Kellerduell am Sonnabend – System- und Trainerdiskussionen – neue Innenverteidiger sollen Stabilität geben

Hamburg/Köln. Ruhmreiche Geschichte, trostlose Gegenwart: Die Saison 2011/12 ist gerade einmal drei Spieltage alt, und doch treffen sich die beiden Gründungsmitglieder Hamburger SV und der 1. FC Köln bereits zum ersten großen Krisengipfel der Liga. Es sind nicht nur die sportlichen Parallelen, wenn sich der Tabellen-17. und das Liga-Schlusslicht am Samstag (15.30 Uhr) in Hamburg begegnen. Gleichermaßen ist das Umfeld an Rhein und Elbe aufgeschreckt, Trainer- und Systemdiskussionen sind längst im Gange.

Uwe Seeler hat Angst um seinen HSV. Es ist weniger die Punktausbeute, die dem HSV-Idol Sorge bereitet. Ein Zähler aus drei Spielen kann passieren. Vielmehr ist es der desolate Auftritt in München (0:5), der die großen Schwachstellen des sechsmaligen Meisters offenbarte. Ein System, das nicht greift. Eine Abwehr, die ihren Namen nicht verdient hat und ein Trainer, der nach nur einem Sieg aus elf Spielen in der Öffentlichkeit angezählt wird.

Intern genießt Michael Oenning noch das Vertrauen der Klub-Oberen. „In diesem Moment habe ich die klare Überzeugung, dass Michael die Situation klärt“, sagte Sportdirektor Frank Arnesen. Oenning, der mit der Erfahrung eines halben Bundesliga-Jahres als Trainer des 1. FC Nürnberg sein Job in Hamburg angetreten hat, weiß das Vertrauen zu schätzen. Man arbeite gut miteinander und verfolge die gleichen Ziele, sagt der 45-Jährige.

Dass es mit dem Vertrauensvorschuss aber schnell vorbei ist, wenn die Erfolge ausbleiben, weiß Oenning nur zu gut. Davon kann auch Stale Solbakken in Köln ein Lied singen. „Der Druck ist groß, aber damit muss ich leben“, sagt der Norweger, der sich das Leben mit der Entmachtung von Volksheld Lukas Podolski als Kapitän selbst schwer gemacht hat. So stand der glatzköpfige Trainer, der ursprünglich der Wunschkandidat von Arnesen in Hamburg war, bereits nach den ersten beiden Niederlagen in der Kölner Medienwelt in der Schusslinie.

Das war selbst in Köln den wenigsten seiner vielen Vorgänger gelungen. Doch Sportdirektor Volker Finke lässt eine Trainerdiskussion erst gar nicht aufkommen. Er habe ihn nicht für drei Spiele geholt, sondern für mindestens zwei Jahre. Solange hat der Norweger in der Domstadt unterschrieben und bis dahin soll das neue raumorientierte System mit zwei Viererketten funktionieren.

Ein System war freilich in den ersten Spielen nicht erkennbar, dafür aber eine wacklige Abwehr. Sowohl in Köln (neun Gegentore) wie auch in Hamburg (zehn). Egal ob ein Sechser oder zwei – HSV-Torhüter Jaroslav Drobny hatte alle Hände voll zu tun. 31 Torchancen in drei Spielen zählten die Statistiker. Am Samstag soll sich nun wieder Kapitän Heiko Westermann in der Innenverteidigung versuchen, zumal Michael Mancienne nach einer Grippe noch nicht bei Kräften ist.

Und es wurde in Hamburg noch einmal nachgebessert. Der Serbe Slobodan Rajkovic kam für zwei Millionen Euro vom FC Chelsea. Es ist bereits der fünfte Neue, den Arnesen von seinem Ex-Klub holt. Auch Köln hat reagiert und die wacklige Defensive mit Henrique Sereno vom Europa-League-Sieger FC Porto verstärkt. Der Portugiese soll die Lücke schließen, die Youssef Mohamad mit seinem Weggang nach Dubai zu Al Ahli hinterlassen hat. Gegen Hamburg könnte er erstmals spielen.

An das letzte Aufeinandertreffen mit Köln erinnert sich Oenning nur allzu gern. 6:2 hieß es damals zu dessen Premiere als HSV-Cheftrainer, seit jenem 19. März 2011 gab es keinen Hamburger Sieg mehr. Die Niederlage in München sei aufgearbeitet worden, in aller Deutlichkeit, aber ohne alles niederzumachen, betont Oenning: „Wir haben in der Vorbereitung gut gespielt. Warum soll uns das nicht gegen Köln gelingen?“

Ob Eljero Elia dann mitwirken wird, ist eher ungewiss. Der hochbegabte Niederländer bleibt das Hamburger Sorgenkind. So scheint ein Wechsel zum italienischen Rekordmeister, der offenbar zehn Millionen Euro zahlen will, durchaus im Bereich des Möglichen. In Köln liegt ebenfalls eine zweistellige Millionen-Offerte auf dem Tisch – von Galatasaray Istanbul für Lukas Podolski. Viele Parallelen halt zwischen den Gründungsmitgliedern.