Hamburg. Die Olympiasiegerin von Tokio probiert mit der im April geborenen Tochter Bella beim ITF-75-Turnier die Rückkehr auf die Profitour

Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) hat extra ein TV-Team nach Hamburg geschickt. Die Boulevardzeitung „Blick“ einen Artikel verfasst: „Comeback in der Provinz“. Wie auch immer: Das erste Wettkampfmatch von Belinda Bencic (27) nach der Geburt ihrer Tochter Bella im April am Mittwoch gegen Titelverteidigerin Julija Awdejewa (Russland) ist ein Top-Thema bei den eidgenössischen Tennisfans – und ein Glücksfall für den Hamburger Tennis Verband als Ausrichter des Hamburg Ladies Cup.

Tennis: Bencic hat zwei Monate nach der Geburt wieder trainiert

„Ich habe sehr langsam zwei Monate nach der Geburt wieder mit dem Training begonnen“, erzählt die Schweizer Olympiasiegerin von Tokio 2021 in der Players-Lounge der Verbandshalle in Horn, „und jetzt bin ich so weit, dass ich testen möchte, ob ich wieder Wettkampfmatches bestreiten kann.“

Also hat sie in den Turnierkalender geschaut. Ein ITF-Turnier sollte es sein, eine der weniger hochkarätig besetzten Veranstaltungen der International Tennis Federation unterhalb der WTA-Turniere. Sydney und Toronto standen in dieser Woche in der Kategorie W75 auch zur Auswahl. „Da hat Hamburg gut gepasst, die Anreise war nicht so kompliziert. Und man hat mir die Wildcard gleich gegeben, wofür ich sehr dankbar bin“, sagt sie.

Partner Martin Hromkovic kümmert sich um die Tochter

Während die Schweizerin mit slowakischen Eltern freundlich und offen ihre Medienverpflichtungen absolviert – englisch, hochdeutsch, schwyzerdütsch –, stromert Partner und Fitnesstrainer  Martin Hromkovic (42) mit Tochter Bella im Arm durch den hinteren Teil der improvisierten Lounge vorbei am Bespannungsservice.

„Es ist für uns alle ein Test, wie es Bella geht, wie wir sie in den Job integrieren können“, sagt Belinda Bencic, „eines weiß ich aber schon: Tennis war für mich immer alles, jetzt sehe ich die Welt von einer anderen Seite. Ich habe Abstand, bin etwas lockerer.“

Mütter im Tennis: Auch Tipps von Angelique Kerber

Bencic ist ja nicht die erste Mutter, die professionell Tennis spielt. Die ehemaligen Weltranglisten-Ersten Naomi Osaka aus Japan und Wiktoria Asarenka (Belarus) sind ebenso aktiv wie Elina Switolina (Ukraine). Angelique Kerber hat ein Comeback geschafft ebenso wie Serena Williams. Keine dieser Spielerinnen konnte jedoch an ihre Erfolge vor der Geburt anknüpfen.

„Mit Angie Kerber und Tatjana Maria habe ich gesprochen, wie sie es gemacht haben, nämlich toll“, erzählt Bencic, „wir aktiven Mütter tauschen unsere Erfahrungen aus.“

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Spezielle Programme der WTA für Mütter auf der Tour zur Kinderbetreuung gibt es jedoch noch nicht. So wie generell das Thema Mütter als Leistungssportler nach Meinung vieler Athletinnen noch nicht ausreichend mitgedacht wird. „Ich weiß nicht, ob eine Extra-Unterstützung nötig ist“, sagt Bencic jedoch, „wichtig ist, dass es das Protected Ranking gibt.“

Bei zwei von vier Grand-Slam-Turnieren und fünf von zehn 1000er-Turnieren auf der WTA-Tour kann die ehemalige Weltranglisten-Vierte mit dem geschützten Platz 15 in Hauptfelder gelangen. Dort muss sie dann liefern. „Ich will zur neuen Saison bereit sein, Australien ist das Ziel“, sagt sie, „ich möchte wieder in die Weltspitze.“ Und den ersten Schritt zurück versucht sie in einer Verbandshalle in Hamburg.