Brügges Trainer wurde vor dem Rückspiel gegen Hannover 96 seinem Ruf als Lautsprecher wieder einmal gerecht. Schalke rotiert vor Pilsen-Spiel.

Brügge/Gelsenkirchen. Seinem Ruf als Lautsprecher ist Christoph Daum vor dem Europa-League-Rückspiel gegen Hannover 96 wieder einmal gerecht geworden. Wortgewaltig schimpfte der deutsche Trainer des FC Brügge: „Unser Platz ist so schlecht, dass ein Bauer seine Kühe nicht darauf lassen würde, aus Angst, dass sie sich die Beine brechen.“ Hannover 96 ist dennoch ohne Angst vor dem Acker, aber zumindest mit Respekt vor der Atmosphäre im Jan-Breydel-Stadion nach Flandern gereist. „Es wird schwer, uns erwartet ein heißer Tanz“, sagte Trainer Mirko Slomka vor der Partie am Donnerstag (19 Uhr/kabel eins und Sky und im Liveticker auf abendblatt.de).

Vor und nach dem 1:2 in Hannover hatte sich Daum noch um Mäßigung bemüht. Mit Blick auf das Rückspiel in Brügge führte die schwere Verletzung seines Linksverteidigers Fredrik Stenman (Achillessehnenriss im rechten Fuß) im heimischen Stadion allerdings zu einer für Daum typischen Verbal-Attacke. „Das ist der schlechteste Platz, den ich in meiner Karriere erlebt habe„, wetterte der Coach. Der Rasen des Stadions, das sich sein Club mit Cercle Brügge teilt, „ist ein echtes Risiko“.

Angesichts der Brügger Personalprobleme bemühte Daum in seiner unnachahmlichen Art den Begriff des „russischen Roulettes“. Die Aussichten, gegen den Siebten der Bundesliga das Achtelfinale zu erreichen, sieht der Fußball-Lehrer als nicht sonderlich gut an. „Es wird sehr, sehr schwer“, sagte Daum: „Wir müssen fast fehlerfrei spielen.“

Hannover ist im Vorteil, das in diesem Jahr noch ungeschlagene 96-Team wäre schon mit einem Unentschieden eine Runde weiter. „Wir müssen Druck machen, Hannover wird auf Konter lauern“, prophezeite Daum.

Für das bevorzugte Spiel der Hannoveraner mit schnellen Gegenangriffen ist die Ausgangslage tatsächlich ideal. Die überfallartigen Konter sind eine 96-Spezialität, mit der die Mannschaft bei ihrer ersten Europa-League-Teilnahme schon mehrfach glänzte. In dem im Januar geholten Mame Diouf hat Hannover zudem einen pfeilschnellen Stürmer, der perfekt zu dieser Taktik passt.

Trainer Slomka warnte dennoch vor Euphorie. „Das wird eine ganz enge Nummer“, sagte der Coach: „Wir müssen alle in Topverfassung sein.“ Das Auftreten der Daum-Truppe im Hinspiel hat den 96-Coach durchaus beeindruckt: „Das ist wirklich ein sehr starker Gegner.“ Vor allem Joseph Akpala, in der Europa League bisher mit vier Toren erfolgreich, ist ein gefährlicher Stürmer.

Mit einem eigenen Treffer würde es für Hannover leichter. „Nur mit Verteidigung kommen wir nicht weiter“, sagte Sofian Chahed, der für den gesperrten Kapitän Steven Cherundolo als rechter Verteidiger spielen wird. Links kann Slomka den wieder fitten Christian Schulz einsetzen. Einsatzbereit ist auch der zuletzt beim 4:2-Sieg gegen Stuttgart fehlende Topstürmer Mohammed Abdellaoue. Fraglich ist hingegen, ob Lars Stindl spielen kann. Der Stammspieler im 96-Mittelfeld konnte wegen einer schweren Erkältung am Anfang der Woche nicht trainieren, reiste aber mit nach Brügge.

Rotation rückwärts: Jones und Höwedes kehren gegen Pilsen zurück

„Never change a winning team!“ – beim FC Schalke 04 wird diese Fußball-Weisheit vor dem Europa-League- Rückspiel gegen Viktoria Pilsen außer Kraft gesetzt. Vier Tage nach dem furiosen 4:0-Triumph gegen den VfL Wolfsburg in der Bundesliga wird Trainer Huub Stevens sein Erfolgsteam für die Partie gegen den tschechischen Meister am Donnerstag (21.05 Uhr/Sky und kabel eins und im Liveticker auf abendblatt.de) umkrempeln. Doch nicht aus der Not heraus, sondern weil der Niederländer wieder mehr personelle Alternativen hat.

Die Chance auf das Wetterkommen bezifferte Stevens am Mittwoch zwar auf 50:50, räumte aber ein: „Vielleicht haben wir einen kleinen Vorteil, weil uns nach dem 1:1 in Pilsen schon ein 0:0 reicht. Aber darauf werden wir bestimmt nicht spielen.“

Der Wechsel im Tor ist quasi erzwungen: Für den verletzten Lars Unnerstall, der gegen Wolfsburg einen Schultereckgelenksprengung erlitt, rückt Timo Hildebrand zwischen die Pfosten. Der 32 Jahre alte Routinier erledigte seinen Sache beim Bundesliga-Comeback gegen Wolfsburg souverän und genießt das Vertrauen von Team und Trainer.

„Mit Timo haben wir jemanden in der Hinterhand, der über große Qualität verfügt“, lobte Jungstar Julian Draxler den zwölf Jahre älteren Kollegen. Mit ihn können man den Ausfall von Unnerstall „gut kompensieren“. Nach seinem unverhofften Aufstieg zur neuen Nummer 1 offenbarte der erfahrene Nationalkeeper am Mittwoch eine gewisse Nervosität. „Ich bin natürlich angespannter als vor einem Spiel, bei dem ich nur auf der Bank sitze.“

Darüber hinaus dürfte im Heimspiel gegen Pilsen praktisch wieder jene Mannschaft auflaufen, die in Tschechien vor einer Woche beim 1:1 enttäuschte. Nur der gegen Wolfsburg starke Jefferson Farfán wird für Chinedu Obasi auf der rechten Seite wirbeln. Der „Sechser“ Jermaine Jones und Benedikt Höwedes – beide waren am Sonntag gesperrt - ersetzen Christoph Metzelder und Atsuto Uchida in der Startelf. Joel Matip rückt aus dem defensiven Mittelfeld in die Innenverteidigung.

„Die Aufstellung ist nicht so wichtig. Wichtig ist, mit welcher Einstellung wir in das Spiel gehen“, fordert Stevens die gleiche Leidenschaft und den gleichen Einsatzwillen wie am Sonntag gegen das Magath-Team. Da zeigten die Königsblauen jene Tugenden, mit der die Schalker an einem guten Tag fast jede Mannschaft bezwingen können.

Pilsens Trainer Pavel Vrba war vom Schalker 4:0 gegen die „Wölfe“ durchaus beeindruckt. „Das Ergebnis weckt Respekt, es hätte auch 8:3 enden können. Allerdings werden wir nicht wie Wolfsburg spielen, die die Verteidigung sehr vorgeschoben hatten“, sagte Vrba, der seinen Kapitän und Spielgestalter Pavel Horvath (Gelbsperre) ersetzen muss.

Dass man die konterstarken und flinken Tschechen sicher nicht ein zweites Mal unterschätzen wird, betonte der gegen den VfL überragende Marco Höger. Er rechnet mit einem stürmischen Gegner. „Wahrscheinlich wird Pilsen schnell versuchen, unser Auswärtstor auszugleichen. Wir sind aber auf alles vorbereitet und wissen, wie wir die Partie richtig angehen müssen“, sagte Höger, der zudem auf den Heimfaktor setzt: „Das ist ein großer Vorteil.“

In der bisherigen Europapokal-Saison ist Schalke daheim unbesiegt, fuhr drei Siege und ein 0:0 gegen Larnaka (Torverhältnis 11:3) ein. In der Bundesliga verlor der Revierclub in der Arena nur gegen den FC Bayern (0:2) und Kaiserslautern (1:2). Bei allem Respekt vor Pilsen - wenn auch Raúl Lust hat und Spielfreude zeigt und Stürmer Klaas-Jan Huntelaar torhungrig ist, dürfte Schalke souverän das Achtelfinale erreichen. Davon ist auch Manager Horst Heldt überzeugt: „Wir müssen den Schwung aus dem Wolfsburg-Spiel mitnehmen, um mit einer besseren Leistung als vor einer Woche das Weiterkommen klarzumachen.“

Erst danach soll die Konzentration dem Showdown beim Bundesliga-Gipfel bei den Bayern am Sonntag gelten. Bisher habe man daran „keinen Gedanken verschwendet“, versicherte Draxler: „Wir wollen erst mal eine Runde weiterkommen und fahren anschließend hoffentlich mit einem guten Gefühl zum Spitzenspiel nach München.“ (dpa/abendblatt.de)