Lille. Nach dem 3:0 gegen die Slowakei spricht der Bundestrainer über Julian Draxler, den kommenden Gegner und einen Umzug.
Nach dem 3:0 (2:0)-Sieg gegen die Slowakei im Achtelfinale der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich stellte sich Bundestrainer Joachim Löw in Lille den Fragen der Medienvertreter.
Frage: Wie beurteilen Sie das 3:0 gegen die Slowakei und das Erreichen des EM-Viertelfinals?
Joachim Löw: Bei allem Respekt für den Gegner: Das war nicht der Maßstab, nicht der Gradmesser. Es gibt andere Mannschaften, die sind von der Qualität und Stärke ganz anders anzusiedeln. Wir müssen uns weiter steigern, wenn wir das Turnier gewinnen wollen. Wir hatten sicherlich wie andere Mannschaften Probleme, ins Turnier reinzukommen. Weil man in der Gruppenphase vielleicht taktieren konnte. Gegen die Slowakei haben wir insgesamt eine gute Leistung gezeigt in der Defensive und in der Offensive.
Wie sehen Sie den Auftritt von Julian Draxler?
Löw: Er hatte den Mut, in die Eins-zu-eins-Situationen zu gehen mit seinem Tempo. Das zweite Tor hat er klasse vorbereitet. Das dritte selbst gemacht. Ansonsten hat er gut gearbeitet, hatte gute Laufwege. Da war ich sehr zufrieden mit ihm.
Was sagen Sie zu Mario Gomez?
Löw: Mario Gomez hat jetzt zwei Tore gemacht in zwei Spielen, ich freue mich für ihn. Er hat auch im Training eine sehr guter Form, hat jetzt die Selbstsicherheit gefunden. Das sind wichtige Laufwege von ihm, wenn einer außen durchgeht. Egal ob klein oder groß, einer hat am kurzen Pfosten zu sein, einer am langen Pfosten zu stehen, einer im Rückraum. Das hat Mario Gomez gemacht.
Jetzt kommt mit Spanien oder Italien ein Angstgegner. Bereitet Ihnen das schlaflose Nächte?
Löw: Nein, schlaflose Nächte habe ich nicht. Beides sind natürlich Mannschaften, die zu den Topfavoriten gehören. Italien hat eine unglaubliche gute Defensive und gute Spieler nach vorn. Sie haben jetzt sechs oder sieben Spieler geschont. Die Spanier kennen wir natürlich auch. Sie haben mit das beste Offensivspiel, das es gibt seit Jahren. Beide Mannschaften sind von der Spielanlage sicher ein bisschen unterschiedlich, aber ähnlich stark.
Jérôme Boateng hat jetzt auch ein Tor erzielt. Wie beurteilen Sie seinen Wert für die Mannschaft?
Löw: Seinen Wert brauche ich nicht extra hervorzuheben. Das ist schon seit einigen Jahren so. Was die Defensive mit Boateng und Mats Hummels hervorragend gemacht hat, ist, dass sie die Gegner hervorragend zugestellt hat. Sie haben fast jedes Duell gewonnen, weil sie aufmerksam waren, auch wenn wir den Ball hatten. Beide haben es im Spielaufbau gut gemacht. Und Jérôme hat ein Tor gemacht. Es war nicht so einfach, den Ball zu nehmen. Er hat ihn klasse getroffen. Er ist ein Spieler, von dem die Mannschaft weiß, auf ihn ist Verlass. Ein frühes Tor ist uns nicht so oft gelungen. Das hat uns weiter Sicherheit gegeben.
Sie spielen jetzt im Viertelfinale erstmals im wärmeren Süden Frankreichs. Was bedeutet das?
Löw: Das gilt für beide Mannschaften. Ich glaube, dass es für beide kein Problem sein wird, das Spiel ist abends um neun. Es wird etwas wärmer sein, aber damit haben wir gerechnet.
Worauf werden Sie jetzt besonders das Augenmerk legen?
Löw: Wir müssen auf jeden Fall noch stärker werden, wenn wir ein entscheidendes Wort mitreden wollen. Die ersten Mannschaften, gegen die wir gespielt haben bei der EM, zählen nicht zu den Top Ten. Natürlich steigert man sich auch mit dem Gegner. Ab jetzt werden die Aufgaben schwerer. Daher müssen wir uns in allen Bereichen steigern. Wir dürfen uns keine Unaufmerksamkeiten leisten. Man darf dem Gegner keine Zeit geben und keinen Raum. In den nächsten Spielen wird das eher ausgenutzt. Man muss auch besser mit den kostbaren Chancen umgehen. Viele Chancen bekommt man nicht.
Haben Sie jetzt die Mannschaft für das restliche Turnier gefunden?
Löw: Ich weiß nicht, ob ich die Mannschaft habe. Es kann sein, dass ich gegen Spanien oder Italien vielleicht den einen oder anderen Wechsel vornehme. Julian Draxler hatte das letzte Mal eine Pause bekommen, jetzt war er frisch. Das hat dem Spiel gutgetan. Jetzt kommen die entscheidenden Spiele. Da will ich nicht sagen, dass ich mit dieser Mannschaft unbedingt durchspielen will.