Der frühere Bundesligaspieler und heutige Trainer Felix Magath analysiert seinen ehemaligen Club – HSV-Sportchef Oliver Kreuzer wehrt sich gegen Kühnes Kritik.
Hamburg. Als Felix Magath am Freitagvormittag in Madrid aufstand, ahnte er noch nicht, dass ihm ein Tag mit vielen Anrufen bevorstand. In Spaniens Hauptstadt hatte er am Vorabend das Abschiedsspiel von Raúl besucht und wusste deshalb nicht, dass HSV-Investor Klaus-Michael Kühne in einem Abendblatt-Interview nahezu alle Funktionsträger der Hamburger zum Rücktritt aufgefordert und sich gewünscht hatte, dass Magath der neue starke Mann beim HSV wird.
Am Nachmittag war der 60-Jährige wieder in Hamburg eingeflogen, wo er sich aufgrund privater Angelegenheiten zuvor schon einige Tage aufgehalten hatte – und besuchte die Abendblatt-Redaktion, wo er interessiert das vollständige Interview las. „Ich kenne die Meinung von Klaus-Michael Kühne“, sagte er schließlich, „ich habe ihn als einen Menschen kennengelernt, der HSV-Fan ist, dem der HSV sehr am Herzen liegt. Und der mit der gegenwärtigen Situation nicht einverstanden ist.“
Magath saß am vergangenen Sonnabend auf der Tribüne, als der HSV 1:5 gegen Hoffenheim unterging, aber er hütete sich, diese Leistung zum alleinigen Maßstab zu machen: „Es waren weniger die jüngsten Tage, sondern die vergangenen Wochen und Monate, in denen der HSV an Reputation verloren hat. So, wie sich der Verein dargestellt hat, hatte kaum jemand Spaß, dem der HSV am Herzen liegt.“
Der frühere HSV-Spieler und -Trainer nutzte die Zeit in Hamburg, um sich ein Bild zu verschaffen. Er hörte sich um, sprach mit einigen Aufsichtsräten und kam zu einem ernüchternden Ergebnis: „Ich habe den Eindruck, dass man sich nicht so richtig einig ist. Ich sehe keine klare Struktur. Meiner Meinung nach muss sich der ganze Club neu aufstellen. Es muss sich etwas Grundlegendes ändern. Was und wie, ist aber nicht mein Thema.“
Wirklich nicht? Forciert er nicht seine Rückkehr? Schließlich weiß jeder, dass für Magath der HSV eine Herzensangelegenheit ist. Auch während des Gesprächs sagt er, dass „meine Entlassung als HSV-Trainer das schlimmste Erlebnis meiner Karriere“ gewesen sei. Im Vergleich dazu hätte ihn das Ende als Bayern-Coach kaum berührt. Doch er stellt klar, dass Meldungen, er hätte vor der Einstellung von Oliver Kreuzer Sportchef werden wollen, falsch sind: „Ich wollte nie Manager in Hamburg werden und werde in dieser Konstellation auch nicht als Manager fungieren.“
Seine Zukunft hat Magath noch nicht konkret geplant: „Ich weiß noch nicht, was ich machen werde. Ich habe immer gesagt, dass ich eine Aufgabe suche, die mich fordert und interessiert. Ich werde nicht mehr alles annehmen. Und vor allem möchte ich das, was ich verantworten muss, auch entscheiden.“
Regelmäßig steht Magath mit HSV-Fans über seine Facebook-Seite in Kontakt und erfährt viel Zuspruch, doch er weiß auch: „Ich habe nicht nur Freunde im Verein.“ Magath glaubt, dass ein Verein wie der HSV nur in die Spitze zu führen sei, wenn es eine breite Unterstützung für die Clubführung gibt „und nicht jeder seine eigene Politik betreibt. Wer bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, braucht Rückendeckung aus dem Verein und durch die Gremien.“ Was er jedoch genau weiß: „Ohne Geld wird der HSV nicht auf die Füße kommen. Und wer das Geld bringt, sollte auch das Sagen haben. Ich glaube, nur Herr Kühne kann den HSV retten.“
Dass die aktuelle HSV-Führung nicht erfreut über den Vorstoß Kühnes war, ist logisch. Während der Vorsitzende Carl Jarchow die Angriffe auf seine Person nicht kommentieren wollte, da es sich um „Aussagen des Privatmenschen Kühne" handle, reagierte Oliver Kreuzer verärgert: „Ich finde es unmöglich, dass Herr Kühne aus Mallorca solche Statements abgibt. Ich weiß nicht, was ihn da geritten hat“, sagte der HSV-Sportchef. „Das hilft uns momentan überhaupt nicht weiter und ist nicht zielführend. Ich habe auch keinerlei Verständnis dafür, dass er meinen Trainer und den gesamten Verein derartig diffamiert. Thorsten Fink hat bisher alle seine Ziele beim HSV erreicht. Wir haben in dieser Saison bisher ein sehr gutes und ein sehr schlechtes Spiel abgeliefert. Mehr ist noch nicht passiert. Und natürlich haben wir eine ganze Reihe von Stürmern auf der Liste, die uns gut zu Gesicht stehen würden. Doch wenn Herr Kühne unsere wirtschaftliche Situation kennen würde, hätte er Verständnis dafür, dass wir nicht sofort zuschlagen.“ Kreuzer weiter: „Nach solchen Aussagen stellt sich die Frage einer möglichen weiteren Zusammenarbeit mit Herrn Kühne überhaupt nicht.“
Kreuzer antwortete auf die Kritik am Freitag nicht nur mit Worten, sondern ließ auch Taten folgen: Der HSV konnte endlich eine Einigung mit Paul Scharner vermelden. Der Vertrag des Verteidigers wurde gegen eine Abfindung im hohen sechsstelligen Bereich aufgelöst. Der Wolfsberger AC, Schlusslicht in Österreich, soll sein Interesse hinterlegt haben. Gerüchten, dass der bei UD Levante unter Vertrag stehende Christian Lell dafür künftig für den HSV auflaufen soll, trat Kreuzer entgegen. „Ein Angreifer hat Priorität.“