Hamburg. Der Ex-Weltmeister wird in seiner langjährigen Wahlheimat mit einem besonderen Gürtel geehrt. Viel Prominenz im Grand Elysée.
Turki Al-Sheikh (43) ist ein wichtiger Mann in der Boxwelt. So wichtig, dass der saudi-arabische Geschäftsmann sich von sehr gewichtigen Männern schützen lässt. Seine fünf Personenschützer räumten dann allein durch ihr Gorilla-Volumen auch erstmal alles ab, was sich auf dem roten Teppich im Grand Elysée befand, als der derzeit bedeutsamste Financier großer Kämpfe diesen beschritt. Selbst Peter Tschentscher (SPD) wurde beinahe versehentlich vom Geläuf gefegt. Zum Glück rank und schlank fand Hamburgs Bürgermeister am Montagabend letztlich doch noch sein Plätzchen zur Auftaktgala der 62. Convention des World Boxing Council (WBC).
Al-Sheikhs Auftritt stand sinnbildlich für die Bedeutung dieser Veranstaltung. Einmal jährlich tagt das WBC, einer der vier großen Boxweltverbände, in dieser Woche erstmals auf deutschem Boden. „Für Hamburg bedeutet das ein Stück weit internationale Aufmerksamkeit, und es passt auch, weil die Stadt eine große Boxsportvergangenheit hat“, sagte Tschentscher, ehe er sich in den Saal zur „Galanacht der Legenden“ aufmachte.
Gala des WBC: Wladimir Klitschko wird geehrt
Vom roten Teppich runter ging die Veranstaltung, die maßgeblich vom Chef des Universum-Boxstalls, Ismail Özen-Otto (43), nach Hamburg geholt wurde, zwar ohne erkennbaren roten Faden, reichlich Ehrungen und mäßig unterhaltsamen Reden weiter, die Hauptprotagonisten waren aber nicht minder gewichtig als Al-Sheikh.
Im Gegenteil: In Wladimir Klitschko wurde ein echtes Box-Schwergewicht mit dem Weltfriedensgürtel des WBC ausgezeichnet. Der 48-Jährige erhielt ihn aus den Händen von Lennox Lewis (59/Großbritannien), der 2003 in einem legendären WM-Kampf Vitali Klitschko (53) bezwungen hatte.
Ukrainische Brüder kämpfen für Frieden
Die Brüder bestreiten derzeit einen härteren Kampf, da in ihrer ukrainischen Heimat weiterhin der Krieg tobt. Wladimir Klitschko erinnerte in seiner Ansprache, während der doch recht viele der 750 Gäste am Bankett unhöflich laut plauderten und aßen, an 450 getötete Athleten, darunter viele Boxer.
„Es sind nicht die Medaillen oder das Geld. Es ist die Mitmenschlichkeit, die zählt“, appellierte Klitschko, der viele Jahre in Hamburg lebte und seinen Auftritt zugleich nutzte, um T-Shirts mit dem Aufdruck „Fight for your dreams“ (Kämpfe für deine Träume) zu Gunsten der Klitschko-Foundation für Sport- und Bildungsprojekte zu verkaufen.
Comeback von Wladimir Klitschko gegen Tyson Fury?
Während Klitschko um Frieden in seinem Heimatland kämpft, könnte er bald im Ring um die WM kämpfen. Was kein Witz ist, zugleich – je nach Perspektive – das Ausmaß an Absurdität oder unbegrenzten Möglichkeiten im Boxen zeigt. Unlängst quälte sich Ex-Schwergewichtsweltmeister Mike Tyson mit 58 Jahren zu einem Comeback, um in einem womöglich gestellten Schaukampf gegen den YouTube-Star Jake Paul (31) zu verlieren. Sportlich unwürdig und niveaulos, finanziell höchst lukrativ.
„Nennt es, wie ihr wollt, von mir aus Show, aber nennt es nicht Boxen“, sagte am Montag in Hamburg dazu Al-Sheikh – um einen Satz später anzufügen: „Wladimir, ich will dich nächstes Jahr wieder im Ring sehen.“ Angedacht ist ein Duell mit dem Briten Tyson Fury (36), der zuvor am 21. Dezember in Riad Revanche gegen Klitschkos Landsmann Alexander Usyk (37) fordert.
Axel Schulz fände WM-Kampf „totalen Quatsch“
Klitschko selbst äußerte sich nicht dazu. Dafür Axel Schulz in richtig schöner Axel-Schulz-Manier: „Das ist totaler Quatsch. Klar kann er ein Comeback machen, aber doch nicht gleich um die Weltmeisterschaft, da machst du den Sport kaputt. Ick gloob da nich dran.“ Eine eigene Rückkehr schließt der 56-Jährige aus Frankfurt/Oder aus. „Meine Knie sind durch, ich bin zu alt dafür“, sagte er.
Dessen einstiger Trainer Ulli Wegner (82) wurde für seine Lebensleistung ebenso preislich bedacht wie Scorpions-Sänger Klaus Meine (76) für dessen Engagement um Frieden. Weitere Boxgrößen wie Henry Maske (60) und Arthur Abraham (44) spendeten Beifall.
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Von Dienstag an tagt das WBC, debattiert über Weltranglisten und schult Ringrichter. Zum Abschluss veranstaltet Universum am Donnerstag Kämpfe. Was Tschentscher explizit gefallen dürfte. „Boxen vermittelt der jungen Generation wichtige Werte und hilft, ihre körperliche Kraft unter vernünftigen Bedingungen auszutesten“, sagte er. Seiner eigenen ist sich der passionierte Läufer bewusst und verzichtete daher am Montag auf ein Kräftemessen mit Al-Sheikhs Gorillas.