Der Ersatztorhüter des HSV sieht seine Zeit trotz Drobnys Fehlern aber jetzt noch nicht gekommen. Im Winter war er beinahe schon weg.
Hamburg. Eigentlich war er schon weg. "Ich hatte im Winter ein Gespräch mit dem damaligen Sportchef Bastian Reinhardt", erinnert sich HSV-Ersatztorhüter Tom Mickel, "der hat mir gesagt, dass er nicht mehr mit mir planen würde." Die Folge waren lockere Verhandlungen mit anderen Klubs. "Ich hatte mich damit auseinandergesetzt, den Verein zu wechseln. Zum Glück war ich damals nicht so entscheidungsfreudig", freut sich Mickel heute. Anstatt aussortiert zu werden, ist der 22-Jährige nach den Fehlgriffen von Stammtorwart Jaroslav Drobny inzwischen ein ernst zu nehmender Kandidat für die Nummer eins im HSV-Tor.
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"Mein Glück war der Trainerwechsel in der vergangenen Saison. Denn Michael Oenning hat mir von Beginn an das Vertrauen geschenkt, hat mich starkgemacht. Im Grunde genommen lief alles optimal für mich." Worte, die von einem Dauerreservisten wie Mickel normalerweise nicht zu hören sind. Aber der gebürtige Sachse, der in jeder Trainingseinheit an seine körperlichen Grenzen geht, ist anders. "Er ist unglaublich engagiert und fleißig. Er hat Bundesligaformat und will ständig lernen", lobt HSV-Trainer Oenning seinen Schützling, der sich in der Vorbereitung beim Liga-Total!-Cup mit zwei starken Partien gegen Bayern und Dortmund zu empfehlen wusste. "Das Turnier war sicherlich einer der Gründe dafür, mir als Nummer zwei eine Chance zu geben", sagt Mickel, der vereinsintern seither von einigen schon als der aktuell beste HSV-Torhüter angesehen wird.
Die Diskussion darüber ist nach Drobnys Fehlern zuletzt lauter geworden. "Freunde haben mir davon berichtet", sagt Mickel, "ich selbst blende das lieber aus. Mir wurde hier eine gute Perspektive aufgezeigt, und ich will hier auch die Nummer eins werden. Aber mit Geduld." Die Heftigkeit der Kritik an seinem Kollegen kann er nicht nachvollziehen. Nach dem Köln-Spiel (3:4) schickte er Drobny via Handy eine aufmunternde Kurzmitteilung, "dass er sich keine Gedanken machen soll. Ich werde jetzt nicht anfangen, an seinem Posten zu rütteln. Ich versuche ihm zu helfen. Weil ich weiß, dass ein Torhüter viel Vertrauen braucht, um gut zu sein."
Vertrauen, wie er es von Oenning erfährt. Mickel: "Drobo braucht Zeit. Ich will noch von ihm lernen - und ihn dann zum gegebenen Zeitpunkt beerben." Sollte sich Drobny weitere Schnitzer wie gegen Hertha und Köln erlauben, dürfte dieser Zeitpunkt schneller kommen, als Mickel denkt.