Hamburg. Ein Dokumentarfilm lässt seine Eltern und engste Freunde zu Wort kommen. Warum sein Vater sogar seine Promotion für seinen Sohn aufgab.

Hohe Wellen, ein finsterer Himmel, starker Wind – dazwischen eine Segelyacht, die über die Wellen zu springen scheint. Diese Bilder kennen die meisten mittlerweile von Extremsegler Boris Herrmann. Was die wenigsten wissen ist, wie früh der Hamburger sich für Schiffe interessiert hat – und wie sehr ihn sein Vater persönlich und seglerisch prägte.

Ein neuer Dokumentarfilm vom NDR gibt nun ganz persönliche Einblicke in Kindheit und Jugend des Extremseglers. Er hat am kommenden Montag in Hamburg Premiere. Im Rahmen des Filmfests wird „Boris Herrmann – Segeln am Limit“ bei Hapag-Lloyd erstmals dem Publikum vorgestellt. Auch Herrmann wird vor Ort sein. Im Fernsehen soll der Dokumentarfilm am 16. November laufen (in der Mediathek wird er ab dem 13. November verfügbar sein).

Extremsegler Boris Herrmann: Neuer Film gibt sehr persönliche Einblicke

Das Besondere an dem neuen Film sind die Berichte seiner Eltern, die den Extremsegler von einer ganz anderen Seite zeigen. „Wir haben ihn sofort mit an Bord genommen“, sagt beispielsweise sein Vater, Moritz Herrmann. In die Segellast im Vorschiff hätten sie Boris als Baby gelegt, „und da hat er dann geschlafen“. Seine Mutter, Heide Härtel-Herrmann ergänzt: „Schon als Säugling hat er dieses Bootsgefühl entwickeln können.“

Der Film beschreibt auch, dass die Eltern von Herrmann sich trennten, als der Junge nicht einmal drei Jahre alt war. Fortan wuchs er bei seinem Vater in Oldenburg auf. Seine Mutter berichtet von einer „radikalen Entscheidung“ und einem großen Bruch für den kleinen Jungen. „Das war für Boris sicherlich zwischendurch nicht einfach.“

Herrmanns Vater erzählt, wie er berufliche Ziele für seinen Sohn aufgegeben hat

Besonders emotional der Moment, als Herrmanns Vater erzählt, wie er eigene Pläne wie eine Promotion aufgegeben habe, um sich um seinen kleinen Sohn zu kümmern. „Aber ich war so glücklich mit dem Kind, das ist für mich der Hauptgewinn im Leben gewesen.“ Er habe immer nicht nur ein Vater sein, sondern „eine Kameradschaft und Freundschaft entwickeln“ wollen.

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Moritz Herrmann gibt in dem Film tiefe Einblicke in das Familienleben der Herrmanns. © NDR | NDR

Natürlich berichtet die Dokumentation auch über den ersten richtigen Segeltag im Leben von Boris Herrmann. „Mit fünf oder sechs Jahren saß ich zum ersten Mal in meinem eigenen Boot“, sagt er. Auf einem Baggersee in der Nähe von Oldenburg sei das gewesen. Er habe mit seinem Freund Julien in dem kleinen Boot gesessen, sein Vater habe sie abgestoßen „Und dann sind wir los gefahren.“ Ohne Trainer oder Kurse hätten sie segeln gelernt, sie hätten einfach gespielt, sich ausprobiert und selbst geübt, berichtet der Jugendfreund Herrmanns, Julien Kleiner.

Ein Schulfreund berichtet, wie wild, leidenschaftlich und unangepasst Boris immer war

Schon früh seien allerdings die Rollen klar verteilt gewesen. „Der Steuermann war immer Boris.“ Wild sei Herrmann als Junge gewesen, unangepasst, leidenschaftlich. „Und risikofreudig.“ Auch Moritz Herrmann berichtet, wie früh sein Sohn an Bord Verantwortung übernommen habe. Wie sehr ihn das schnelle Segeln begeistert habe. „Es habe sich bald gezeigt, dass er mehr wollte. Er fing an, mich zu überholen, und ich fand das ganz toll.“

Sein Weg in den Profisport zeichnet die Dokumentation genauso nach, wie den Bau der neuesten Rennyacht, der Malizia – Seaexplorer. Hier ging Herrmann ein großes Risiko ein, ließ ein Schiff bauen, das so ganz anders aussah, als alle anderen Rennyachten der IMOCA-Klasse. „Dass es so anders ist, das hat dann doch überrascht“, so Herrmann. Die Skepsis sei riesig, selbst aus dem eigenen Team.

Im Jahr 2023 stellte Herrmann mit seinem Schiff einen 24-Stunden-Weltrekord auf

Er habe unbedingt beweisen müssen, dass seine Idee funktioniere. „Ich wusste, wir können einpacken, wenn das neue Boot nicht funktioniert, nicht richtig fährt.“ Seine Karriere, einfach alles, habe davon abgehangen. Am Ende dieses harten Prozesses voller Rückschläge konnte Herrmann mit seinem Team den Beweis antreten, dass sein neues Boot besser ist als viele andere. Inzwischen ist Herrmanns Malizia – Seaexplorer das schnellste Einrumpfboot der Welt. Das Team stellte beim Ocean Race im Sommer 2023 einen 24-Stunden-Geschwindigkeitsrekord auf.

Boris Herrmann beendet letzte Regattaserie vor der Vendée Globe
Die Malizia – Seaexplorer hat Boris Herrmann extra nach seinen Vorstellungen bauen lassen. Das Projekt war voller Risiken und Rückschläge. Am Ende stellte er mit dem Schiff sogar einen 24-Stunden-Geschwindigkeitsrekord auf. © © Marie Lefloch / Team Malizia | © Marie Lefloch / Team Malizia

Neben Familie und Freunden kommen in dem neuen Film auch Mitsegler wie Felix Oehme zu Wort, mit dem Herrmann 2008/2009 die Welt umrundete. Oder die Holländerin Rosalin Kuiper, die zu Herrmanns Team beim Ocean Race im vergangenen Jahr gehörte.

Am 10. November startet Boris Herrmann zum zweiten Mal bei der Vendée Globe

Sie alle berichten von der Sehnsucht nach dem Meer, der unwiderstehlichen Anziehungskraft. „Wenn du an Land bist, dann kannst du depressiv werden“, sagt beispielsweise Rosalin Kuiper. „Deshalb musst du nach zwei oder drei Monaten wieder raus aufs Meer, um wieder der glückliche Mensch zu werden, der du warst.“

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Der neue Film fängt diese große Liebe Herrmanns zum Meer, Wind und der Weite da draußen gekonnt ein. Und er zeigt, dass Herrmann nie aufgibt. Bleibt spannend zu sehen, wie er sich dieses Mal auf der härtesten Regatta der Welt schlägt. Schon in wenigen Wochen ist Start zur Vendée Globe.

Am 10. November fährt der Hamburger vor der Küste Frankreichs über die Linie, um dann mehr als 80 Tage allein auf See zu sein. Dass ihm das keine Probleme bereitet, hat er vor vier Jahren eindrucksvoll bewiesen. Narben hinterlasse die Einsamkeit allerdings auf der Seele, so Herrmann. Es werden mit Sicherheit wieder einige dazukommen im Spätherbst und Winter 2024 und 2025.