Hamburg. Der Hamburger Titelverteidiger ließ Jesper de Jong vor 5000 Fans keine Chance, von seinen Kniebeschwerden war nichts mehr zu sehen.

Nach dem doch erstaunlich einfachen Match hatte Alexander Zverev schnell wieder seine Gedanken beim Geschäft. Im Interview nach dem Matchball auf dem Center Court am Rothenbaum sprach er nicht über seine Knieschmerzen, oder seinen Aufschlag, sondern stellte im Gespräch mit seinem Bruder Mischa den gemeinsamen Podcast „Von A bis Z“ vor, der am Mittwoch gestartet wurde. Die rund 5000 Fans waren verwundert.

In den nur 1:17 Stunden Spielzeit zuvor hatten sie den Titelverteidiger unter dem geschlossenen Dach begeistert angefeuert. Die Sorge um das angeschlagene Knie war schnell geschwunden. Der Hamburger gewann sein Erstrundenmatch bei den Hamburg Open gegen den niederländischen Qualifikanten Jesper de Jong (24) mit 6:2, 6:2 und war anschließend entsprechend zufrieden: „Ich habe mich auf dem Platz so wohl gefühlt, wie seit der Verletzung überhaupt noch nicht.“

Tennis: Bundestrainer Kohlmann mit Zverev zufrieden

Der 27-Jährige nutzte seinen zweiten Matchball, von seinen Knieproblemen, die ihn seit dem Rasenturnier in Wimbledon geplagt hatten, war in diesem Match gegen die Nummer 114 der Weltrangliste außer einer Bandage nichts zu sehen. Kurios aber war, dass er sich während der Seitenwechsel nicht hinsetzte. „Sascha hat mir sehr gut gefallen“, sagte auch Bundestrainer Michael Kohlmann, „er hat den Ball gut getroffen und sich an der Grundlinie gut bewegt.“

Dabei erzählte Zverev noch, dass er nach dem Aufstehen noch unsicher war, ob es wirklich klappt mit seinem Spiel: „Auch das Aufwärmen war nicht gut. Da war ich nicht sicher, ob ich spielen kann. Aber nach einer Behandlung ging es dann.“

Zverev erzählt von kleiner Fraktur im Knie

Sein Start war ja lange Zeit grundsätzlich fraglich, weil er in London ein schmerzhaftes Knochenödem im linken Knie erlitten hatte, am Mittwoch sprach er zudem von einer „kleinen Fraktur“. Er hatte in Hamburg seit Freitag trainiert, sein ursprünglich für Dienstag angesetztes Match musste noch um einen Tag verschoben werden.

Am Mittwoch agierte er allerdings über weite Strecken souverän auf seinem besten Belag. Seine Schläge kamen druckvoll, hatten Länge, die Winkel stimmten. Mit „Ah“ und „Oh“ begleitete das Publikum Zverevs Gewinnschläge, der den ersten Satz mit zwei Breaks zum 2:1 und 4:1 entschied.

Stark: 78 Prozent der ersten Aufschläge im Ziel

Gleicher Spielverlauf im zweiten Satz. Zwei Breaks zum 2:1 und 4:1. Die Sache war einseitig, Zverev spielte sicher, streute auch Stopps ein und hatte nie Probleme. Er schlug vier Asse und traf 78 Prozent seiner ersten Aufschläge, eine starke Quote. Es war ein guter Auftakt, die Sorgen der letzten Tage schienen unnötig.

Schon um 11.30 Uhr hatte Stadionsprecher Matthias Killing die Fans begrüßt, die den Weg schon durch die Einlasskontrolle auf die Anlage gefunden hatten: „Wir erwarten heute großes Tennis.“ Und dann wies er noch einmal darauf hin, als wäre das nötig gewesen: „Unser Titelverteidiger Alexander Zverev startet in das Turnier.“

Zverev hat die Herzen der Hamburger erobert

Walter Schröder aus Bergstedt stand da noch draußen in der langen Schlange, die von den Einlasstoren bis runter zur Rothenbaumchaussee reichte. „Na klar freue ich mich darauf, Zverev zu sehen“, sagte der Dauergast, der seit 22 Jahren regelmäßig zum Rothenbaum kommt. „Ich hoffe nur, dass er wirklich fit ist.“ Auch der zwölfjährige Paul, der selbst in Langenhorn spielt, freute sich auf „Sascha“: „Das ist cool, dass er hier ist.“

Das sahen auch die Zuschauer unter dem geschlossenen Dach im Stadion so. „Willkommen zu Hause“, begrüßte Killing beide Spieler, als sie um Punkt 14.15 Uhr aus den Katakomben den Platz betraten. An Zverevs Hand lief der zehnjährige Benno mit ein. „Ich mag ihn“, sagte der Junge und traf damit die Stimmung der meisten Hamburger. Inzwischen hat er ihr Herz offenbar wirklich erobert, dabei war es lange Zeit eine schwierige Beziehung.

Erster Rothenbaum-Start mit 16 Jahren

Vor elf Jahren hatte der damalige Turnierdirektor Michael Stich dem 16-Jährigen erstmals eine Wildcard gegeben. Es war das erste ATP-Turnier in der Karriere des Toptalents. „Das vergesse ich nie“, sagte Zverev einmal. 2014 stürmte er mit 17 Jahren am Rothenbaum ins Halbfinale. Begeisterung. Danach tauchte er jedoch nur noch viermal in dem Stadion auf, wo er schon als Kind staunend den Großen zugesehen hatte.

Den einstigen Turnierdirektor Michael Stich ließ er trotz einer festen Startvereinbarung hängen – je größer er wurde, desto unsichtbarer schien er in Hamburg. Er zog zur Vorbereitung auf die US Open ein zeitgleich stattfindendes Hartplatzturnier in Washington DC vor. Sportlich nachvollziehbar, emotional für Hamburg schwer zu ertragen.

Nächster Gegner der Franzose Hugo Gaston

Mit dem Sieg im vergangenen Jahr, dem ersten eines Deutschen seit Michel Stich 1993, hat sich das Blatt aber wieder gewendet. Zverevs Bekundungen zu seiner Heimatstadt wirken glaubwürdiger, und mit dem Wechsel des Turniers in den Mai ab 2025 steigen auch die Chancen, dass er wieder regelmäßig kommt.

Im Achtelfinale am Donnerstag um 18.30 Uhr trifft Zverev nun auf Hugo Gaston (23), die Nummer 81 der Weltrangliste. Auch das sollte eine lösbare Aufgabe sein, obwohl der Franzose mit vielen Stopps und Tempowechsel agiert. „Wenn ich mein Tempo spielen kann, wird er keine Stopps spielen können“, sagte Zverev. Dass das Knie über Nacht Probleme macht, glaubt er nicht: „Ich gehe jetzt davon aus, dass ich spielen kann.“

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Er ist dann der letzte von sechs gestarteten Deutschen im Feld. Der Nürnberger Maximilian Marterer (29) scheiterte im Achtelfinale am Argentinier Francesco Cherundolo mit 0:6, 2:6. Sein Trostpreis: Er darf als Nachrücker zu den Olympischen Spielen in Paris fahren.