Hamburg. Seit der Pandemie erlebt der Sport einen Aufschwung in der Stadt. 40.381 Aktive in 79 Vereinen. Aber manche Clubs haben Probleme.
Der Plan liegt beim Club an der Alster in der Schublade und wurde nun von den Mitgliedern abgesegnet. „Wir wollen den alten Tennisplatz M3 reaktivieren, also wiedererrichten“, sagt Gisbert Beckers, der für Finanzen und Personal zuständige Zweite Vorsitzende des Großvereins an der Hallerstraße, „im Frühjahr 2026 könnte er bespielt werden, wenn alles klappt.“
Der Court unmittelbar vor der Westtribüne des Center Courts wurde einst aufgegeben, um mehr Platz für Zuschauer während der ATP Hamburg Open zu schaffen. Mit dem geplanten Wiederaufbau reagiert der Club nun auf die ungebrochene Nachfrage nach Tennis. „Wir können jedes Jahr etwa 120 neue Mitglieder aufnehmen, haben aber rund 180 Interessenten“, sagt Beckers.
Deutscher Tennis Bund sieht anhaltenden Trend
Der traditionsreiche Großverein mit seinen insgesamt rund 3200 aktiven Mitgliedern, von denen etwa die Hälfte Tennis spielt, darunter rund 520 Kinder und Jugendliche, bestätigt damit eine bundesweite Entwicklung, die auch für Hamburg gilt. Seit Jahren wächst wieder das Interesse am gelben Filzball.
„Nach vier Jahren des stetigen Wachstums können wir von einem lang anhaltenden Trend sprechen, der auch die nächsten Jahre Bestand haben wird“, sagt Dietloff von Arnim, der Präsident des Deutschen Tennis Bundes (DTB). Deutschlandweit ist die Zahl der registrierten Tennisspieler 2024 von 1,47 Millionen auf 1,49 Millionen gewachsen.
40.381 organisierte Tennisspieler in Hamburg
In Hamburg waren für dieses Jahr 40.381 Spieler erfasst, ein Zuwachs von 639 gegenüber dem Vorjahr. Sie spielen in 79 Vereinen auf 643 Freiplätzen und 194 überdachten Courts. „Dabei sind die nicht organisierten Freizeitspieler, die sich einfach mal Plätze mieten, nicht mitgerechnet“, sagt Branko Weber, der Geschäftsführer des Hamburger Tennisverbandes (HTV). Auch die Betriebssportler tauchen in dieser Statistik nicht auf.
Mit durchschnittlich 500 Mitgliedern pro Tennisverein oder -sparte hat Hamburg laut Weber eine Ausnahmestellung in Deutschland: „Wir haben recht viele große und relativ wenige kleine Vereine“, sagt Weber, „das hilft diesen Clubs auch, mögliche Schwankungen auszugleichen.“ Und das ist auch wichtig, um seine Anlage betreiben zu können. Der Unterhalt von Tennisplätzen und den Funktionsgebäuden ist schließlich nicht ganz billig.
Tennis war nach Corona schnell wieder möglich
Ein ganz typischer Tennisverein ist der HTC Blumenau in Niendorf, der gerade sein 100-jähriges Bestehen feierte. „Wir haben 550 Mitglieder, bei 600 müssten wir einen Schlussstrich ziehen und eine Warteliste einführen“, erzählt der 1. Vorsitzende Achim Becker und bestätigt ebenfalls einen Aufwärtstrend: „Als ich vor etwa 15 Jahren angefangen habe, waren es 360 Mitglieder.“ Die Verdichtung in Niendorf und Schnelsen mit vielen neuen Bewohnern sieht er als einen Grund für das Interesse, ein anderer ist „Corona“.
Die Pandemie ist offensichtlich ein Grund für die Renaissance des Sports. „Tennis als Distanzsport war eine der ersten Sportarten, die nach dem Lockdown im Freien, wenn auch mit Einschränkungen, wieder ausgeübt werden durften“, erinnert sich Gisbert Beckers vom Club an der Alster.
Auch Padel verstärkt den Boom
Das galt auch für Padel, das immer mehr Vereine als Zusatzangebot bieten und das extrem erfolgreich ist. Sportler fanden also zu diesen Rückschlagspielen, einfach weil sie erlaubt waren in der Krise – „und sie sind dann dabei geblieben“, so Beckers.
Problematisch ist die nun beginnende Wintersaison. Bis weit in den April hinein wird es nicht möglich sein, auf den Außenplätzen zu spielen. Also beginnt der Run in die Hallen oder saisonale Traglufthallen, wie sie sich einige Vereine leisten. „Für uns ist das aber keine Alternative“, so Achim Becker vom HTC Blumenau, „das würde Energiekosten von etwa 20.000 Euro pro Saison kosten. Das können wir uns nicht leisten.“
Organisatorische Herausforderungen im Winter
Also bleibt die schwere Aufgabe, 180 Jugendliche auf die zwei Hallenplätze zu verteilen, die der Verein nur hat. „Das ist unser großes Problem, deshalb haben wir für Kinder im Winter Wartelisten“, so Becker. Beim Club an der Alster ist die Organisation der rund 520 Jugendlichen in sechs überdachten Plätzen ebenfalls eine schwierige logistische Aufgabe. Der Großverein hat jedoch den Vorteil, dafür Angestellte zu haben, „aber eigentlich ist das eine Aufgabe für künstliche Intelligenz“, scherzt Beckers.
Die aber gemacht werden muss. Jugendarbeit und Nachwuchsförderung ist die Basis für die Zukunft. Wenn das unterbleibt, dann bekommen vor allem kleinere Vereine existenzbedrohende Probleme. Wie der Harburger TuHC. „Wir haben noch 93 Mitglieder, 90 Prozent davon sind über 65 Jahre“, sagt der Vereinsvorsitzende Detlef Eggers. Zwei ihrer ursprünglich acht Plätze werden auf der Anlage schon gar nicht mehr gepflegt, sind aufgegeben.
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In den 80er-Jahren hatte der Verein noch rund 400 Mitglieder, davon 120 Jugendliche. „Dann gab es einen Vorstand, der beschlossen hat, Jugendliche kosten Geld und nehmen Spielzeiten weg“, berichtet der Sportwart Heinz Michaelis. In der Folge verschwand die Jugendarbeit, und die damals 30 bis 50 Jahre alten leistungswilligen Erwachsenen alterten.
Die, die noch da sind, halten das Clubleben aufrecht, sind sogar in den Seniorenklassen recht leistungsstark. Perspektivisch aber sieht es eher schwierig für den HTuHC aus, zumal schräg gegenüber im Harburger TB eine große Tennisabteilung existiert. „Bei uns aber kann man immer spielen, es gibt keine Wartezeiten, und es sind immer Plätze frei“, sagt Clubchef Eggers. Das ist tatsächlich im aktuellen Tennisboom eine Ausnahme.