Investor Kühne fordert beim HSV einen neuen Vorstand, einen neuen Aufsichtsrat und einen neuen Trainer. Kühne geht davon aus, dass nach einer Reform Gelder an den Verein fließen.
Hamburg. Obwohl Klaus-Michael Kühne seit Tagen auf Mallorca ist, betont er gleich zu Beginn des Gesprächs, dass er die HSV-Profis Dennis Aogo und Tomas Rincon auf der Ferieninsel nicht getroffen habe. Deren Suspendierung hat den Investor, der schon mehrfach dem HSV Millionenbeträge zur Verfügung gestellt hat, aber derart geärgert, dass er am Donnerstag spontan das Abendblatt um ein Interview bat.
Hamburger Abendblatt: Herr Kühne, was hat Sie als HSV-Fan mehr geärgert: die 1:5-Heimpleite gegen Hoffenheim oder die Geschehnisse in den Tagen danach?
Klaus-Michael Kühne: Die Tage danach haben mich um ein Vielfaches mehr geärgert. Richtig wütend bin ich über die Suspendierung von Aogo und Rincon. Wenn Trainer Fink schon die schwer nachvollziehbare Entscheidung trifft, den Spielern zwei Tage freizugeben, dann kann er die Profis nicht im Nachhinein für so einen Kurztrip bestrafen.
Die Verantwortlichen des HSV hatten kritisiert, dass es das falsche Zeichen von Aogo und Rincon gewesen sei, nach einem 1:5 ausgerechnet auf die Partyinsel Nummer eins zu fahren.
Kühne: Das falsche Signal hat der Trainer gesetzt. Er hat doch zwei Tage freigegeben. Diese Entscheidung hat das Fass zum Überlaufen gebracht.
Was meinen Sie? Thorsten Fink hat die Mannschaft doch seit seiner Amtsübernahme immerhin von einem Abstiegsplatz auf den siebten Rang geführt.
Kühne: Trotzdem bleibe ich bei meiner Meinung. Ich bin maßlos enttäuscht von ihm, und das war ich schon in der vergangenen Rückrunde, als ein durchaus möglicher Europa-League-Platz leichtfertig verspielt wurde. Mir scheint es so, als ob er die Mannschaft weder richtig führen noch motivieren kann.
Fink ist doch der erste Trainer, der nach all den Wechseln der vergangenen Jahre für ein wenig Kontinuität steht.
Kühne: Es stört mich auch, dass der HSV ständig die Trainer gewechselt hat. Aber ich glaube einfach nicht mehr an ihn, seine Entscheidungen sind für mich unverständlich. Doch leider scheinen ja auch der Vereinsführung die Hände gebunden zu sein. Meiner Meinung nach ist der Verein auf allen Ebenen amateurhaft aufgestellt.
Was muss sich beim HSV ändern?
Kühne: Alles. Der ganze Verein muss reformiert werden. Ich würde mir wünschen, dass es eine Strukturreform gibt, vor der zunächst der komplette Aufsichtsrat zurücktreten müsste. Ich würde mir einen verkleinerten Aufsichtsrat mit maximal sechs statt elf Mitgliedern wünschen. Gefragt wären Hamburger Persönlichkeiten und vielleicht auch ehemalige Größen aus dem HSV, die das nötige Know-how hätten. Und auch der Vorstand müsste dann neu zusammengesetzt werden.
Das klingt aber sehr nach Tabula rasa.
Kühne: Manchmal ist ein kompletter Schnitt der beste Weg für einen Neuanfang. Ich würde es sehr begrüßen, wenn die Profiabteilung des HSV ausgegliedert wird, die dann in einer neuen Gesellschaft professioneller aufgestellt wäre. An so einer Gesellschaft müssten sich dann Investoren im Rahmen der 50+1-Regel beteiligen können, sodass dem Verein das dringend benötigte frische Kapital zur Verfügung gestellt werden könnte. Ich selbst würde mich auch maßgeblich beteiligen, wobei ich nicht der einzige Geldgeber sein möchte.
Bereits seit Monaten wird hinter den Kulissen an so einer Strukturreform gebastelt. Ist Otto Rieckhoff, der die Pläne einer neuen Struktur bald vorstellen will, schon mal an Sie herangetreten?
Kühne: Wir hatten kurzen Kontakt. Wobei ich auch davon gehört habe, dass Jürgen Hunke ebenfalls eigene Reformpläne hat. Wichtig ist mir, dass es eine einheitliche und starke Gruppe für eine entsprechende Strukturreform gibt, die ich dann auch sehr gerne unterstützen würde. Mein größter Wunsch wäre, dass dann Felix Magath nach so einer Reform als neuer HSV-Präsident der starke Mann im Verein werden würde. Er könnte dem HSV dringend benötigte neue Impulse geben.
Halten Sie denn eine Verpflichtung Magaths für realistisch?
Kühne: Ich halte das zumindest für möglich. Ich selbst hatte auch schon Kontakt mit Herrn Magath. Und von dem, was ich so gehört habe, gibt es für Magath nur zwei ernsthafte Optionen: Entweder er geht als Trainer in den arabischen Raum, oder er wird neuer starker Mann beim HSV. Er selbst scheint die zweite Option zu präferieren.
Zuletzt hatte Magath in Wolfsburg und auf Schalke aber ganz andere finanzielle Möglichkeiten. Ist er in der aktuellen Situation wirklich der richtige Mann?
Kühne: Mir ist schon klar, dass es ohne Geld nicht geht. Nach einer Reform dürften aber durch Investoren auch entsprechende Finanzmittel zur Verfügung stehen. Ich würde sogar einen Schritt weitergehen: Meiner Meinung nach sollte man Magath sofort als Berater holen. Er könnte kurzfristig neue Akzente setzen. Und er ist auch der Einzige, den ich für fähig halte, bis zum Ende der Transferfrist einen dringend benötigten Stürmer zu verpflichten.
Eine Zusammenarbeit zwischen Magath, Oliver Kreuzer und Thorsten Fink klingt nicht gerade realistisch.
Kühne: Da gebe ich Ihnen recht. Ich würde von Magath erwarten, dass er auch einen neuen Trainer findet. Und Kreuzers Rolle empfinde ich als unglücklich. Er scheint mir sehr mit Fink verbandelt zu sein.
Kreuzer ist doch arm dran. Er soll neue Spieler ohne finanzielle Mittel verpflichten und muss teure „Ladenhüter“ abgeben, die er gar nicht verpflichtet hat.
Kühne: Einfach ist diese Aufgabe wirklich nicht. Aber gerade deswegen müsste man einen Top-Mann holen, der dieser Aufgabe gewachsen ist – und eben keinen Drittligamanager. Ich kenne Herrn Kreuzer ja gar nicht persönlich, habe also auch nichts gegen ihn. Wir haben einmal kurz telefoniert, das war es dann aber auch. Doch ich halte ihn eben nicht für den richtigen Mann am richtigen Ort. Das HSV-Haus brennt doch lichterloh.
Sie halten viel von Vorstand Joachim Hilke. Könnte er nicht das „Feuer“ gemeinsam mit Carl Jarchow löschen?
Kühne: Es stimmt, dass Herr Hilke und ich regelmäßig miteinander sprechen. Ich schätze ihn und ich würde mir ihn auch nach einer Strukturreform weiter im HSV-Vorstand wünschen. Aber das ändert nichts daran, dass dem HSV eine Führungspersönlichkeit fehlt. Und diese könnte meiner Meinung nach Felix Magath heißen.
Noch mal: Halten Sie derartige Gedankenspiele wirklich für realisierbar?
Kühne: Auch wenn es Widerstände geben könnte, ich trete mit großer Entschiedenheit für einen solchen Versuch ein. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Ohne diese Strukturreform stehen Sie aber als Investor beim HSV nicht mehr zur Verfügung?
Kühne: Genau so ist es. Ein weiteres Engagement könnte ich mir nur vorstellen, wenn sich grundlegende Dinge ändern. Kurzfristig würde ich nur noch mal helfen, wenn Magath schon jetzt als Berater verpflichtet wird. Ihm würde ich zutrauen, die passenden Trainer und Stürmer zu suchen, und dabei könnte ich mir auch vorstellen, mich finanziell zu beteiligen. Das wäre ein echter Drahtseilakt, weil ja schon nächste Woche die Transferfrist endet. Aber bei Rafael van der Vaart haben wir es 2012 auch in allerletzter Minute geschafft.