EM-Aus von Torjäger Gomez wiegt vor dem Halbfinale schwer. Vieles in Löws Personalpuzzle hängt von Schweinsteiger ab. Ein Kommentar.
Joachim Löw steht vor einem schwierigen Personalpuzzle, das über den Einzug ins EM-Finale entscheiden wird. Der Bundestrainer muss am Donnerstag im Halbfinale gegen Frankreich auf die verletzten Mario Gomez (Muskelfaserriss) und Sami Khedira (Adduktoren) sowie den gelbgesperrten Mats Hummels verzichten. Auch der Einsatz von Kapitän Bastian Schweinsteiger, der unter einer Außenbandzerrung im rechten Knie leidet, ist fraglich.
Am zweifellos schwersten wiegt der Ausfall von Torjäger Gomez. Er ist der einzige Vollblutstürmer im DFB-Kader und fand in Frankreich zu alter Stärke zurück. Nicht nur das, er überzeugte plötzlich sogar außerhalb des Strafraums, als er Mesut Özils Führungstor gegen Italien trotz Bedrängnis durch eine technisch versierte Aktion einleitete.
Für den 30-Jährigen ist die Europameisterschaft nun aber vorzeitig beendet. Viele Experten vermuten, dass Löw wie an den ersten beiden Spieltagen Mario Götze in der Sturmspitze das Vertrauen schenken wird. Doch wenn Götze bei seinen bisherigen drei Einsätzen von Beginn an eins offenbarte, dann, dass ihm die Leichtigkeit fehlt. Von seinen einst gefürchteten Dribblings war wenig zu sehen, vielmehr rannte er sich im bisherigen Turnierverlauf häufig fest.
Schürrle ist der bessere Götze
Der WM-Finaltorschütze wirkt momentan nicht frei im Kopf, vermutlich kann er wegen seiner unbefriedigenden Situation beim FC Bayern nicht sein volles Potenzial ausschöpfen. Deshalb sollte Löw ihm den Gefallen tun und ihn wenn, dann auf seiner Wunschposition im Mittelfeld aufstellen. In vorderster Front könnte nun vielmehr die Stunde eines anderen schlagen: André Schürrle.
Der 25 Jahre alte Wolfsburger fand in der Rückrunde einen Weg aus seiner Formkrise und schoss alle neun Tore in der zweiten Saisonhälfte. Dreimal wurde er in dieser Halbserie sogar als Stoßstürmer aufgestellt – und bedankte sich für das Vertrauen mit fünf Toren. Selbstverständlich muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass darin ein Dreierpack gegen den chancenlosen Absteiger Hannover 96 enthalten war. Doch auch beim 2:0-Hinspielerfolg im Viertelfinale der Champions League gegen den späteren Sieger Real Madrid agierte Schürrle treffsicher im Sturm. Seine Bilanz dient als Beleg dafür, dass er als Gomez-Ersatz infrage kommt.
Probiert Löw Müller und Schürrle im Sturm?
Bei der Pressekonferenz deutete Löw an, dass er sich auch ein System mit zwei Spitzen vorstellen könnte. Auch diese Rolle füllte Schürrle schon mit Bravour beim VfL an der Seite von Max Kruse aus. Möglicherweise setzt der Weltmeister-Trainer aber auch auf Müller als alleinigen Angreifer.
Der ein Jahr ältere Offensivspieler spielte diese Position im Laufe der Saison auch schon beim FC Bayern und erzielte respektable fünf Treffer in sechs Partien als Mittelstürmer. Dennoch kommen seine Stärken besser zur Geltung, wenn er aus der Tiefe kommt. Durch seine Versetzung in den Sturm könnte Deutschland eine Stärke genommen werden, die nicht nur in Toren messbar ist.
Vieles hängt von Schweinsteiger ab
Eine Schlüsselrolle für Löws Puzzleteil dürfte auch Schweinsteigers Genesungsverlauf einnehmen. Sollte der Routinier wider Erwarten ausfallen, wäre ein System mit zwei Stürmern hinfällig. Löw wird im so wichtigen Mittelfeld-Zentrum kaum auf die unerfahrenen Weigl und Can setzen. Vielmehr würde dann einer der beiden Youngster an der Seite von Toni Kroos agieren. Somit könnte der Chefdirigent im deutschen Mittelfeld nicht auf die Zehn rücken, wodurch es insgesamt zu weniger Verschiebungen käme. Die Konsequenz: Müller bliebe auf Rechtsaußen.
Spielt Schweinsteiger, könnte die Rotation hingegen so richtig ins Rollen kommen. Dann wäre auch eine Doppelspitze Müller/Schürrle denkbar. Zu viele Veränderungen könnten aber auch auf Kosten des eigenen Spielflusses gehen. Deshalb sollte Löw seinem Edeljoker eine neue Funktion geben und Schürrle als Sturmspitze aufstellen.