Paris/Hamburg. Emma Davidsmeyer ist eine P-Akkreditierte. Sie trainiert in Paris, kommt aber nur bei Verletzung zum Einsatz. Wie geht sie damit um?

„Im ersten Moment war da schon etwas Enttäuschung“, gibt Emma Davidsmeyer (25) zu, „natürlich hatte ich die Hoffnung, es in den 16er-Kader zu schaffen.“ Doch als Bundestrainer Valentin Altenburg den deutschen Hockeydamen am 12. Juni im Anschluss an die Pro-League-Spiele in London persönlich mitteilte, wer es in das Stammteam für die Olympischen Spiele geschafft hatte, da fehlte der Name der Mittelfeldspielerin vom Club an der Alster.

Sie ist jedoch eine P-Akkreditierte, eine Ersatzspielerin. Und dafür der ganze Aufwand? Jahrelange Vorbereitung? „Aber ja!“, jubelt sie nach den ersten Tagen in Paris geradezu euphorisch dem Abendblatt durch das Telefon entgegen, „natürlich hat sich das alles gelohnt. Es ist der Wahnsinn hier.“

Hockey: Zunächst keine Eröffnungsfeier für Ersatzspieler

Die gebürtige Bremerin ist mit dem Team am vergangenen Freitag mit dem TGV in die französische Hauptstadt gefahren. Sie trainiert mit der Mannschaft, wurde komplett eingekleidet, ist bei allen Besprechungen dabei. Und sie ist jetzt schon geflasht von ihrem ersten Olympiaerlebnis.

Allerdings durfte sie wie alle 54 P-Akkreditierte deutscher Mannschaften am Dienstag noch nicht an der Eröffnungsfeier teilnehmen. Das könnte sich am Donnerstag aber noch ändern. Und sie lebt nicht im olympischen Dorf, sondern wohnt stattdessen mit den anderen beiden P-Akkreditierten Cecilie Pieper und Torhüterin Julia Sonntag bis zu deren Verletzung in einem Hotel direkt außerhalb des Dorfes.

Hockey: sechs andere Hamburgerinnen im Team

„Wir sind eine kleine Wohngemeinschaft in einem Appartement, und wir verstehen uns supergut“, berichtet Davidsmeyer. Sie haben vollen Zugang zum Dorf, können alle Einrichtungen nutzen. Sie essen in der Mensa, sehen dort andere Olympiastars, sind bei ihrem Team, haben die Testspiele bestritten: „Wir kommen halt einfach aus einem anderen Gebäude, mehr nicht.“

Wenn das Hockeyturnier am Sonntag (10.30 Uhr) für die „Danas“ mit dem Spiel gegen Japan beginnt, dann wird Emma Davidsmeyer aber nicht spielen können wie die anderen Hamburgerinnen Kira Horn, Anne Schröder, Viktoria Huse (Club an der Alster), Amelie Wortmann, Lena Micheel (noch Uhlenhorster HC) und Jette Fleschütz (Großflottbeker THGC).

Davidsmeyer sieht sich als vollwertiges Teammitglied

Emma Davidsmeyer aber steht bereit, sollte sich eine Spielerin aus dem aktiven Kader verletzen oder erkranken. „Ich bin doch ziemlich schnell über die erste Enttäuschung hinweggekommen“, sagt die Hamburgerin, „dann kam große Freude, ich kann sehr stolz darauf sein, dabei zu sein. Und ich fühle mich auch als vollwertiger Teil des Teams.“

Für den Hamburger Bundestrainer Altenburg haben die drei Ersatzspielerinnen eine „unglückliche Rolle“. Er lobt aber: „Sie haben einen guten Weg gefunden, damit umzugehen. Und natürlich sind sie wichtig für die Mannschaft.“

Vor der Abfahrt nach Paris noch zwei Medizinprüfungen

Vor der Abfahrt nach Paris hat die Hamburgerin noch je eine mündliche und eine schriftliche „fette Prüfung“ für ihr Medizinstudium abgelegt. Das war anstrengend, aber ich habe mich gefreut, dass ich es hinter mir habe“, erzählt sie, „ab jetzt gilt die volle Konzentration den Spielen.“

Für Davidsmeyer ist das Abenteuer Paris der nächste Schritt in ihrer Entwicklung als Nationalspielerin. Bei der Heim-Europameisterschaft 2023 in Mönchengladbach und WM 2022 war sie gar nicht dabei. „Das war aber normal, ich stehe ja gerade am Anfang meiner Entwicklung als Nationalspielerin“, betont sie.

Regelungen für P-Akkreditierte etwas großzügiger geworden

Und sie gehörte zu dem Team, das die Olympiateilnahme durch den Sieg beim Qualifikationsturnier in Indien im Januar erst möglich gemacht hatte. „Das war die bisherige Krönung. Ich identifiziere mich sehr mit der Mannschaft“, sagt sie, „alle Mädels leben das auch so. Ich habe habe hier das Gefühl, voll mit dabei zu sein.“

Seit 2008 gibt es diese Regel mit den P-Akkreditierten. Das Problem im Hockey ist, dass das IOC die Kadergröße auf 16 Spieler und Spielerinnen beschränkt hat, zwei weniger als bei anderen großen Turnieren wie Welt- und Europameisterschaften. Allerdings wurden die Regularien inzwischen etwas angepasst, den Aktiven mehr Rechte eingeräumt wie der problemlose Zugang zum olympischen Dorf.

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Das war nicht immer so. Die wichtigste Änderung ist, dass eine erkrankte oder verletzte Spielerin in Paris wieder in den Stammkader zurückkehren kann, wenn sie nur für eine Partie fehlt. Das war früher anders. Da hieß es: raus ist raus. Mit der neuen Regel erhöht sich die Chance, dass Spielerinnen wie Emma Davidsmeyer tatsächlich auch auf ihre Spielminuten kommen – und damit im Erfolgsfall auch eine Medaille erhalten.

Wenn sie also als Ersatzspielerin gebraucht wird, wird die Hamburgerin da sein. „Ich hoffe natürlich, dass alle gesund bleiben“, sagt Emma Davidsmeyer, „aber ich bin professionell vorbereitet und werde für das Team und die Mädels da sein, wenn es nötig werden sollte.“