einen Kontrakt bis 2017 handeln, der Verein sprach lediglich von einem „langjährigen Vertrag.“ In zähen Gesprächen mit seinem bisherigen Arbeitgeber Zenit St. Petersburg hatte Beiersdorfer in den vergangenen Tagen in der russischen Metropole seine vorzeitige Freigabe ausgehandelt.