Das Abendblatt prüfte das Gewinnlimit von 200 Euro pro Schein bei Tipico. Höhere Gewinne möglich
Hamburg. Freitagabend, 18.30 Uhr, eine Tipico-Filiale irgendwo in Hamburg. Es ist noch eine Stunde bis zum Anpfiff des Oberligaspiels SC Victoria gegen Germania Schnelsen. Die Partie steht in keinster Weise unter Verdacht. Doch im Rahmen meiner Recherchen zum Wettskandal möchte ich als Abendblatt-Mitarbeiter testen, wie viel das Tipico-Gewinnlimit pro Schein bringt. Mit einer Wette auf ein einzelnes Oberligaspiel können laut Tipico pro Schein nur 200 Euro gewonnen werden. Aber kann eine Einzelperson mit einem Oberligaspiel in einer Filiale nicht leicht viel mehr gewinnen?
Mit 40 Euro aus der Sportredaktion in der Tasche will ich das herausfinden. Die Filiale ist fast leer. Ein älterer Wetter beschwert sich, er wolle auf einem der vielen Fernseher das Spiel des VfB Lübeck sehen. Überall blinkt es. Die bunten Bildschirme zeigen minütlich die neuesten Quoten an. Meine Tipps kann ich bequem an einem sogenannten Tipico-Terminal abgeben. Ich denke an das Terminal eines Wettanbieters im Clubheim eines Amateurfußballvereins und frage mich, wie viele Terminals es in den Clubheimen in Hamburg wohl gibt. Die Anzahl seiner Filialen gibt Tipico mit circa 20 an. Mit ein paar Klicks bin ich bei der Oberliga Hamburg. Die Quote für einen Schnelsener Sieg lautet 10,0. Genau richtig für den Test.
Innerhalb von einer Minute mache ich zweimal dasselbe: Ich setze zweimal 20 Euro auf Schnelsen und erhalte für beide Tipps jeweils einen Schein, der mir – nach Abzug der Gebühren – 190,40 Euro als maximalen Auszahlungsbetrag zusichert. Macht für beide Scheine 380,80 Euro, also 340,80 Euro Gewinn. Die 200 Euro Gewinnlimit pro Schein sind durch die Abgabe zweier Scheine also schnell gesprengt. Das Aufsuchen verschiedener Filialen oder die Hilfe Dritter, die ebenfalls dasselbe tippen, ist dafür nicht einmal nötig.
Mit einem mulmigen Gefühl fahre ich zum Spiel. Sollte Schnelsen gewinnen, muss ich einen Gewinn abholen, den ich gar nicht will. Der würde immerhin – darauf haben wir uns in der Sportredaktion geeinigt – für gute Zwecke gespendet. Auffallen würde ich beim Abholen des Geldes wohl kaum: Die Wettscheine sind nicht personalisiert. Doch Favorit Victoria siegt souverän mit 3:1. Irgendwie bin ich erleichtert – und in Zukunft bei einem Wort noch wesentlich skeptischer als schon zuvor: „Gewinnlimit“.