HSV-Stürmer Marcus Berg spricht über die Verpflichtung von Ruud van Nistelrooy und verrät, warum er so eine hohe Telefonrechnung hat.
Seine Leistungen wurden oft kritisiert, sogar von Fehleinkauf war die Rede. Jetzt fühlt sich der Schwede bereit, um seinen Platz in Hamburg zu kämpfen.
Abendblatt: Herr Berg, gegen Köln werden Sie wieder von Beginn an spielen.
Marcus Berg: Ich glaube, ja.
Abendblatt: Dennoch schwebt wie über allem momentan auch über Ihrer Position der Name Ruud van Nistelrooy.
Berg: Klar. Er ist ein fantastischer Stürmer mit einer fantastischen Karriere. Er wird dem HSV helfen.
Abendblatt: Und Ihren Platz in der Startelf erobern?
Berg: Davon gehen viele aus. Ich versuche trotzdem, meinen Fokus nur auf mich zu richten. Und ehrlich, ich fühle mich gut.
Abendblatt: Besser als in der Hinrunde?
Berg: Absolut. In der Hinrunde habe ich zu wechselhaft gespielt, nicht das gezeigt, was ich von mir erwarten muss.
Abendblatt: Woran lag es?
Berg: Das war eine mentale Sache bei mir.
Abendblatt: Weil Sie sich nicht fit fühlten nach der verkürzten Vorbereitung?
Berg: Auch. Aber es waren einfach die Umstände, dass alles so schnell ging, ich mich nicht mal von meinen Freunden richtig verabschieden konnte. Dazu dann noch einige schwache Spiele, und in meinem Kopf rotierte es. Ich habe mir oft negative Gedanken gemacht und mich selbst bei jeder Kleinigkeit stark angezweifelt.
Abendblatt: Fehlte es Ihnen an Zuspruch?
Berg: Die Mannschaft hat mich immer unterstützt, genauso der Verein und das Trainerteam. Selbst die Fans waren fantastisch, haben nicht gepfiffen. Und das, obwohl sie das Recht dazu hatten. Darüber war ich glücklich. Aber nicht über die Gesamtsituation.
Abendblatt: Sie leben noch allein in Hamburg. Wie hoch ist Ihre Telefonrechnung?
Berg: Oha, das ist peinlich. Ein vierstelliger Betrag ist es, mehr sage ich nicht. Klar ist: Ich brauche eine Flatrate.
Abendblatt: Haben Sie Freunde in Hamburg?
Berg: Es gibt einen Schweden hier, mit dem ich befreundet bin. Echte Freunde findet man aber nicht einfach so. Und meine sind in Schweden. Deshalb die Telefonkosten.
Abendblatt: Fühlten Sie sich allein gelassen?
Berg: Nein, ich habe meine Freunde allein gelassen, weil ich den Schritt Hamburg wagen wollte und war es dadurch selbst hier.
Abendblatt: Sie werden immer wieder an Ihrer sehr hohen Ablösesumme gemessen. Unfair?
Berg: Ehrlich gesagt, habe ich als junger Fußballer über die Spieler meines damaligen Lieblingsklubs Bayern München nicht anders gedacht. Ich komme mit dem Gedanken klar.
Abendblatt: Wie wichtig ist Geld?
Berg: Schwere Frage. Ich lebe gern schön und freue mich, wenn ich zudem noch meiner Familie helfen kann. Es ist auch schön zu wissen, nach der Karriere nicht arbeiten zu müssen, dass ich sorgenfrei sein werde.
Abendblatt: Was haben Sie gedacht, als Sie den HSV-Vertrag sahen und realisierten, plötzlich Millionär zu sein?
Berg: Ganz ehrlich? Zuerst nichts. Die Zahlen erzeugten bei mir einfach einen großen Respekt. Es war eine heftige Steigerung zu meinem vorigen Klub Groningen. Mein Vater und ich waren im Urlaub zusammen, als wir das Fax zugeschickt bekamen. Wir haben uns angeschaut und nichts gesagt, nicht gejubelt. Bis mein Vater irgendwann gesagt hat, dass ich das Geld nicht als Entscheidungsgrundlage nehmen soll. Und daran halte ich mich auch. Ich weiß jedenfalls, dass Geld ohne Familie und Freund nichts wert ist.
Abendblatt: Sie haben keinen Führerschein aber ein Auto...
Berg: Ich mache meinen Führerschein gerade und freue mich aufs Fahren. Aber ich habe hier einen riesengroßen Audi Q7 bekommen, der für mich zu groß ist. Mein Vater fährt gern und kommt oft zwölf Stunden aus Schweden runter.
Abendblatt: Sie sagen, Sie seien sensibel. Aber trotz härtester Kritik wirkten Sie unbeirrt.
Berg: Klar. Ich versuche, es nicht zu zeigen, aber ich merke, dass ich Geborgenheit und ein nettes Umfeld brauche. Genau das, was ich in diesem Verein habe. Im Winter konnte ich mich nachträglich bei Freunden und alten Teamkameraden verabschieden, habe meine Familie gesehen und mit der Zeit vor dem HSV abschließen können. Das war sehr wichtig. Dazu eine fast komplette Vorbereitung mit dem Team, die Aussicht auf meine Freundin, die in drei Monaten nach Hamburg kommt und endlich aufsteigende Form - es ist für mich ein Neustart. Endlich kann ich meine normale Leistung abrufen. Ich glaube, ich bin das erste Mal richtig glücklich.