Bayer-Führung offenbar nicht einig über Trennung vom Trainer. Die Spieler kritisieren die Wechseltaktik.

Berlin/Leverkusen. Nach dem Rückflug aus Berlin versammelte Bruno Labbadia noch ein letztes Mal seine Spieler in Leverkusen. Manch ein Profi erwartete eine Abschiedsrede des Bayer-Trainers und kam kurze Zeit später mit Trainingsplänen für die Sommerpause wieder aus der Trainingshalle heraus.

Dass Labbadia über diese Saison hinaus noch Trainer bei Bayer sein könnte, hatte bis zum Sonntag niemand für möglich gehalten - und es ist noch immer unwahrscheinlich. Sein Abschied von Leverkusen war unabhängig vom Ergebnis des Pokalfinales in Berlin erwartet worden. Vor dem wichtigsten Spiel der Saison hatte sich der Coach noch selbst zum Abschuss freigegeben, als er in diversen Interviews sein Zerwürfnis mit Manager Michael Reschke öffentlich gemacht hatte, von einer Kampagne gegen ihn sprach und von Komfortzonen für die Bayer-Spieler.

Treuebekundungen nach der 0:1-Niederlage gegen Werder Bremen suchte man innerhalb der Mannschaft vergeblich. "Er ist halt der Trainer von mir und kann sagen, tun und lassen, was er will", ließ Patrick Helmes tief in das Innenleben zwischen Trainer und Mannschaft blicken.

Offen kritisierten die Profis auch Labbadias Entscheidung, erst in der 85. Minute des Endspiels frische Spieler zu bringen: "Wir haben uns zu wenige Torchancen herausgespielt", sagte Simon Rolfes, "hätten mit früheren Wechseln sicherlich mehr Risiko gehen können und müssen."

Heute soll sich beim großen Krisengipfel Labbadias Zukunft entscheiden. "Ich weiß nicht, was da passiert, da bin ich im Urlaub", sagte Helmes. Immerhin auf "50:50" bezifferte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser die Chance auf eine Weiterbeschäftigung des Trainers, "vielleicht kommt ja ein Kompromiss heraus." Doch die internen, offenbar kontrovers geführten Gespräche liefen bereits kurz nach dem Pokalfinale an. Während des Banketts in einem umgebauten Schwimmbad am Prenzlauer Berg steckten Labbadia und Sportchef Rudi Völler lange die Köpfe zusammen.

"Monatelang ein Fremder am eigenen Arbeitsplatz, vom Team nicht respektiert, von Teilen der Klubführung gemobbt", kommentierte der "Kölner Stadt-Anzeiger" das mögliche Ende des Fußballlehrers nach einer Saison, der nach dem Abgang von Martin Jol (Ajax Amsterdam) zum engen Kandidatenkreis beim HSV gehört. Noch immer - obwohl der Hamburger Führung der offensichtlich gezielt gesetzte verbale Rundumschlag Labbadias überhaupt nicht gefallen hatte. Schließlich legt gerade die im Vorstand für Kommunikation verantwortliche Katja Kraus größten Wert auf eine professionell-abgestimmte Außendarstellung.

"Der Zeitpunkt, etwas zu sagen, war richtig", verteidigte sich Labbadia, "ich war lange ruhig, weil ich das Pokalfinale nicht gefährden wollte. Die Dinge, die ich angesprochen habe, habe ich schon intern gesagt." Und zu seiner Zukunft: "Ich mache mir Gedanken. Ich bin dafür geholt worden, um Dinge zu verändern. Aber die Dinge dann zu verändern ist manchmal nicht so einfach." Eine Anspielung darauf, dass er mit seiner forsch-ehrgeizigen Art schon früh bei den Bayer-Verantwortlichen angeeckt ist. Auch die Spieler sollen auf offene Ohren bei der Führung gestoßen sein. Doch inzwischen wird selbst eine Entmachtung von Manager Reschke nicht mehr ausgeschlossen.

Bis die Entscheidung zwischen Bayer und Labbadia gefallen ist, muss sich der HSV also in Geduld üben. Noch immer spielt auch der siegreiche Bremer Trainer Thomas Schaaf in den Hamburger Überlegungen eine Rolle, allerdings wiegelt die Bremer Führung ab. "Erst sollte Thomas nach Wolfsburg, jetzt zum HSV und womöglich in einigen Tagen nach Leverkusen", sagte Manager Klaus Allofs. "Thomas Schaaf wird auch in der kommenden Saison unser Trainer sein." Schaaf selbst wollte zu seiner Zukunft überhaupt keinen Kommentar abgeben.

Sollte Schaaf wie angekündigt seinen Vertrag bis 2010 erfüllen und Labbadia seinen angezettelten Machtkampf doch noch überraschend gewinnen, müsste der HSV zwei Kandidaten auf der überschaubaren Trainerliste streichen. Mirko Slomka und auch Friedhelm Funkel werden maximal Außenseiterchancen eingeräumt.