Hamburg. Der Hamburger Titelverteidiger zieht am Rothenbaum trotz krasser Fehlentscheidung ins Viertelfinale ein. Nun wartet der Chinese Zhang.
Alexander Zverev war genervt, verzweifelt, fühlte sich betrogen – und zog am Ende eines in jeder Beziehung anstrengenden Matches vor 6000 jubelnden Zuschauern dennoch in das Viertelfinale bei den Hamburg Open ein.
Der Titelverteidiger bezwang den Franzosen Hugo Gaston am Donnerstagabend trotz einer krassen Fehlentscheidung von Schiedsrichterin Alisson Hughes mit 4:6, 6:2, 7:5. Damit fehlen dem am Knie angeschlagenen Zverev noch drei Siege zur erhofften, erfolgreichen Titelverteidigung am Rothenbaum. Sein nächster Gegner am Freitag (nicht vor 18.30 Uhr) ist der Chinese Zhizhen Zhang.
Tennis: grobe Fehlentscheidung bei Satzball gegen Zverev
Den dritten Satzball im ersten Satz von Gaston hatte Zverev mit einem Rückhand-Schmetterball bereits abgewehrt – dachte er. Der Ball hatte zweimal den Boden berührt, Hugo spielte ihn dennoch zurück. Die Schiedsrichterin übersah diesen Regelverstoß, den Fernsehbilder eindeutig belegten. Ein Videobeweis ist beim Tennis aber nicht vorgesehen.
Zverev protestierte heftig gegen diese Entscheidung, forderte Supervisor Hans-Jürgen Ochs an, diskutierte, klagte. Alles vergebens. besonders bitter war, dass sein Gegner auf Nachfrage den Fehler nicht einräumte. „Es ist eine Schande“ schimpfte der Weltranglisten-Vierte, der seinen Traum, den Vorjahrestitel zu verteidigen, in großer Gefahr sah. Er drohte sogar, nicht weiterzuspielen.
Nach der Partie hatte sich Zverev wieder beruhigt. „Menschen machen Fehler, ich spiele auch manchmal richtig schlecht“, sagte er, „ich kenne sie als sehr gute Schiedsrichterin, aber so etwas passiert halt“
Französischer Gegner brachte viele Bälle zurück
Unabhängig von diesem schlimmen Fehler der Engländerin auf dem Schiedsrichterstuhl präsentierte sich der 23 Jahre alte Franzose, der zuvor noch nie einen Top-Ten-Spieler geschlagen hatte, als der erwartet unangenehme Gegner. Der Linkshänder tat praktisch nichts für das Spiel, brachte aber auch die härtesten Angriffsschläge zurück und nervte Zverev damit lange Zeit.
Zudem fehlte es Zverev oft an der Präzision der ersten Runde. So hatte er im ersten Satz nur eine Quote von 62 Prozent beim ersten Aufschlag, am Mittwoch waren es 78 Prozent gewesen. Seine Grundschläge waren weniger präzise, sodass „Ballmaschine“ Gaston es immer wieder schaffte, den Filzball im Spiel zu halten und gelegentlich zu kontern.
Im dritten Satz musste Zverev auch gegen sein Knie kämpfen
Im zweiten Satz aber hatte er sich dann gefangen, es war, als ob er mit Wut im Bauch besser spielte. Auch im dritten Satz schaffte Zverev ein schnelles Break, konnte den Vorteil aber nicht halten. Je länger die Partie dauerte, desto müder und angeschlagener wirkte er. Das Knie forderte anscheinend seinen Tribut. Zverev kämpfte sich aber, bejubelt von 6000 Fans, durch. Nach 2:37 Stunden nutzte er seinen ersten Matchball mit einem Ass.
„Das Knie hat gehalten“, sagte der Hamburger nach dem Spiel jedoch. Er räumte jedoch ein: „Wie es reagiert, weiß man erst Stunden später oder am nächsten Morgen, ich muss einfach abwarten.“
Zhizhen Zhang (27), der aktuell als einer der spannendsten Spieler auf der ATP-Tour gilt, bezwang am Donnerstagnachmittag den Italiener Flavio Cobolli 6:1, 7:6 (7:5), wobei er insbesondere im ersten Satz komplett überzeugte.
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„Ich habe mich sehr wohl gefühlt, war aggressiv und habe mich sehr gut bewegt“, sagte der Mann aus Shanghai, „ich bin sehr glücklich darüber.“ Es war zugleich der 50. Sieg auf der ATP-Tour in seiner Karriere, ein weiterer Meilenstein und Rekord für einen chinesischen Spieler. „Das reicht mir aber nicht, es ist viel Platz für Rekorde für Chinesen“, erklärte der 1,93-Mann, „ich peile eher 100 oder 200 Siege an.“
Gegen Zverev hat er noch nicht gespielt, freut sich aber auf diese Erfahrung: „Was gibt es vor den Olympischen Spielen Besseres, als gegen den Olympiasieger zu spielen? Es ist immer gut für mich, Erfahrungen gegen Topspieler zu sammeln.“