Hamburg. Nikolas von Zech und Hagen Streit sollen die kroatische Nationalmannschaft auf die Hallenhockey-WM vorbereiten. Wie es dazu kam.

Müde sieht Nikolas von Zech nicht aus. Dabei wäre es ihm nicht zu verdenken, schließlich war der Damen- und Jugendhockeytrainer des Hamburger Polo Clubs am Dienstag erst um kurz vor 4 Uhr morgens im Bett und stand um 9.30 Uhr schon wieder in der Halle. „Die Mädels sollten sich zum Frühstück Videos vom Testspiel angucken, das war ihre Aufgabe“, erzählt der 35-Jährige. „Und diese Videos habe ich nach dem Spiel dann noch geschnitten.“

„Die Mädels“ spielen aber ausnahmsweise nicht bei Polo, sondern für die kroatische Nationalmannschaft. Und der Hamburger von Zech ist seit knapp drei Wochen ihr Trainer, um das Team auf die Hallenhockey-Weltmeisterschaft vorzubereiten. Die findet vom 3. bis zum 9. Februar 2025 im kroatischen Urlaubsort Porec statt. Und als Gastgeberinnen sind die Damen, die sich sonst niemals qualifiziert hätten, dabei. Nur ein Trainer hat gefehlt.

Hallenhockey-WM: Zwei Hamburger Trainer dabei

Das Engagement kam über eine ehemalige Spielerin zustande, erzählt von Zech. „Die wurde vom kroatischen Verband gefragt, ob sie einen deutschen Trainer kenne, der das machen würde“, erinnert er sich. Und „Zech“, wie viele seine Spielerinnen ihn nur nennen, sei ihr da wohl besonders gut in Erinnerung geblieben.

„Die Anfrage hat mich total erschlagen“, sagt der Neu-Nationaltrainer. „Ich habe natürlich niemals damit gerechnet, irgendwann mal kroatischer Nationaltrainer zu werden. Das ist das Letzte, was ich auf der Liste hatte.“ Die Verantwortung für sein neues Team teilt er sich mit seinem Trainerkollegen Hagen Streit, der bei Polo die erste Damenmannschaft in der Bundesliga trainiert. „Alleine hätte ich das nicht gepackt“, sagt von Zech, der schon ohne Nationalmannschaft oft an seine Grenzen kommt.

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Normalerweise trainiert Nikolas von Zech (l.) Damen- und Jugendmannschaften bei Polo. Jetzt auch noch die kroatische Nationalmannschaft. © WITTERS | Tim Groothuis

Hockey: Nur vier Damenmannschaften in Kroatien

„Ich musste nicht lange überlegen, das Projekt ist spannend, und eine Weltmeisterschaft werde ich als Trainer der Heimmannschaft wahrscheinlich auch nicht allzu oft begleiten“, erzählt Streit. Vor drei Wochen sind die beiden nach Kroatien geflogen und haben zum ersten Mal ihre neue Mannschaft trainiert.

„Wir hatten gar keine Vision davon, wie dort die Strukturen sind“, erzählt von Zech. Überraschend sei gewesen, dass es in Kroatien lediglich vier Hockeyvereine mit einer Damenmannschaft gebe. „Außerdem spielen alle Spielerinnen unterschiedliche Systeme“, sagt Streit und nennt die größte Aufgabe für die nächsten Wochen: „Wir müssen innerhalb kürzester Zeit eine eigene Philosophie finden und eine Mannschaft formen.“

Von Zech musste erst mal Namen lernen

Das sei herausfordernd, mache aber eben auch den Reiz an der Sache aus, sagen die beiden befreundeten Trainer, die ihren Spielerinnen vor allem die verdiente Wertschätzung entgegenbringen wollen, die diese bislang vermisst haben. „Die Herrenmannschaft wurde in der Vergangenheit – wie anderswo auch – leider mehr unterstützt“, sagt von Zech.

Und ebenjene Wertschätzung fing bei ihm schon vor dem ersten Training an. Damit er von Beginn an alle Spielerinnen beim Namen kennt, hat er zwei Tage lang die Namen und Spitznamen auswendig gelernt: „Das gehört für mich zum respektvollen Miteinander dazu.“

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Die 16 Spielerinnen aus Kroatien sind für eine Woche beim Hamburger Polo Club zu Gast. © WITTERS | Tim Groothuis

Hockey: Einwöchiges Trainingslager bei Polo

Sprachlich gebe es manchmal noch ein paar Schwierigkeiten, aber das werde kreativ gelöst: „Du sprichst übers Hockey. Im Notfall mache ich irgendwas vor, und die können sich das dann erschließen“, so von Zech. Die 16 Spielerinnen, die diese Woche in Hamburg ein Trainingslager absolvieren, für das Polo seine Halle zur Verfügung stellt, haben er und Streit nicht selbst ausgewählt. Die Namen standen auf einer Liste, die ihnen der Verband gegeben hat.

„Da haben wir drauf vertraut, dass die vollständig ist“, sagt Streit – bis sich vor Kurzem eine Spielerin aus Berlin bei ihnen gemeldet hat, die ebenfalls einen kroatischen Pass besitzt. „Von der wussten wir gar nicht, dass es sie gibt“, erzählen die Trainer. In der Zusammenarbeit mit dem kroatischen Verband sei Flexibilität gefragt. Auch das Trainingslager in Hamburg haben die Spielerinnen und Trainer zum Teil selbst organisiert.

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Bei der WM treffen Streit und von Zech in der Gruppenphase auf Belgien, Tschechien und die USA: „Da sind wir der klare Außenseiter“, weiß Streit und verweist auf die anschließenden Platzierungsspiele gegen Teams wie Thailand oder vielleicht Namibia: „Unser Ziel ist es, nicht Letzter zu werden.“ Zwölf Mannschaften sind insgesamt dabei.

Finanziell ist der Job für beide Trainer laut eigener Aussage eine „Nullnummer“: „Wir opfern beide viel von unserer Freizeit“, sagt von Zech, „aber ich kann daraus viel für mich mitnehmen, ich werde diesen Job ja wahrscheinlich noch 30 Jahre machen.“ Und vielleicht wird er in dieser Zeit ja irgendwann noch mal eine andere Nationalmannschaft betreuen.