Trainer Armin Veh will mit Sportchef Bastian Reinhardt den neuen HSV führen. Die Mehrheit der Fans lehnt die Doppellösung ab.

Hamburg. Es dauerte keine zehn Minuten, ehe Armin Veh die Lacher erstmals auf seiner Seite hatte. Ob er denn beim HSV auf seine Lieblingstaktik mit einer Mittelfeldraute verzichten würde, fragte einer der zahlreichen Medienvertreter im bis auf den letzten Platz gefüllten Presseraum der HSV-Arena. Der 49-Jährige, der mit einem elegant-lässigen Anzug, dem gepflegten Teint und den sorgfältig verwuschelten grauen Haaren seinem Image als George Clooney der Bundesliga neue Nahrung gab, schaute genüsslich von einer zur anderen Seite des Auditoriums. Dann antwortete er mit einem selbstbewussten Lächeln, dass er gedenke, mit einer sogenannten "Doppelsechs" zu spielen, "auch wenn die Raute sicherlich besser zum HSV passen würde".

Armin Veh weiß zu unterhalten. Und der Familienvater weiß ganz genau, was er kann und was er will. Auf, aber auch abseits des Platzes. Der gebürtige Augsburger, der auch im hohen Norden gar nicht erst versucht, seinen süddeutschen Akzent zu verbergen, soll in der kommenden Saison das schaffen, was Vorgänger Bruno Labbadia im vergangenen Jahr nicht geschafft hatte: eine echte Mannschaft formen, eine neue Philosophie etablieren - und natürlich Erfolg haben. Nicht mehr, aber auf gar keinen Fall weniger. "Mir ist schon klar, dass wir miteinander nur Spaß haben werden, wenn ich auch Erfolg habe", sagt Veh, ohne sich große Illusionen darüber zu machen, dass er im Falle eines Scheiterns trotz gespielter Lockerheit und Souveränität als Trainer Nummer sieben in sieben Jahren seinen HSV-Stuhl räumen müsste. "Heutzutage ist der Trainerstuhl ein Schleuderstuhl, das ist ja nichts Neues", sagt Veh und lacht. Bis 2012 habe er unterschrieben, sagt er, könne aber nach nur einem Jahr ohne Abfindung vor die Tür gesetzt werden. "Da würden wir uns schon einig werden", sagt Veh. Humor ist eben, wenn man trotzdem lacht.

Vor die Tür gesetzt wurde Veh zuletzt im Januar vom VfL Wolfsburg, gut ein Jahr davor beim VfB Stuttgart. Und obwohl der Trainer des Jahres 2007 die Gesetzmäßigkeiten des Geschäfts bestens kennt, verzichtet er bewusst auf persönliche Sicherheit. "Mir reichen Einjahresverträge", sagt Veh, der selbst nach der Meisterschaft 2007 mit dem VfB auf einen langfristigen Kontrakt verzichtete. "Armin Veh ist der richtige Trainer zum richtigen Zeitpunkt", lobt HSV-Chef Bernd Hoffmann, der nach dem Millionen-Reinfall Labbadia wenig Lust verspürt, erneut eine Abfindung zu zahlen. Ohnehin soll Veh, der gerne den früheren Nürnberger Michael Oenning als Assistenten mitbringen würde, nach all den Kurzzeitarbeitern in den vergangen Jahren nun endlich die lang gesuchte Dauerlösung werden. Was Hoffmann da so sicher macht? "Ich habe einfach ein gutes Gefühl", sagt der Vorstandsvorsitzende und meint das ganz ernst.

Mehr als nur ernst sollte die Bundesligakonkurrenz auch den selbsterklärten Humoristen Veh nehmen, der mit dem HSV offenbar hoch hinaus will. "In Hamburg gibt es ähnliche Voraussetzungen wie in Stuttgart 2007", sagt Veh, der mehrfach in seiner rund 30-minütigen Präsentation daran erinnerte, dass er 2007 mit dem VfB Meister geworden war. Dabei ist der kurzfristige Erfolg nur eins von Vehs Zielen. "Für den HSV ist es wichtig, in Zukunft Spieler aus der eigenen Jugend hervorzubringen", sagt er, ohne zu lachen.

Wenn es um die Sache geht, kann Veh auch anders. Er wird dann ernst, nimmt sich Zeit für die Antworten. Urs Siegenthaler und er würden die gleiche Fußball-Philosophie vertreten, sagt er. "Wir waren uns schnell einig, dass wir ähnlich denken." Wie bei seinen vorherigen Stationen wolle er mit Siegenthalers Hilfe auch in Hamburg konsequent auf das Prinzip "Jugend forscht" setzen. In Stuttgart hat Veh, der nach jeweils einjährigen Abstechern in Rostock (2002 - 2003) und Augsburg (2003 - 2004) vor seinem Engagement beim VfB sogar in Erwägung gezogen hatte, einen Job im Fußballniemandsland Dubai oder im Bahrain anzunehmen, Spieler wie Mario Gomez, Serdar Tasci und Sami Khedira gefordert und gefördert.

Als eine Art rechte Hand des ernst zu nehmenden Humoristen soll neben dem Sportlichen Leiter Siegenthaler auch Bastian Reinhardt, der gestern Vormittag auf dem Podium links von Veh Platz genommen hatte, beim Projekt "HSV 2010" helfen. Am vergangenen Donnerstag hatte der neue Sportchef, der für die Aufgabe sein Fernstudium der Betriebswirtschaft unterbricht, sein erstes Gespräch mit den Aufsichtsräten Jörg Debatin, Gerd Krug und Bernd Enge - und wusste offenbar auf Anhieb zu überzeugen. "Ich will die Zusammenarbeit im Team suchen und auf Alleingänge verzichten", sagt der 34-jährige Ex-Profi, der in Rekordzeit vom Praktikanten auf der Geschäftsstelle zum Vorstand Sport befördert wurde.

Ähnlich wie Veh weiß auch Reinhardt im direkten Frage-und-Antwort-Spiel zu punkten, was Chefkontrolleur Horst Becker als eine seiner Hauptqualifikationen für den Posten des Sportchefs ausmachte. "Er sagt immer direkt seine Meinung, kann mit den Medien gut zusammenarbeiten und ist ein Teamplayer", sagt Becker, der noch einen weiteren Punkt hervorheben wollte: "Bastian Reinhardt hat die Raute im Herzen." Ob das tatsächlich reicht, wird abzuwarten sein. Insgesamt 62 Prozent der Teilnehmer einer Abendblatt-Umfrage, an der sich bis gestern Abend um 19 Uhr auf abendblatt.de 5373 User beteiligt hatten, halten die Doppellösung mit Reinhardt und Veh für eine schlechte Wahl. Ihnen ist das Lachen längst vergangen. Die Hamburger Verantwortlichen hoffen dagegen, dass Schluss mit lustig ist. Gelacht wurde über den HSV in den vergangenen Wochen genug, jetzt wird ernst gemacht. Auch sie wissen: Wer zuletzt lacht, lacht am besten.