Ex-Profi und TV-Experte Thomas Helmer analysiert die drei verbliebenen Kontrahenten im Abstiegskampf. Den HSV warnt er davor, sich selbst zu belügen.
Hamburg. Wer macht im Kampf um den Relegationsplatz 16 das Rennen? Für das Abendblatt analysiert der frühere deutsche Nationalspieler und heutige Sport1-Moderator Thomas Helmer, der in Hamburg lebt, die Chancen der drei Mannschaften.
HSV: „Belastend wirkt sich aus, dass selbst Leistungsträger wie René Adler oder Rafael van der Vaart schwächeln und mit der allgemeinen Nervosität beim HSV zu kämpfen haben. René setzt sich vielleicht zu sehr unter Druck in dieser Extremsituation. Und Rafael ist zwar ein begnadeter Fußballer, aber derzeit keine Stütze der Mannschaft, wird seinen und den Ansprüchen des Vereins nicht gerecht. Auch Mirko Slomka, der gut anfing, konnte in der Kürze nicht alle Probleme lösen, zumal er auch nie mit der gleichen Mannschaft spielen konnte. Die Partie in Mainz wird verdammt schwer; dass Tuchels Team locker 50 Punkte holt, hätte keiner gedacht, ist aber die Belohnung für die planvolle Arbeit der vergangenen Jahre. Die Auswärtsschwäche der Hamburger ist bekannt.“
Nürnberg: „Ein Trainerwechsel so kurz vor dem Ende der Saison ist vor allem der Beleg für Panik. Wenn Manager Martin Bader gemerkt hat, dass es zwischen Trainer Gertjan Verbeek und der Mannschaft nicht stimmt, hätte er früher reagieren müssen. Und ohne Roger Prinzen etwas Böses zu wollen, aber die Toplösung scheint er nicht zu sein. Dass so viele Leistungsträger verletzungsbedingt ausgefallen sind, ist der Hauptgrund, warum der Club kurz vor dem Abstieg steht. Wären alle Spieler an Bord gewesen, hätten die Nürnberger keine Probleme. Aber jetzt fallen auf Schalke mit Pinola, Chandler und Plattenhardt drei Spieler der Abwehrreihe aus, schlimmer kann es kaum noch kommen. Jetzt hilft nur noch eine Trotzreaktion, alle Spieler müssen 150 Prozent bringen. Unterm Strich hat Nürnberg aber die schlechtesten Voraussetzungen, zumal Schalke noch einen Punkt benötigt.“
Braunschweig: „Die Eintracht hat sich viele Sympathiepunkte in der Liga erworben, weil sie nie rumgejammert hat, die Niedersachsen blieben immer eine Einheit. Man hatte immer den Eindruck, dass sie alles geben. Im Urlaub habe ich mal Trainer Lieberknecht kennengelernt, ein bodenständiger, sehr vernünftiger Typ, der zu diesem Konstrukt perfekt passt. Am Schluss fehlte aber immer ein Schuss Qualität, vor allem auswärts, wo sich die Braunschweiger defensiv anfällig präsentiert haben und fahrlässig mit ihren Chancen umgegangen sind. Dass es für Hoffenheim um nichts mehr geht, ist natürlich eine Chance für Braunschweig. Ich habe als Spieler früher am liebsten gegen Mannschaften gespielt, für die es um nichts mehr ging. Wenn dir ein Führungstor gelingt und du weiter Druck machst, kommt beim Gegner schnell die Stimmung auf: Ach, ist sowieso vorbei. Hoffenheim ist zwar offensiv stark, defensiv aber genau das Gegenteil.“
Helmers Prognose: „Keines der drei Teams wird gewinnen, weshalb der HSV, der sich vor allem auf seine leidensfähigen Fans verlassen kann, gerade so Platz 16 behaupten kann. Das Erreichen der Relegation ist aber nur ein Teilschritt. Die große Gefahr ist, sich dann selbst zu belügen und zu glauben, man sei so gut wie gerettet. Dennoch sehe ich den Erstligisten in solchen hammerharten K.-o.-Spielen aufgrund der Qualität immer im Vorteil. Deshalb glaube ich: Am Ende wird der HSV die Klasse halten.“