Der deutsche Albtraum geht für Cristiano Ronaldo weiter. Das 0:4 gegen die DFB-Elf war die vierte Pleite mit Portugal bei einem großen Turnier seit 2006. Wieder tauchte der Weltfußballer ab.
Salvador da Bahia. Cristiano Ronaldo warf Jerome Boateng noch einen finsteren Blick zu, dann stapfte er wortlos zum Mannschaftsbus. Sein Gegenspieler erklärte gerade, wie er mit seinen Teamkollegen beim deutschen 4:0 (3:0) gegen Portugal den Weltfußballer komplett aus dem Spiel genommen hatte. Der gedemütigte Superstar schwieg nach dem bitteren Déjà-vu frustriert.
„Bis auf seine Freistöße hatte er nichts“, meinte Boateng nach dem WM-Debakel für den Torjäger von Real Madrid und traf auf breite Zustimmung – nicht nur im deutschen Lager. „CR hielt sich lange versteckt“, urteilte die portugiesische Tageszeitung Público über Ronaldo, der am Ende bei jeder Ballberührung Pfiffe und Buhrufe erntete.
Hohn und Spott gab es für den 29-Jährigen vor allem von Ex-Nationalspieler Mario Basler. „Ich bin früher mehr gelaufen als Ronaldo! ICH! Unglaublich“, twitterte der einstige Freistoßspezialist mit dem bekannt kleinen Aktionsradius.
Die vierte Pleite im vierten Spiel bei einem großen Turnier gegen die DFB-Elf in acht Jahren hatte Ronaldo schon kurz vor der Halbzeit so frustriert, dass er am liebsten vorzeitig vom Platz gegangen wäre. Wütend hatte er sich die Kapitänsbinde vom Arm gerissen und sich demonstrativ an die Seitenlinie – direkt am Eingang zu den Kabinen – gestellt. Als wollte er sagen: Macht ohne mich weiter!
Neuer verzichtet auf eine Mauer beim Ronaldo-Freistoß
Beim „Horrorfilm in Salvador“, wie die Sportzeitung Record titelte, war der beste Fußballer der Welt aber selbst keine große Hilfe gewesen. Nach monatelangen Knieproblemen deutlich sichtbar noch nicht wieder auf gewohntem Leistungsniveau, hatte CR7 lediglich mit einem Sprint mit Torschuss in der Anfangsphase und einem Freistoß in der Nachspielzeit seine herausragenden Qualitäten angedeutet – in den mehr als 80 Minuten dazwischen trottete er dem Geschehen hinterher.
Bezeichnend war ein Freistoß kurz vor Schluss: Manuel Neuer verzichtete auf eine Mauer gegen den besten Schützen der Welt. Lediglich Philipp Lahm, der kleinste Spieler auf dem Platz, stellte sich in den Weg – und ausgerechnet ihn traf Ronaldo. „Die ganze Mannschaft hat zusammengearbeitet“, erklärte Boateng, gegen den sich der Superstar lediglich in den ersten Minuten zweimal durchgesetzt hatte, „von so einem Spieler wird man auch mal ausgespielt, aber dann war der Nächste da. Das war der Schlüssel.“
Portugals Trainer Paulo Bento wollte über seinen Kapitän nach dem „riesigen Albtraum“ (A Bola) gar nicht viele Worte verlieren. „Aus physischer Sicht können wir nur sagen, dass es ihm gut geht“, meinte der Coach lediglich. Ronaldos offensichtliche Formschwäche ist schließlich nicht Bentos einziges Problem. Nach der Roten Karte gegen Abwehrspieler Pepe und den Verletzungen von Stürmer Hugo Almeida und Außenverteidiger Fábio Coentrão droht schon nach der Vorrunde das Aus.
Denn beim wohl schon entscheidenden zweiten Gruppenspiel am kommenden Sonnabend gegen die USA werden alle drei fehlen – wahrscheinlich sogar länger. „Ich glaube, dass etwas gerissen ist“, sagte der Ex-Bremer Almeida, der ebenso eine Muskelverletzung erlitt wie Coentrão. Der Real-Verteidiger fürchtet gar das vorzeitige WM-Ende: „Ich hoffe, dass es sich nicht um eine schwere Verletzung handelt, aber es sieht ganz danach aus.“