Vier Tage musste er pausieren, das erste HSV-Training war schwerfällig. Doch der Verteidiger könnte schnell zum Einsatz kommen.

Hamburg. Müde wirkte er und ein wenig erschöpft. Vier Tage lang konnte Slobodan Rajkovic während des Transfers vom FC Chelsea zum Hamburger SV nicht trainieren. "Ich bin noch nicht ganz angekommen", sagt der 22-Jährige, der sich nach dem ersten Training beim HSV persönlich vorstellte. Doch er fügt hinzu: "Ich bin fit." Das ist auch nötig, denn Rajkovic wird in der HSV-Verteidigung dringend gebraucht. Die schlechteste Abwehr der Liga muss schnell stabilisiert werden. Nach zehn Gegentoren kehrt Heiko Westermann aus dem Mittelfeld in die Defensivabteilung des Hamburger SV zurück und Innenverteidiger Slobodan Rajkovic steht als Alternative parat. Schon am nächsten Sonnabend könnte der Serbe, der beim HSV einen Vierjahresvertrag unterschrieb , gegen den 1. FC Köln zum Einsatz kommen.

HSV-Trainer Michael Oenning bezeichnete Rajkovic, für den die Hanseaten etwa zwei Millionen Euro an den FC Chelsea bezahlen müssen, als „unbequemen Gegenspieler“. Der 1,91-Meter-Recke sagt von sich selbst: „Ich bin ein Innenverteidiger, der Zweikämpfen nicht aus dem Weg geht.“ Auf diese Qualität legt Oenning besonders großen Wert. „Er bringt ein Element rein, was uns noch fehlt. Wir brauchen Leute, die sich wehren“.

Hoffnungsträger Rajkovic: Erst Unterschrift, dann Training

Dass er sich wehren kann, hat Rajkovic bewiesen. Er gilt als ruppiger Abwehrspezialist. Bei Olympia 2008 sorgte er für negative Schlagzeilen, als er wegen einer Spuckattacke gesperrt wurde. Aufgeklärt wurde sein Vergehen allerdings nie. Darauf angesprochen konterte Rajkovic: "Ich kann Ihnen hier und jetzt in die Augen schauen, und sagen, dass ich nicht gespuckt habe". Damit sei das Thema für ihn geklärt.

Künftig will der Single, Spitzname "Boban", in der Hamburger Innenstadt wohnen. Und auch die Frage nach der Rückennummer ist bereits geklärt. Rajkovic wird die 23 tragen, die nach Rafael van der Vaart beim HSV vakant geblieben war. Mit seinem Vorgänger habe die Entscheidung nichts zu tun. "Ich habe mich für diese Rückennummer entschieden, weil ich im nächsten Jahre 23 werde", sagt Rajkovic. Und wer ist sein großes Vorbild? "Michael Jordan", antwortet Rajkovic prompt. Womit wir wieder bei der Nummer 23 wären.

Rajkovic hat nie für Chelsea gespielt und war zuletzt an den niederländischen Erstligisten Vitesse Arnheim ausgeliehen. Dort hat er die ganze Vorbereitung mitgemacht. Ob Oenning ihn in drei Tagen tatsächlich schon in der Bundesliga einsetzen wird, ist noch offen. Der verunsicherte Tabellenvorletzte bräuchte nach dem 0:5 gegen die Bayern vor allem gestandene Spieler, die Verantwortung übernehmen.

Von seinen neuen Mannschaftskollegen wurde Rajkovic mit offenen Armen empfangen. „Ein neuer Spieler hilft der Mannschaft, das ist klar“, sagte Mittelfeldspieler David Jarolim. Mit 32 Jahren und fast 300 Bundesligaspielen müsste einer wie Jarolim auf dem Feld das Heft in die Hand nehmen. Er gehört zu den erfahrensten Profis im HSV-Kader, sieht sich aber nicht als Wortführer oder Motivator. „Dass man am Wochenende auf dem Platz stehen kann, das muss Motivation genug sein“, sagte der ehemalige Kapitän. Auch im Training hält sich Jarolim verbal meistens zurück, gehört nicht zu den Lautsprechern im Team.

Hinzu kommt: Der Tscheche ist in dieser Spielzeit bislang noch kein Stammspieler. Im Auftaktspiel gegen Meister Dortmund ließ ihn Oenning 90 Minuten auf der Bank, gegen Berlin wurde er nur eingewechselt. Gegen München lief Jarolim erstmals von Beginn an auf - und enttäuschte als zweiter defensiver Mittelfeldspieler neben Westermann genauso wie seine Mannschaftskollegen.

Und noch ein Chelsea-Spieler ist jetzt Hamburger: Der 22-jährige Slobodan Rajkovic hat am Mittwoch einen Vierjahresvertrag unterzeichnet. Nach Jeffrey Bruma, Gökhan Töre, Michael Mancienne und Jacopo Sala hat der HSV den fünften Chelsea-Profi verpflichtet. Der Innenverteidiger wird mit sofortiger Wirkung an die Elbe wechseln und die Abwehr verstärken, teilte der HSV mit.

"Er ist ein Spieler, der Angst und Schrecken verbreiten kann", urteilte Michael Oenning und fügte hinzu, dass dies genau die Qualitäten seien, die der HSV gebrauchen könne. Beim Training am Vormittag hatte Oenning die Gelegenheit, sich von den Eigenschaften des Serben zu überzeugen.

Einer, der sich über den Neuzugang freut, ist Rajkovics Landsmann Gojko Kacar. "Als Stürmer hat man wenig Lust, gegen ihn zu spielen. Ich bin überzeugt davon, dass er uns helfen wird", so der Mittelfeldspieler. Auf hsv.de gibt sich der Neuzugang bereits kämpferisch: "Ich bin ein Innenverteidiger, der Zweikämpfen nicht aus dem Weg geht. Jeder Spieler hat die Ambition zu spielen, so auch ich. Ich möchte mit dem HSV erfolgreich sein. Ich bin erst seit kurzem hier, daher mache ich keine großen Versprechungen, aber was ich versprechen kann, ist, dass ich immer mein Bestes, immer 100 Prozent für das Team geben werde", sagte Rajkovic.

Ob der Serbe bereits am Sonnabend (Liveticker auf abendblatt.de) im Heimspiel gegen den 1. FC Köln auf dem Platz stehen wird, schloss Trainer Michael Oenning auf hsv.de nicht aus: "Er muss erst einmal hier ankommen, dann kann ich mir persönlich ein Bild machen. Ich will aber nichts ausschließen. Wie schnell es gehen kann, hat man zuletzt auch bei Per Skjelbred gesehen.“ (lx)