Der ehemalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann hat seit Mittwoch ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel. Doch der US-Coach hat Wichtigeres zu tun, als seinen Geburtstag zu feiern.

München/Huntington Beach. Ein besonderes Datum ist dieser 30. Juli für Jürgen Klinsmann nicht. Deswegen macht der frühere Bundestrainer um seinen 50. Geburtstag am Mittwoch auch kein großes Aufheben. Eine kleine Feier im engsten Familien- und Freundeskreis in seinem kalifornischen Domizil Huntington Beach – das war's dann auch schon.

Verbergen kann der Jubilar seinen Jahrestag der Öffentlichkeit dann natürlich doch nicht ganz - schon gar nicht der Fußballwelt. Und so prasseln vor allem im Internet am Mittwoch die Glückwünsche nieder. Sogar 54er-Weltmeister Horst Eckel twitterte: „Lieber Jürgen, ich wünsche Dir alles Gute zum Geburtstag! Viele Grüsse!“

Und auch wenn Klinsmann selbst vor zwei Wochen noch eifrig via Twitter der „Fußball-Bundeskanzlerin“ Angela Merkel zum 60. Geburtstag gratulierte, hat er an seinem eigenen Ehrentag Wichtigeres zu tun als zu feiern. Vier Wochen nach der WM in Brasilien bastelt er schon wieder an neuen Zielen. Der US-Nationalcoach mit schwäbischen Wurzeln will den Fußball in den USA noch salon- und wettbewerbsfähiger machen. Schon jetzt hat er den „schlafenden Riesen“ mit Ehrgeiz, Akribie und viel deutschem Blut zum Leben erweckt.

Dass er dabei auch gegen viele Widerstände ankämpfen musste, ist ihm egal. Klinsmann, der nach außen sehr smart auftritt, zeigte sich in der Sache knallhart. Schon immer ist der blonde Bäckersohn aus Göppingen seinen eigenen Weg gegangen – ob früher als Profi oder dann auch als Trainer.

Schwäbisch-kalifornischer Revoluzzer

Klinsmann eckt an. Mit dem, was er sagt. Und mit dem, was er tut. Er ist kein weich gespülter Teammanager mit Hang zu Kompromissen. Mit dieser unbequemen Art, an der sich oft auch die Geister scheiden, hat es der schwäbisch-kalifornische Revoluzzer weit gebracht – als Welt- und Europameister, aber auch als ehemaliger Bundestrainer.

2004 hatte er die damals am Boden liegende DFB-Auswahl übernommen und mit seinen Reformen im deutschen Fußball für ein Erdbeben und reichlich Kritik gesorgt. Zwei Jahre später wurde er nach Platz drei bei der Heim-WM als Vater des Sommermärchens gefeiert.

Es folgte in der Saison 2008/2009 ein wenig erfolgreiches Kapitel beim FC Bayern inklusive Entlassung, ehe sich Klinsmann ab 2011 der Herausforderung in seiner Wahlheimat USA stellte. Im Vorfeld der WM in Brasilien hatte es nicht wenige Stimmen gegeben, die schon seinen Rücktritt gefordert hatten. Nach dem Erreichen des Achtelfinales und guten Auftritten des US-Teams sind die Kritiker jedoch weitgehend verstummt.

Bis 2018 läuft der Vertrag von Klinsmann als Nationaltrainer und technischer Direktor beim US-Verband noch. Bis dahin stehen der Gold-Cup im kommenden Jahr, die Copa America 2016 in den USA, die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro und natürlich die WM 2018 in Russland auf der Agenda des ehemaligen Torjägers.

„Die Erfahrungen der letzten Wochen werden helfen, das Team für die nächsten Aufgaben zu formen“, hatte er nach dem WM-Aus gesagt und von den „aufregenden, jungen Spielern, die nachkommen“ geschwärmt.

Der Optimismus des Schwaben hat viele in den USA schon angesteckt. „Amerika hat Talent: Die große Zukunft des Fußballs. Jürgen Klinsmanns Youngster machen Hoffnung“, befand USA Today nach der WM.

Und selbst Präsident Barack Obama, der wegen des WM-Achtelfinales (1:2 n.V. gegen Belgien) extra eine Kabinettssitzung vorverlegt hatte, hatte über Twitter ausrichten lassen: „Wir werden es früher gewinnen, als die Welt denkt.“

Worte, die Klinsmann, mit Freude hört, die für ihn aber auch Herausforderung und Verpflichtung sind. Deshalb sagte er unlängst auch: „Es liegt noch viel Arbeit vor uns.“ Selbst am 50. Geburtstag.