Hamburg. Die Pandemie hat dem Breitensport massiv zugesetzt. Doch nun freut sich Geschäftsführer Frank Fechner über beeindruckende Zahlen.

Ein bisschen Stolz blitzt da schon aus Frank Fechners Augen, wenn er auf die aktuelle Grafik mit der Mitgliederentwicklung des Eimsbütteler Turnverbandes (ETV) schaut. Am Ende der gezackten roten Linie steht die Zahl 18.149. So viele Vereinsangehörige hatte der 1889 gegründete Club zu Beginn eines Jahres noch nie.

Eimsbütteler TV ist der viertgrößte Sportverein in Hamburg

„Wir haben wegen Corona rund sechs Jahre in unserer Mitgliederentwicklung verloren, in den vergangenen 18 Monaten ging es aber wieder steil bergauf“, sagt Fechner (59), der seit 2005 als Vorsitzender die Geschäfte des viertgrößten Hamburger Vereins führt – nach dem HSV (rund 91.000), dem FC St. Pauli (35.000) und dem Sportspaß e. V. (26.000), der seit Dezember 2016 nicht mehr dem Hamburger Sportbund (HSB) angehört.

Im Juli 2021, mitten in der Pandemie, hatten zwischenzeitlich mehr als 3000 Menschen den ETV verlassen, war die Zahl auf 12.594 gesunken, auf den Stand des Jahres 2013. Die Eimsbütteler lagen damit in Hamburg im Trend, eine Folge des zweiten Lockdowns von November 2020 bis Mai 2021. Etwa 70.000 Austritte zählten die 800 Sportvereine in dieser Zeit, heute haben die meisten ihre Verluste fast aufgeholt.

Der HSB registrierte im letzten Quartal des Jahres 2022 wieder 527.000 Mitgliedschaften, etwa 5000 weniger als 2020 vor Corona. Auch die stark gebeutelten Gesundheits- und Fitnessbereiche legten kräftig zu, haben aber noch nicht das Niveau vor Corona erreicht, geht aus den HSB-Statistiken vor, die im Februar veröffentlicht werden.

Sprunghafter Mitgliedergewinn beim ETV hat viele Gründe

Mehrere Faktoren sorgten beim ETV, Jahresetat rund 16 Millionen Euro, für den sprunghaften Mitgliedergewinn – knapp 6000 in 14 Monaten vom Juli 2021 bis zum Oktober 2022, ein in der ETV-Geschichte einmaliger Zuwachs. Allein dank des Active-City-Startergutscheins traten zuletzt 1800 Personen ein.

Die Stadt hatte 2021/22 in einer damals bundesweit einmaligen Aktion neue Vereinseintritte mit jeweils 80 Euro netto prämiert, im Gesamtwert von 1,8 Millionen Euro 22.500 Gutscheine ausgegeben. Über den HSB wurden 18.336 eingelöst. Dazu kam beim ETV die Kampagne „Bring a fried“, die zu weiteren 500 Eintritten führte.

Auch die unterdurchschnittliche Zahl an Austritten halfen dem ETV, seine Mitgliederzahlen zu stabilisieren. Zum 31. Dezember 2021 waren es 3,5, zum 30. Juni 2022 dann 5,5 Prozent. Gewöhnlich verlassen pro Jahr sieben bis zehn Prozent den Verein. Das ist auch die normale Fluktuation in den meisten anderen Hamburger Clubs. Kommerzielle Fitnessanbieter und Sportspaß haben einen weit höheren Mitgliederaustausch in einem Jahr.

Neues Sportzentrum macht den ETV noch attraktiver

„Im vergangenen Jahr verzeichneten wir zudem starke Aufhol- und Nachholeffekte“, sagt Fechner. Während der Pandemie waren in Hamburg die Sporthallen mehr als neun Monate geschlossen, was überall zu zahlreichen Austritten führte, Eintritte mangels Angeboten verständlicherweise ausblieben. Das neue Sportzentrums des Vereins, das am 21. Oktober 2021 nach zweijähriger Bauzeit eröffnet wurde, leistete ebenfalls seinen Beitrag zur Konsolidierung. Mehr als 1000 Frauen und Männer, Tendenz steigend, nutzen bereits die großzügigen Räumlichkeiten am Lokstedter Steindamm.

Fitness, Gymnastik, Mutter-Kind-Turnen und Kindersport ohne Wettkampf sind mit zusammen 15.200 Mitgliedschaften die am stärksten frequentierten Abteilungen des ETV, der mehr weibliche (10.000) als männliche (8000) Vereinsangehörige hat. Im Bereich des HSB sind rund 35 Prozent der Mitglieder Frauen und Mädchen.

Eimsbütteler TV hat mittlerweile 185 Trainerinnen und Trainer

„Wir wollen weiter wachsen, streben in diesem Jahr die 20.000 an“, sagt Fechner. Besonders für die 50 Mitarbeitenden der Geschäftsstelle ist dies eine Herausforderung. Im vergangenen Jahr mussten sie 3000 Kündigungen und 6000 Aufnahmen bearbeiten. „Es war richtig, in der Krise das Personal zu behalten und weiter zu bezahlen, sonst stünden wir heute vor riesigen Problemen“, sagt Fechner.

Wegen des Mitgliederansturm erhöhte der Club die Zahl seiner Trainerinnen/Trainer und Übungsleiterinnen/-leiter im Fitness- und Kursbereich von 105 auf 185, in den übrigen Abteilungen kamen 35 neue hinzu.

Auch der Mut, ein neues Sportzentrum zu bauen, sollte sich auszahlen. „Inzwischen ist auch dort jene Entwicklung eingetreten, die wir uns bei den ersten Planungen vor sechs Jahren erhofft haben“, sagt Fechner. Corona hat auch am Lok­stedter Steindamm Spuren hinterlassen.

Corona hat die Kosten für neues Sportzentrum nach oben katapultiert

Verzögerte Bauabläufe und langwierige Mängelbeseitigungen wegen Materialengpässen ließen die Kosten von 18,7 auf 23,4 Millionen steigen. Darunter sind auch 900.000 Euro für die Beseitigung von Kriegstrümmern, die bei den ersten Bodenbohrungen nicht entdeckt wurden. Ob die Stadt einen Teil dieser Ausgaben übernimmt, ist bisher nicht geklärt.