Mittelfeldspieler Milan Badelj will das Unmögliche möglich machen und mit dem HSV im Saisonfinale gegen Hoffenheim und Bayer doch noch Platz sechs erobern.

Hamburg. Eigentlich spricht Milan Badelj nach nur neun Monaten in Hamburg ein überraschend gutes Deutsch. Das Interview mit dem Abendblatt will der Kroate aber lieber auf Englisch führen: "Sie kommen doch von einer seriösen Zeitung, da muss ich mich schon ein bisschen gewählter ausdrücken", sagt der HSV-Profi.

Hamburger Abendblatt: Herr Badelj, eine unseriöse Frage zum Start: Wie schmeckt eigentlich Gras?

Milan Badelj: Da bin ich jetzt überfragt.

Trainer Thorsten Fink sagte, er setze nur noch auf Profis, die Gras fressen.

Badelj: (lacht) Ach so, diese Redensart haben wir auch in Kroatien. Gemeint ist natürlich, dass wir eine gewisse Mentalität in der Mannschaft brauchen, charakterfeste Spieler, die in den letzten beiden Spielen alles geben. Ich glaube immer noch an die Möglichkeit, es mit zwei Siegen in die Europa League zu schaffen. Aber mir ist auch klar, dass man dafür bis an seine Grenze gehen muss, eben Gras fressen.

Ist diese besondere Ausgangslage vor dem Saisonfinale Zusatzmotivation?

Badelj: Irgendwie schon. In den letzten beiden Spielen können wir ganz viel gewinnen. Eine Saison wird auf zwei Spiele reduziert, und genau das macht den Fußball aus. Allerdings dürfen wir erst an Leverkusen und das letzte Spiel denken, wenn wir tatsächlich gegen Hoffenheim gewinnen. Und die Hoffenheimer werden um ihr Leben kämpfen.

Eine ähnliche Situation hatten Sie zuletzt im vergangenen August, als Sie sich kurz vor Ihrem Wechsel in zwei Spielen mit Dinamo Zagreb für die Champions League qualifizieren mussten. Kann man das vergleichen?

Badelj: Es war insofern vergleichbar, dass wir in Zagreb auch in zwei Spielen alles gewinnen konnten. Allerdings war der Druck in Zagreb noch sehr viel heftiger als hier in Hamburg.

Was meinen Sie genau?

Badelj: In Zagreb musste man immer gewinnen. Immer. Es war zwar nicht so, dass man nach einem schlechten Spiel um seine Gesundheit fürchten musste, aber ich wäre auch nicht unbedingt entspannt in ein Café gegangen. Aber irgendwann gewöhnt man sich an diesen brutalen Erfolgsdruck. Man lernt, damit zu leben.

Wie sehr vermissen Sie die Champions-League-Melodie, die Sie zuletzt vor einem Jahr vor dem Anpfiff hörten?

Badelj: Sehr, es gibt nichts Schöneres. Ich bekomme noch immer eine Gänsehaut. Ich kann mich auch noch ganz genau an unsere Spiele in der Gruppenphase der Champions League gegen Real Madrid im Jahr zuvor erinnern. Xabi Alonso war mein Gegenspieler, wir haben in Zagreb nur 0:1 verloren, in Madrid dann leider 2:6. Und trotzdem war es ein großes Erlebnis für mich, die Champions-League-Hymne im Estadio Santiago Bernabéu zu hören. Ich vermisse dieses besondere Europa-Gefühl, aber es ist ein großer Traum von mir, dass ich diese Hymne auch irgendwann mal in Hamburg hören kann.

Was fehlt dem HSV aus Ihrer Sicht von einer durchschnittlichen Bundesliga-Mannschaft zu einem Europa-Team?

Badelj: Das ist keine einfache Frage. Wir sind in allen Mannschaftsteilen gut besetzt, aber vielleicht fehlt das gewisse Etwas bis zur Spitze. Aber mir als Spieler steht es nicht zu, darüber zu urteilen, was genau dem Team noch fehlt.

Anders gefragt: Was fehlt Ihnen zu einem sehr guten Spieler?

Badelj: Spiele. Man darf nicht vergessen, dass ich erst seit knapp einem Jahr in Deutschland bin. Aber ich bin mir sicher, dass ich mich in der nächsten Saison steigern kann und muss.

Sie haben eine Klasse-Hinrunde gespielt, aber eine schwächere Rückrunde. Warum?

Badelj: Diese Frage wurde mir häufig gestellt, aber ich glaube, dass der Eindruck trügt. Ich habe in den ersten Spielen gut oder sogar sehr gut gespielt - da wurde dann schnell übersehen, dass ich zum Ende der Hinrunde auch mal ganz schwach gespielt habe. Dagegen bin ich in die Rückrunde nicht optimal gestartet, habe mich dann aber wieder stabilisiert. Insgesamt weiß ich aber, dass ich in der nächsten Saison mehr Spiele auf meinem Top-Niveau abliefern muss. Dann bin ich auch kein Neuling mehr, der sich an alles gewöhnen muss.

Woran genau muss man sich gewöhnen?

Badelj: Wie soll ich das in ein paar Sätzen beantworten? Die Bundesliga gehört zu den zwei stärksten Ligen der Welt. Natürlich ist so ziemlich alles anders als in Kroatien. Alles.

Ihr Ex-Verein Dinamo Zagreb ist zuletzt acht Jahre in Folge Meister geworden, beherrscht die kroatische Liga nach Belieben. Fürchten Sie eine ähnliche Dominanz der Bayern in den kommenden Jahren in Deutschland?

Badelj: Man muss schon zugeben, dass die Bayern Fußball vom anderen Stern spielen. Es ist eine perfekte Mannschaft, die jetzt noch mal mit Mario Götze und vielleicht ja noch weiteren Topstars zusätzlich verstärkt wird. Und trotzdem glaube ich nicht, dass Bayern in den kommenden Jahren konkurrenzlos sein wird. Dortmund, Schalke, Leverkusen und vielleicht ja auch wir irgendwann werden alles tun, um diese Dominanz zu verhindern.

Selbst Dortmunds Trainer Jürgen Klopp hat vor schottischen Verhältnissen gewarnt, wo Celtic Glasgow die Liga ähnlich dominiert wie Zagreb in Kroatien.

Badelj: Aber man kann den Bayern doch keinen Vorwurf machen, dass sie sich immer weiter verstärken wollen. Es muss umgekehrt sein. Alle Clubs müssen gegen diese vermeintliche Übermannschaft zusätzlich motiviert sein.

Hat ein Club wie der HSV überhaupt eine realistische Chance, diese Bayern in einem Bundesligaspiel zu schlagen?

Badelj: Jeder muss über sich hinauswachsen, aber natürlich kann dann sogar der HSV gegen Bayern gewinnen. Umgekehrt kann es aber auch ein Debakel wie bei unserem 2:9 geben, wenn mehrere Spieler nicht mal ihr normales Level erreichen.

Wem drücken Sie beim Champions-League-Finale zwischen Bayern und Dortmund die Daumen?

Badelj: Ich wünsche vor allem meinem Kumpel Mario Mandzukic Glück. Andererseits wäre auch ein Dortmunder Erfolg toll, weil wir den BVB in dieser Saison zweimal geschlagen haben. Dann wären wir immerhin so etwas wie ein Champions-League-Sieger-Bezwinger.