Jürgen Klinsmann und sein US-Team strotzen vor dem Duell mit Portugal vor Selbstvertrauen. Portugals Superstar Ronaldo ist erkennbar nicht fit, er schleppt sich bislang eher durch dieses Turnier.
Manaus. Eine Weltmeisterschaft ohne den Weltfußballer des Jahres: Dieser Albtraum aller portugiesischen Fans und wohl auch des Fußball-Weltverbandes Fifa könnte schon nach der Vorrunde wahr werden, falls Cristiano Ronaldo und sein Team nach dem Debakel gegen Deutschland nun auch noch gegen Jürgen Klinsmanns Mannschaft der Vereinigten Staaten von Amerika verlieren sollten.
„Es liegt nur an uns“, sagte Portugals Torwart Beto vor dem möglicherweise schon entscheidenden Gruppenspiel in der Nacht zu Montag (0 Uhr/ZDF) in Manaus. „Wir haben nicht aufgehört, eine starke Mannschaft zu sein, nur weil wir gegen Deutschland verloren haben. Wir können immer noch aus eigener Kraft in die nächste Runde einziehen“, sagte Beto weiter.
Diesen Optimismus teilt allerdings nicht jeder im portugiesischen Lager. Das liegt zum einen an den Knieproblemen von Ronaldo, zum anderen aber auch an der deutlich besseren Ausgangsposition der USA. Mit einem weiteren Sieg nach dem 2:1 gegen Ghana könnte der Außenseiter vorzeitig die K.-o.-Phase erreichen.
„Sie stehen mit dem Rücken zur Wand, wir hingegen haben schon die Chance, uns für das Achtelfinale zu qualifizieren. Besser geht es doch gar nicht“, meinte Klinsmann. „Wir fliegen aber nicht mit der Einstellung nach Manaus, auf ein 0:0 oder 1:1 zu spielen. Wir wollen das Spiel gewinnen“, stellte der frühere Teamchef der deutschen Nationalmannschaft klar und demonstrierte damit ein bemerkenswertes Selbstbewusstsein.
Portugals Superstar Ronaldo dagegen konnte auch in den Tagen nach der schwachen Leistung gegen Deutschland nichts zur Beruhigung seines angespannten Umfelds beitragen. Der 29-Jährige vom Champions-League-Sieger Real Madrid ist erkennbar nicht fit, er schleppt sich bislang eher durch dieses Turnier, als dass er in dieser für sein Team so schwierigen Phase vorangehen könnte. Immerhin: Nachdem er tags zuvor mit einem dicken Eisbeutel auf seinem lädierten Knie auf der Ersatzbank Teile des Trainings verpasst hatte, absolvierte Ronaldo am Freitag die leichten Übungen scheinbar problemlos mit einem Tape am Knie.
Dass der mit Abstand wichtigste Mann zwar spielfähig, aber längst nicht im Vollbesitz seiner Kräfte ist, erinnert die Portugiesen an einen anderen einschneidenden Moment ihrer Weltmeisterschaftsgeschichte, der ebenfalls viel mit den Amerikanern zu tun hat. 2002 reiste die Mannschaft mit einem völlig ausgelaugten Luís Figo zur WM nach Japan und Südkorea – und lag im ersten Spiel gegen den damals noch viel größeren Außenseiter USA schon nach 36 Minuten mit 0:3 zurück.
Der heutige Trainer Paulo Bento wurde damals eingewechselt, US-Verteidiger DaMarcus Beasley (früher Hannover 96) gab an jenem Tag im Alter von gerade einmal 20 Jahren sein WM-Debüt. Dass die Portugiesen im weiteren Verlauf nur noch auf 2:3 herankamen, war der Hauptgrund für das völlig überraschende Vorrundenaus einer großen Mannschaft um Figo und Rui Costa, die viele in Portugal noch heute für deutlich stärker halten als das aktuelle Team, das jetzt in Brasilien gegen das vorzeitige Aus kämpfen muss.
„Für diese Niederlage sind wir sogar noch ein Jahr später kritisiert worden“, erinnert sich Bento. „Aber das hat nichts mit dem Spiel an diesem Sonntag zu tun.“ Vor dieser Partie ist der 44-Jährige voll und ganz damit beschäftigt, Ersatz für gleich vier Spieler zu finden: Pepe ist nach seiner Roten Karte, die er sich im Spiel gegen Deutschland eingehandelt hatte, gesperrt. Fábio Coentrão, Hugo Almeida und Rui Patrício sind zudem verletzt.
US-Coach Klinsmann muss lediglich seinen verletzten Mittelstürmer Jozy Altidore ersetzen. Ansonsten sieht er sich auch ohne entsprechende Erkundigungen beim deutschen Team „sehr gut auf Portugal vorbereitet“, wie er selbst sagt. „Ich werde nicht mit Jogi reden, selbst wenn er mir sicherlich einiges sagen könnte“, sagte Klinsmann.
Schließlich kommt es zum Abschluss der Gruppenphase ja auch noch zum Duell mit der deutschen Mannschaft. Da könnte zu viel Kommunikation zwischen den früheren Weggefährten Klinsmann und Löw nur zu Irritationen bei den amerikanischen Anhängern sorgen.
Vielmehr vertraut Jürgen Klinsmann ganz auf sein Team. „Portugal hat viele großartige Spieler. Aber wir glauben daran, dass wir sie besiegen können“, sagt er. Dabei scheint er dies nicht nur pflichtgemäß zu sagen, sondern voll von dieser Meinung überzeugt zu sein.
Ähnlich selbstsicher gibt sich auch der defensive Mittelfeldspieler Kyle Beckerman, der sich mental schon auf Zweikämpfe mit Cristiano Ronaldo vorbereitet hat. „Ich habe schon einmal gegen so ein Kaliber gespielt. Es war ein Typ namens Messi“, sagte der Spieler mit den auffälligen Dreadlocks.
Im Gegensatz zum gelfreudigen, prominenten Portugiesen hat Beckerman seine Haare schon seit neun Jahren nicht mehr schneiden lassen. Auch in dieser Hinsicht treffen also zwei Welten aufeinander.
USA: 1 Howard – 23 Johnson, 5 Besler, 20 Cameron, 7 Beasley – 13 Jones, 15 Beckerman – 10 Diskerud, 11 Bedoya, 4 Bradley – 8 Dempsey. Portugal: 22 Beto – 21 João Pereira, 2 Bruno Alves, 14 Neto (13 Ricardo Costa), 4 Miguel Veloso (19 André Almeida) – 8 João Moutinho, 6 Carvalho, 16 Raúl Meireles – 17 Nani, 23 Hélder Postiga, 7 Cristiano Ronaldo. Schiedsrichter: Pitana (Argentinien).