Hamburg. Fünf Nationalspieler aus Neuseeland sind für den Bundesligisten aktiv. Sie wollen die Meisterschaft und Revanche an Deutschland.
Bevor Neuseelands Rugby-Nationalmannschaft, die „All Blacks“, in die „Schlacht“ zieht, führt sie regelmäßig eine Haka auf, diesen wild scheinenden zeremoniellen Tanz der Maori. Die Hockeyspieler aus dem Inselstaat am anderen Ende der Welt tun das nicht regelmäßig – obwohl: „Wenn wir deutscher Meister werden, dann werden wir vor dem Team tanzen“, verspricht Kane Russel (31).
Der Strafeckenspezialist aus Dunedin auf der Südinsel ist so etwas wie ein Pionier für Neuseelands Einfluss beim Hamburger Polo Club. Nicht weniger als fünf Nationalspieler aus dem Inselstaat sind in der Feld-Bundesliga für den ambitionierten Verein aus Hamburgs Westen aktiv.
Hockey: Covid löste Polos Neuseeland-Welle aus
Neben Russel sind das auch der Kapitän der „Black Sticks“, Nic Woods (28), Hugo Inglis (33), Aidan Sarikaya (27) und George Baker (21). Eine wirklich einmalige Story. „Ohne Covid wären das nicht so“, sagt Russel.
2020, mitten in der Pandemie, erhielt er eine E-Mail von Frank Schmidt, der als Sportwart Polos Aufstieg von der Oberliga in die deutsche Spitze mit Ideen, Ehrgeiz, finanziellem Einsatz und einem Sponsorenkonzept möglich gemacht hat. Russels Vertrag in Rotterdam war durch die Pandemie ausgelaufen, was also tun? „Wir haben dann gesprochen, die Vision des Clubs hat mich überzeugt – und jetzt sind wir alle hier“, erzählt der Abwehrspieler.
Anzahl ausländischer Spieler in Bundesliga wächst
Mit ihm kamen vor dreieinhalb Jahren auch Woods und Blair Tarrant (33), der im Sommer zurück nach Neuseeland gegangen ist. Sie waren die „Türöffner“ für die anderen. „Man spricht in der Nationalmannschaft natürlich, die Jungs haben erzählt wie cool das bei Polo ist, und dann war ich ziemlich schnell hier“, so Sarikaya, der vor zwei Jahren an die Jenischstraße kam, „es war nicht schwer, mich zu überzeugen.“
Professionell Hockeyspielen kann man in Neuseeland oder Australien nicht, dafür muss man nach Europa kommen, in die Niederlande vor allem. Aber in der Bundesliga tut sich auch etwas, der Anteil ausländischer Spieler ist in den letzten Jahren stets gewachsen. „Die Bundesligateams gehören zu den besten in Europa, die Konkurrenz ist wirklich stark“, sagt Hugo Inglis.
Fernbeziehungen gehören zum Profileben dazu
Polos Spieler bekommen ein Grundgehalt, aber als Nationalspieler auch Förderung durch ihren Verband. Mit Ausnahme von Hugo Inglis, der für die Charity-Organisation „High Impact Athletes“ arbeitet, studieren alle auch noch. Russel, Baker und Sarikaya leben gemeinsam in einer Hockey-WG in Ottensen. Und wenn in Deutschland die Hallensaison im Winter gespielt wird, geht es zurück in die Heimat in den Sommer.
Das Organisieren von Fernbeziehungen gehört dazu, Freundinnen kommen zu Besuch oder leben wie bei Nic Woods auch in Hamburg. Die Freundin von Kane Russel beispielsweise lebt in London. „Das ist nicht so weit“, sagt er, „das ist okay.“ Verglichen mit dem Weg nach „down under“ ist das sicher richtig.
Verbindungen nach Neuseeland sollen nachhaltig werden
„Hamburg ist hier inzwischen eine zweite Heimat geworden“, sagt Sarikaya, „es wohnen auch viele Freunde aus der Mannschaft in Ottensen, das ist schon cool.“ Er hat noch einen Vertrag für die kommende Saison, ebenso der junge George Baker. Die anderen drei müssen noch verhandeln, ihr Wunsch aber ist klar: „Wir würden gerne hier noch weiter spielen.“
Die Verbindungen in den Club sind inzwischen tatsächlich stark. Die Nachwuchs-Kinder kennen „ihre“ Kiwis. Im Dezember haben zwei Austauschschüler Aidan Sarikaya in dessen Heimat besucht. Kein Ding. „Wir würden gerne die Verbindungen zwischen dem Polo Club und Neuseeland weiter verstärken und nachhaltig etablieren“, sagt Kane Russel, „Austausch von Jugendlichen und Spielern kann dazugehören.“
„Black Sticks“ wollen Revanche für 2016
Nach dem Ende der Bundesligasaison mit dem Final Four um die deutsche Meisterschaft (18./19. Mai) stehen wieder Nationalmannschaftsaufgaben an. Neuseelands Team spielt bei den Olympischen Spielen in der gleichen Vorrundengruppe wie Deutschland. Die Nominierung erfolgt im Juni, aber bis auf Baker können alle sicher sein, dass sie zum Kader gehören.
Und sie haben noch eine Rechnung mit den Deutschen offen: Die Viertelfinal-Niederlage bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio. 1,5 Sekunden vor dem Abpfiff erzielte damals Florian Fuchs den Siegtreffer zum 3:2. „Danke für´s Erinnern“, sagt Woods, „das war tatsächlich die schlimmste Niederlage meiner Karriere. Die würde ich gerne wieder gut machen.“
Trainer Tigges lobt Mentalität des Quintetts
Für Polos Trainer Robert Tigges (39) sind seine „Kiwis“ sportlich und menschlich ein Glücksfall. „Sie haben diese sportliche Arbeitsmentalität, die viele Spieler aus Ozeanien auszeichnet, sie sind immer motiviert und super Spieler, es macht Spaß mit ihnen“, sagt der Niederländer.
Aber natürlich geht es nicht nur um Spaß, sondern auch um Titel. Am liebsten schon in dieser Saison, nachdem der Club vor zwei Jahren erst im Endspiel an Rot-Weiß Köln gescheitert war und in der Vorsaison schon im Play-off-Viertelfinale ausschied.
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Mit einem Heimsieg im vorletzten Vorrundenspiel gegen den Harvestehuder THC an diesem Sonnabend (15 Uhr, Jenischstraße) kann Polo die Chance auf Gruppenplatz zwei und damit das Heimrecht im Viertelfinale wahren. „Die Bundesliga ist voller guter Teams, aber wir haben noch etwas gut zu machen“, sagt Nic Woods, „das Final Four in Bonn ist das Minimalziel.“
Aber eigentlich reicht das nicht, der Ehrgeiz ist größer, die Ambitionen sind höher. Und wenn das große Ziel erreicht ist, dann tanzen sie auch gerne einen Haka für ihre Kameraden vom Polo Club.