Dramatische Aktionen vor dem DFB-Pokal an diesem Mittwoch gegen Bayern München. HSV-Investor Kühne ließ Magath einfliegen. Ein ganzer Verein hält den Atem an.
Hamburg. Als alles gesagt und geschrieben war, was es zu sagen und zu schreiben gab, fehlte eigentlich nur noch der passende Schluss. „Mit besten Grüßen für alle HSV- und Magath-Fans“, schrieb also Klaus-Michael Kühne ans Ende seiner emotionalen Mail, die er am Montag in erster Linie an Felix Magath und in Kopie an HSV-Aufsichtsratschef Jens Meier, die Vorstände Carl Jarchow und Joachim Hilke, HSVPlus-Initiator Otto Rieckhoff – und an das Abendblatt richtete.
Doch wirklich inhaltsreich waren vor allem die vorangegangenen Sätze, die der Milliardär mit insgesamt drei Ausrufezeichen versah: „Lieber Herr Magath“, schrieb Kühne, „geben Sie sich einen Ruck! Werden Sie Sportdirektor und Trainer beim HSV – dann wird alles gut!“
Nach einer Mail an Magath lud Kühne den Trainer zu sich nach Hause ein
Bereits am vergangenen Donnerstag hatte sich der vermögende HSV-Anhänger mit Wohnsitz in der Schweiz nach Informationen der „Bild“-Zeitung bei einem Geheimtreffen mit Chefkontrolleur Meier, Vorvorvorgänger Rieckhoff und Marketingvorstand Hilke getroffen, um über seine Rolle als HSV-Investor und auch seinen Wunschtrainer Magath zu sprechen. Schließlich ist es der gebürtige Hamburger, der die nicht billige Inthronisierung Magaths mitfinanzieren soll.
In seiner Mail wurde er dann auch deutlich: „Aber Sie müssen am Samstag auf der Trainerbank sitzen; sonst gehen weitere drei Punkte verloren, und die Situation wird noch hoffnungsloser“, schrieb Kühne fast flehend, und weiter: „Ich stehe hundertprozentig hinter Ihnen und hoffe, dass Aufsichtsrat und Vorstand endlich geschlossen handeln – sonst sind diese Leute ‚Manager des kollektiven Untergangs’!“
Doch Kühne wollte es nicht einfach so bei einer Mail belassen. Am Dienstag machte der Wahl-Schweizer schließlich Ernst. Spontan lud er Magath, der mit dem Flieger aus München kam, zu sich nach Hause. Der Fußballlehrer und der Unternehmer, die sich erstmals im vergangenen August kennen- und schätzen lernten, überlegten mehrere Stunden, wie die verfahrene Situation noch zu retten sei.
Ihr Plan: Bereits beim Pokalspiel gegen Bayern wollte sich Magath auf die Bank setzen und mehrere taktische Varianten einstudieren, der Ernstfall sollte dann beim Abstiegsendspiel am Sonnabend gegen Braunschweig folgen. Erst am Abend kehrte Magath zurück in seinen Wohnort München, wo er aber umsonst auf eine für ihn positive Nachricht vom Aufsichtsrat wartete.
Nach einem Tag Sitzungspause hatten die Kontrolleure am frühen Dienstagabend zwar erneut einen Raum im Grand Elysée Hotel gebucht, doch zum Missfallen einiger herbeigeeilter Medienvertreter blieb der Raum Speicherstadt leer. Erst um kurz vor 19 Uhr fiel die Entscheidung, dass an diesem Tag keine Entscheidung mehr fallen würde. Das Problem der „Manager des kollektiven Untergangs“: Die Mehrheit der Räte war zwar für die Magath-Revolution, die neben einer Entlassung von Trainer Bert van Marwijk auch die „Bauernopfer“ Kreuzer und Jarchow vorsah, doch die erforderliche Zweidrittelmehrheit blieb unerreicht.
Hauptgrund soll das komplizierte Vertragskonstrukt gewesen sein, das Magath ab Sommer zu einer Art Alleinherrscher beim HSV gemacht hätte. Kühne und Magath wurden über das Nichtergebnis am Abend informiert.
Die Hängepartie um Magier Magath geht also ein weiteres Mal in die Verlängerung – genauso wie der öffentliche Zwist zwischen Aufsichtsrat und Vorstand. Doch damit nicht genug: Nach Abendblatt-Informationen gilt nun auch die Stimmung im Vorstand als extrem angespannt. So sollen HSV-Chef Jarchow und Sportchef Oliver Kreuzer wenig erfreut über Hilkes Doppelrolle in den den vergangenen Tagen gewesen sein.
Auf der turnusmäßigen Vorstandssitzung am Dienstagmorgen wurde auch über das Treffen Hilkes mit Meier, Rieckhoff und Kühne, der mehrfach Kreuzer und Jarchow attackiert hatte, gesprochen. Gegenüber dem Abendblatt betont Hilke, dass dieses Treffen mit Jarchow abgestimmt gewesen sei. Auch die Behauptung, dass er im Gegensatz zu seinen Vorstandskollegen frühzeitig über die Magath-Verhandlungen am vergangenen Donnerstag in Kenntnis gesetzt worden sei, wies er zurück.
Ganz Hamburg habe vom Interesse des Aufsichtsrats an Magath gewusst, sagte Hilke, „aber über das Treffen zwischen dem Personalausschuss und Magath wurde ich erst am Sonntag informiert“. Ihm sei nun wichtig, dass die Wagenburg, die Vorstand, Trainerteam und Mannschaft in den vergangenen Tagen als Trotzreaktion auf die Aktivitäten des Aufsichtsrats errichtet hätten, nicht eingerissen werde.
Der Ehrenrat will das Gespräch mit Aufsichtsratschef Meier suchen
Zumindest der Streit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat ist mittlerweile sogar ein Thema für den Ehrenrat. So kündigte dessen Vorsitzender Andreas Peters an, dass er mit Aufsichtsratschef Meier das Gespräch suchen wolle. Thema der Unterhaltung soll das anfängliche Bemühen der Räte sein, Magath als Trainerfeuerwehrmann zu installieren. Dies wäre allerdings laut Satzung eine Aufgabe des Vorstands.
Erst als sich der Vorstand am Sonnabend nach dem 0:3 gegen Hertha mit dem – auf dem Feld schon lange nicht mehr erreichten – Traumergebnis von 4:0 für eine Fristverlängerung van Marwijks bis zum Braunschweig-Spiel ausgesprochen hatte, soll im Personalausschuss des Aufsichtsrates (Meier, Eckart Westphalen, Katrin Sattelmair und Christian Strauß) der Plan gereift sein, Tabula rasa zu machen. Ein Plan, der aber auch nach drei Tagen der intensiven Verhandlungen nicht aufzugehen scheint: Anders als gewünscht wird van Marwijk also auch gegen Bayern München auf der Trainerbank Platz nehmen. Chefkontrolleur Meier war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Für Medienvertreter ebenfalls nicht zu erreichen war Felix Magath. Doch der Meistertrainer kommt nach Hamburg – das stand und steht fest. Auf Einladung des Abendblatts wird Magath am Tag nach dem Pokalspiel des HSV gegen die Bayern in der Springer-Passage erwartet und sich am Abend ausführlich äußern. Nicht über Fußball, aber über Schach.