Klubidol Seeler nimmt die Nationalspieler jetzt in die Pflicht, spricht über die vergangenen Jahre und den neuen Sportchef Frank Arnesen.

Hamburg. Fünf Spiele, ein Punkt, kein Sieg: Nach dem Horror-Start in die Saison hat HSV-Idol Uwe Seeler die Nationalspieler in die Pflicht genommen. „Natürlich ist die Mannschaft sehr verjüngt worden, aber es stehen doch immer noch etliche Nationalspieler auf dem Platz: Drobny, Westermann, Aogo, Jarolim, Jansen, Petric, Guerrero – so jung und unerfahren wie manche tun, ist dieser Kader nun auch nicht“, sagte der 74-Jährige dem „kicker“: „Entscheidend ist, dass die Genannten den Laden jetzt zu führen beginnen. Und dass die Jungen ihnen folgen.“

Der Ursprung der derzeit schwierigen Situation ist für Seeler in der Ära des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann begründet. „Ich bin immer dafür, ins Risiko zu gehen. Aber wir sind zu viel Risiko gegangen. Bestimmte Dinge in der Vergangenheit habe ich nicht verstanden“, sagte der DFB-Ehrenspielführer und führte die kostspielige Vertragsverlängerung des umstrittenen Stürmers Paolo Guerrero als Beispiel an.

Nach dem Abschied von Sportchef Dietmar Beiersdorfer im Juni 2009 habe man den Erfolg „mit Gewalt“ erzwingen wollen. „Aber mit Gewalt geht im Fußball nichts, Spieler müssen zusammenpassen. Obwohl der Profifußball eigene Gesetzmäßigkeiten hat, hat jeder Verein auch seine eigene Seele. Aber hier glaubte man, alles selbst machen zu können. Es ist vieles passiert, so hat der HSV in Deutschland an Respekt und Ansehen verloren“, sagte Seeler: „Ich denke nur an die Sportchef-Suche. Das war wie im Kindergarten.“

Aufwachen! Abstiegskampf! Oenning bleibt glücklos

Der Manager-Posten bei den Hanseaten war nach Beiersdorfers Abgang erst vor der laufenden Saison durch Frank Arnesen neu besetzt worden. Bis zur Verpflichtung des Dänen hatten der HSV-Aufsichtsrat und Hoffmann bei der Suche nach einem geeigneten Kandidaten zahlreiche Possen aneinandergereiht. Die mangelnde sportliche Kompetenz im Vorstand führte zu teuren Transferflops wie dem inzwischen wieder abgegebenen David Rozehnal oder dem weiter im Kader stehenden Marcus Berg.

Laut Seeler, der von 1995 bis 1998 selbst Präsident des HSV war, habe dem Klub in dieser Phase die Seele gefehlt. „Der Verein war uns fremd geworden. Das war nicht mehr der HSV, den man kennt. Es war nicht mehr mein HSV“, sagte er. Ob Arnesen den Verein seiner Einschätzung nach wieder nach vorn führen werde, ließ Seeler offen: „Ich denke, nach wenigen Wochen ist es zu früh, ein Urteil zu fällen. Aber ich hoffe, Frank Arnesen hat die Bundesliga nicht unterschätzt. Trotz aller gegenteiliger Beteuerungen denke ich, er ist hier von anderen Voraussetzungen ausgegangen.“

Arnesen hatte sich bei seinen Neuverpflichtungen fast ausschließlich aus der Reserve-Mannschaft seines ehemaligen Arbeitgebers FC Chelsea bedient. Derzeit steht der HSV ohne Sieg auf dem letzten Tabellenrang und empfängt am kommenden Sonnabend den Drittplatzierten Borussia Mönchengladbach. An Trainer Michael Oenning soll nach Angaben von Arnesen und Vorstandschef Carl-Edgar Jarchow weiter festgehalten werden.

Seeler glaubt trotz der schwierigen Ausgangslage an den Klassenerhalt der Hanseaten: „Ganz ehrlich, an die 2. Liga verschwende ich trotz der augenblicklichen Situation keinen Gedanken.“ (dapd)