Da Jansen ausfiel, musste Jiracek hinten links verteidigen. Tesche rückte in die Startformation. Ilicevic war der einzige nominelle Angreifer. Der Kroate vergab auch die Chance zur Führung. Bayern ging mit der ersten von zwei Chancen in Führung und machte nach dem Wechsel alles klar.
Hamburg. Die Bundesliga-Uhr des Hamburger SV droht nach fast 51 Jahren stehen zu bleiben. Die Mannschaft von Trainer Mirko Slomka unterlag Bayern München im Nord-Süd-Klassiker mit 1:4 (0:1) und steht vor ihrem ersten Abstieg der Bundesliga-Geschichte. Die Pleite gegen den Fußball-Rekordmeister war die fünfte Niederlage in den vergangenen sechs Spielen - es könnte das vorerst letzte Erstligaspiel in der Hansestadt gewesen sein.
Da Nürnberg und Braunschweig jedoch auch unterlagen, hat sich an der Grundkonstellation wenig geändert. Vor dem letzten Spieltag bleibt der HSV allerdings auf dem Relegationsplatz.
Mario Götze mit seinen Saisontreffern neun und zehn (32. und 69.) und Thomas Müller (55.) brachten die Bayern auf die Siegesstraße. Der eingewechstelte Claudio Pizarro machte mit einem sehenswerten Fallrückzieher alles klar für den Meister (75.). Hakan Calhanoglu traf zum zwischenzeitlichen 1:3 für den im zweiten Abschnitt überforderten HSV (72.). Beim FC Bayern sah Nationalspieler Jerome Boateng nach einer Tätlichkeit die Rote Karte (86.).
Überschattet wurde der 98. Nord-Süd-Vergleich von Krawallen auf der Tribüne. HSV-Anhänger und Polizei lieferten sich in der Halbzeitpause handreifliche Auseinandersetzungen. Die Ordnungshüter rückten in die Nordkurve der Arena vor, es flogen Gegenstände und Böller wurden gezündet.
Ausgangspunkt war wohl eine „All Cops are bastards“-Fahne, die bei den HSV-Ultras hing. Als die Polizei dagegen vorging, wurde offenbar auch die Fahne der „Chosen Few“-Gruppierung abgehänkt. Diese Auseinandersetzungen drückten in der zweiten Halbzeit deutlich auf die Stimmung, da sich auch die Münchner Ultras solidarisierten und kaum mehr Fangesänge anstimmten.
Schon vor der Partie ist es nach Angaben der Polizei zu einer Auseinandersetzung mit Fans gekommen, bei der zwei Polizisten verletzt wurden. Die Beamten hätten versucht, eine Straße abzusperren, um die Hamburger und die Münchner Fußball-Fans zu trennen. Daraufhin seien sie von Anhängern des HSV mit Flaschen beworfen worden. Ein Beamter und eine Beamtin seien getroffen worden. Die Polizistin musste ins Krankenhaus gebracht werden, wie ein Polizeisprecher weiter sagte
Zum Spiel: Die Bayern zeigten sich vier Tage nach der 0:4-Schmach in der Champions League gegen Real Madrid in der zweiten Hälfte dann bestens erholt. Das Team von Coach Pep Guardiola feierte seinen 28. Saisonsieg und holte sich frisches Selbstvertrauen für das Pokalfinale gegen Borussia Dortmund in zwei Wochen.
Hoch konzentriert, gut organisiert und zweikampfstark: Die Hamburger, die kurzfristig auf Nationalspieler Marcell Jansen (Knöchelprobleme) verzichten mussten, begannen im letzten Heimspiel der Saison überraschend gut. Während das gefürchtete Kurzpassspiel der Münchner zunächst für keinerlei Torgefahr sorgte, setzten die Norddeutschen immer wieder kleine Nadelstiche und erspielten sich sogar die besseren Möglichkeiten. Erst verzog Ivo Ilecevic, der den verwaisten Platz in der HSV-Spitze einnahm, nach einem Querschläger von Manuel Neuer knapp (13.). Nur zwei Minuten später verfehlte Youngster Calhanoglu bei einem Konter das Ziel.
Auch in der Folge zeigte sich die Bayern-Defensive immer wieder unkonzentriert und fahrig. Vor allem das Mittelfeld um Bastian Schweinsteiger und Toni Kroos leistete sich den ein oder anderen leichtisinnigen Ballverlust. Erst als Götze, der für den verletzten Franck Ribéry (Rückenprobleme) in die Startelf gerückt war, nach feinem Doppelpass mit Arjen Robben wie aus dem Nichts zur schmeichelhaften Führung traf, erhellten sich die Mienen auf der Bayern-Bank.
Im zweiten Abschnitt präsentierten sich die Gäste deutlich konzentrierter, drückten auf das 2:0 - und wurden schnell belohnt. Nachdem Robben zunächst noch aus kurzer Distanz an HSV-Torwart René Adler scheiterte (53.), hatte Müller wenig später keine Mühe, als er einen Götze-Schuss nach einer Ecke unhaltbar ins Hamburger Tor abfälschte.
Im weiteren Spielverlauf hatte der HSV nichts mehr zuzusetzen, so dass die Münchner leichtes Spiel hatten und das Ergebnis sogar noch ausbauten.
Überragender Mann bei den Gästen war Doppel-Torschütze Götze, auch Robben überzeugte. Bei den Hamburgern gefielen Calhanoglu und Milan Badelj mit Abstrichen.
„Eine sehr ordentliche erste Halbzeit von uns, sehr emotionale Momente auch mit den Fans“, sagte Kapitän Heiko Westermann. „Schade, dass Bayern mit der ersten Chance getroffen hat.“ Auch Ivo Ilicevic ist nicht Bange: "Wir haben alles noch selbst in der Hand. Wenn wir so in Mainz auftreten, schaffen wir das."
Sportchef Oliver Kreuzer war ebenfalls zufrieden: „Hätten wir immer mit so viel Mut und Leidenschaft gespielt, hätten wir sicherlich paar Punkte mehr."
Die Statistik
HSV: Adler - Diekmeier (ab 59. John), Westermann (ab 76. Tah), Mancienne, Jiracek - Rincon, Tesche, Badelj, van der Vaart (ab 67. Demirbay), Calhanoglu - Ilicevic
Bayern: Neuer - Lahm, Boateng, Dante, Alaba - Martínez, Schweinsteiger - Robben (ab 73. Pizarro), Götze, Kroos (ab 67. Hojbjerg) - Müller
Schiedsrichter: Marco Fritz (Korb)
Zuschauer: 57.000 (ausverkauft)
Tore: 0:1 Götze (32.), 0:2 Müller (55.), 0:3 Götze (69.), 1:3 Calhanoglu (72.), 1:4 Pizarro (75.)
Rote Karte: Boateng (86./Tätlichkeit)