Im Rückblick bleiben von einem Großereignis häufig kleine Momente und Beobachtungen, die die Erinnerung prägen. Eine Auswahl.
Dimitri Payets Traumtor
Ein Strahl, bumm. Der fulminante Linksschuss zum 2:1 der Franzosen gegen Rumänien in der 89. Minute des Eröffnungsspiels war ein Traum von einem Tor - und die Initialzündung für die EM. Ein Magazin erhob Payet zum „Präsidenten“, Trainer Didier Deschamps wollte ihn „in Eiswürfel einfrieren“. Payet traf gegen Albanien sogar in der sechsten Minute der Nachspielzeit und später noch gegen Island.
Jérôme Boatengs Rettungstag
Wie der Abwehrchef im Rückwärtsfallen ein Eigentor verhinderte, sogleich mit dem Steiß auf die Torbefestigung krachte – wunderbar. Die Szene wurde zum Social-Media-Phänomen. Dank findiger Bilderbastler verhinderte Boateng das Wembley-Tor, er wehrte mit seinem Tritt den Angriff eines Hais ab und, noch gefährlicher, den von Alexander Gauland. Boateng, der Lieblingsnachbar der Deutschen.
Der Hagelsturm von Lyon
Eine EM im Sommer, da erwartet man vielleicht Affenhitze oder mal ein Gewitter. Aber ein wilder Hagelsturm? Ein solcher unterbrach das Gruppenspiel zwischen Nordirland und der Ukraine in Lyon. Die Spieler flüchteten vor taubeneigrößen Körnern in die Kabine. Nach zwei Minuten ging das Spiel weiter – als Wasserschlacht.
Darijo Srna weint
Der Vater des kroatischen Kapitäns starb während der Vorrunde, Srna reiste in die Heimat, kam umgehend wieder und spielte weiter. Vor Millionen Zuschauern weinte er bei der Nationalhymne vor dem Gruppenspiel gegen Tschechien bitterlich. Ein Gänsehaut-Moment. Nach dem Achtelfinal-Aus beendete Srna seine Karriere.
Gummi-Ben flippt aus
TV-Reporter Gudmundur Benediktsson schrie sich beim 2:1 der Isländer gegen Österreich die Seele aus dem Leib, er kreischte, er quiekte. Millionen sahen den Clip im Internet: „Ja, ja, ja, ja, ja, wir gewinnen das!!!“ Benediktsson röchelt. „Meine Stimme ist weg“, grunzt er, „aber das ist egal. Wir sind weiter!“ Später verlor „Gummi-Ben“ seinen Job als Assistenztrainer von KR Reykjavik - aus sportlichen Gründen.
Irlands Fans singen für ein Baby
In der U-Bahn brüllen und hüpfen Fußballfans normalerweise, dass der ganze Zug wackelt. Anders die Iren, die in Bordeaux einstiegen - und plötzlich neben einem Baby standen. „Schschschttt!“ Sie säuselten es in den Schlaf, sie sangen Kinderlieder, sie deckten es mit einer Fahne zu. Wer laut wurde, bekam es heftig mit den Babysittern zu tun.
Xherdan Shaqiris Seitfallzieher
Ein Foto wie ein Gemälde. Xherdan Shaqiri schwebt hoch über seinem Schatten quer in der Luft, den Ball im Visier, das Bein bereit, gestreckt zu werden. Der Ball wird zum 1:1 gegen Polen im Achtelfinale perfekt ins Tor fliegen – und Shaqiri mit den Schweizern rausfliegen, weil Granit Xhaka im Elfmeterschießen die Nerven versagen. Tragisch.
Alba Violet zaubert
Die kleine Tochter des walisischen Superstars Gareth Bale dampfte nach dem Viertelfinale gegen Belgien minutenlang über den Rasen, sie jagte quietschvergnügt dem Ball hinterher. Am Elfmeterpunkt zeigte sie ihrem stolzen Vater sogar, wie das mit dem Toreschießen richtig geht. Zu viel für die Uefa: Sie sprach ein Kinderverbot aus. Aus Sicherheitsgründen.
Simone Zazas Elfmeter
Ein unglaublicher Anlauf, gefundenes Fressen für die Bildmonteure bei Twitter. 17 (!) Trippelschritte, ein Tanz auf der Stelle wie beim Dressurreiten – drüber! Der dritte Schuss im 18-teiligen Elfmeterdrama der Italiener im Viertelfinale gegen Deutschland ist unvergesslich. Zaza wurde zum Gespött, seine Freundin beschimpfte im Internet die Kritiker.
Bastian Schweinsteigers Handspiel
Der Eckball kam diesmal anders, berichtete der deutsche Kapitän nach seinem Blackout, „mit Unterschnitt“. Kein Grund, im Halbfinale gegen Frankreich mit ausgestrecktem Arm ins Kopfballduell mit Patrice Evra zu gehen. Ein Pfiff, Elfmeter, Tor - und das Aus. „Ich kann es nicht erklären“, sagte Schweinsteiger. „Meine Hand hat da nichts zu suchen.“ So ist es.
Cristiano Ronaldos Drama
Als sein Lebenstraum Wirklichkeit wurde, sank Cristiano Ronaldo weinend zu Boden, rücklings, ein Betreuer warf sich auf seine zitternde Brust. Es war ein Drama, das sich beim Finale im Stade de France abgespielt hatte: Erst Tränen der Enttäuschung nach der frühen Auswechslung, am Ende Tränen des Glücks. Und am Montag die Entwarnung – es ist wohl nur eine Innenbanddehnung.
Die EM aus der Sicht von Cristiano Ronaldo