Die Aussprache zwischen HSV-Vorstand und Nationalstürmer Mladen Petric blieb gestern ergebnislos. Der Kroate fühlt sich unfair behandelt.

Hamburg. Im Grunde suchten alle nur den, der nicht da war. Und als ihn niemand fand, wähnten einige Trainingskiebitze die nächste Eskalation im Streit zwischen Mladen Petric und dem HSV. "Wenn das mal kein Zufall ist. Mladen Petric nimmt sich wohl schon seine erste Auszeit", unterstellte ein älterer Trainingszuschauer dem beim HSV unzufriedenen Kroaten eine taktische Pause.

Doch der Verdacht war unbegründet. Denn Petric hatte sich im EM-Qualifikationsspiel Kroatiens gegen Griechenland (0:0) eine Oberschenkelprellung zugezogen - ärztlich attestiert. "Er hat einen Bluterguss, und es besteht ein Risiko, dass er sich noch weiter verletzt, wenn er mitmacht", erklärte Trainer Armin Veh , der sogar einen Ausfall des umstrittenen Angreifers für die Partie am Sonnabend gegen den 1. FC Nürnberg (15.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) für wahrscheinlich hält: "Hätten wir nur ihn, würden wir das Risiko vielleicht eingehen", sagte Veh und lobte im Anschluss die starken Leistungen von Eric Maxim Choupo-Moting, den er "bedenkenlos auch von Beginn an" spielen lassen würde. Schon deshalb müsse er bei Petric kein Risiko eingehen. Petric selbst bewertet den Sachverhalt allerdings etwas anders. "Es war eine Vorsichtsmaßnahme", sagte Petric gestern. Er werde schon heute wieder mit der Mannschaft trainieren und gehe "stark davon aus, dass ich gegen Nürnberg dabei bin".

Die unterschiedlichen Einschätzungen sind symptomatisch für den seit Wochen gärenden Konflikt zwischen Spieler und Verein. Dabei sollte gestern eigentlich der große Krisengipfel für Aufklärung und neue Harmonie sorgen, nachdem der geplatzte Wechsel Petrics zum VfB Stuttgart für Wirbel gesorgt hatte. Hintergrund: Petric war sich bereits einig mit den Schwaben, wollte einen Vierjahresvertrag unterschreiben, der für ihn eine enorme Gehaltssteigerung bedeutet hätte. Doch der HSV pochte auf das bis 2012 gültige Arbeitspapier und begründete seine Entscheidung damit, dass die vom VfB gebotene Ablösesumme von 3,5 Millionen zuzüglich 500 000 Euro pro während der Vertragslaufzeit erreichter Champions-League-Gruppenphase viel zu niedrig sei. Das wiederum hatte Petric verärgert. "Jetzt bin ich bei einem Verein, der mich nicht mehr wollte. Ich habe klare Signale vom Verein erhalten, dass ich mir was Neues suchen soll", erklärte Petric seinerzeit. Der HSV bestritt genau dies allerdings energisch.

Deshalb suchte HSV-Sportchef Bastian Reinhardt nach Petrics Rückkehr von der Länderspielreise gestern Mittag im Trainingstrakt das klärende Gespräch mit seinem frustrierten Angreifer. "Wir haben uns zusammengesetzt und über die Vorgänge in der Vergangenheit ausgetauscht", so Reinhardt anschließend. Der Sportchef pocht weiter auf die neue HSV-Marschroute: Die Konkurrenz innerhalb der Mannschaft soll erhöht werden - ohne Rücksicht auf prominente Namen. Einzelschicksale wie jetzt bei Petric, dem Topstürmer der vergangenen Jahre, der hinter Ruud van Nistelrooy nur noch Sturmlösung Nummer zwei ist, werden billigend in Kauf genommen. Das Kollektiv schlägt den Einzelnen. Reinhardt entsprechend deutlich: "Jetzt muss es aber auch weitergehen. Ich bin mir sicher, dass sich Mladen voll reinhängen wird."

Das sieht Petric genauso. "Es stimmt, dass wir gesprochen haben. Und es stimmt, dass ich mich wie vorher auch professionell verhalten werde", verspricht Petric. Dennoch konnte den Kroaten das Gespräch mit seinem Sportchef nicht beruhigen. Im Gegenteil. Statt sich zu nähern, ist die Kluft zwischen dem Torjäger und seinem Arbeitgeber gewachsen: "Ich bleibe dabei, dass das, was hier abläuft, so nicht korrekt ist", erklärte der Stürmer dem Abendblatt. Bereits in der vergangenen Saison hatte es Ärger gegeben, als Petric vergebens einen neuen, langfristigen Vertrag zu verbesserten Konditionen gefordert hatte. Der HSV machte dem heute 29-Jährigen ein verbessertes Angebot, eine Einigung gab es allerdings auch damals nicht.

Auch deshalb ersuchte zuerst Petric-Berater Volker Struth den HSV-Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann, Petrics Zukunft beim HSV zu skizzieren. "Ich wollte erfahren, wie der Verein in Zukunft mit Mladen verfahren will", so Struth. Petric selbst versuchte selbiges gestern bei Reinhardt. Beide blieben erfolglos. Damit ist die nächste Runde im Streit zwischen Petric und dem HSV wohl nur eine Frage der Zeit.