Hamburg. Gegen Rhein Fire setzt es für das Hamburger American-Football-Team eine 23:61-Klatsche. McClam war schon vor Kick-off krankenhausreif.
Das erste Viertel war am Sonntagnachmittag noch nicht mal beendet, als man bei den Hamburg Sea Devils bereits nicht mehr wusste, wen man als erstes tröstend in den Arm nehmen musste. Da war der US-amerikanische Wide Receiver Jarvis McClam, der sich beim Einlaufen die Achillessehne gerissen hatte und nun wie ein Häufchen Elend mit Krücken und dickem Verband zurück ins Innere des Volksparkstadions humpelte.
Und dann waren da ja auch noch die anderen Spieler des Hamburger American-Football-Teams, die beim Zwischenstand von 0:27 noch drei Viertel vor sich hatten. Am Ende war das Heimspiel gegen den amtierenden ELF-Champion Rhein Fire eine große Demütigung für die Sea Devils, der Endstand von 23:61 (0:27, 16:20, 0:14, 7:0) fast noch schmeichelhaft.
American Football: Hamburg Sea Devils erleben peinliche Heimpleite
Viel hatten sich die Seeteufel, die in dieser Saison wegen fehlender Stadionalternativen alle anderen Heimspiele außerhalb Hamburgs austragen müssen, für den einzigen Auftritt im Volksparkstadion vorgenommen. 25.366 lautete die (wohl etwas aufgehübschte) Zuschauerzahl, viele von ihnen hatten schon Stunden vor dem Kick-off bei der sogenannten Power Party auf dem Stadionvorplatz gefeiert.
Etwas zu euphorisiert von der Atmosphäre war offenbar US-Profi McClam, der bei der Einlaufshow inmitten eines Cheerleader-Spaliers einen Flic Flac auspackte und mit dem rechten Fuß bei der Landung unglücklich wegknickte. Schnell merkte der 29-Jährige, dass er nicht mehr auftreten konnte, gestützt von seinen Mitspielern ging es erst in die Katakomben, später mit Verdacht auf Achillessehnenriss ins Krankenhaus. Dort bestätigte sich die Horrordiagnose, erst im kommenden Jahr dürfte der Passempfänger zurückkehren.
Glen Toonga dominierte das erste Viertel
Nach diesem maximal unglücklichen Start wurde es auch dem Feld gleich richtig bitter. Mit dem ersten Spielzug des Spiels fand Rhein-Fire-Runningback Glen Toonga eine Lücke, lief 75 Yards zum ersten Touchdown. In der Saison 2022 war Toonga noch für die Hamburger aktiv, ehe er wegen Kokainkonsums durch einen Dopingtest rauschte und zur Spielzeit 2023 nach Düsseldorf wechselte.
Am Sonntagnachmittag zeigte der Brite der Hamburger Defense gnadenlos die Grenzen auf, legte noch im ersten Viertel zwei weitere Touchdowns nach. Schon früh lautete die einzige offene Frage nur noch, ob es für die Sea Devils ein peinlicher oder sehr peinlicher Tag werden würde.
Sea-Devils-Quarterback Fulford überzeugte
Wenn man von der wirklich passablen Offensivleistung absah – der neuverpflichtete Quarterback D‘Angelo Fulford warf sehenswerte Touchdownpässe auf Klaas Sengstacke, Leon Kusterer und Levi Kruse - entschieden sich die Defensivspieler der Sea Devils für die sehr peinliche Variante. Bei den Düsseldorfer Gästen war es in Quarterback Jadrian Clark ein weiterer Ex-Seeteufel, der die Hamburger Abwehr nach allen Regeln der Football-Kunst auseinandernahm, bis zu seiner Auswechslung sechs Touchdownpässe warf.
„Die Stimmung ist großartig, American Football und Volksparkstadion gehören zusammen. Wir hoffen, dass in der zweiten Halbzeit sportlich noch etwas geht“, versuchte es Sportsenator Andy Grote (SPD) in der Pause mit Zweckoptimismus. Doch auch nachdem Rhein Fire begann, etliche Leistungsträger zu schonen, waren die eingewechselten Receiver Leon Höltker und Maximilian Siemssen immer noch gut genug für weitere Tochdowns. Zu allem Überfluss verletzte sich dann auch noch Sea-Devils-Kicker Eric Schlomm am rechten Oberschenkel.
Deutliche Leistungsunterschiede innerhalb der ELF
Somit blieb man auch am Ende dieses ELF-Wochenendes mit mehr Fragen als Antworten zurück. ELF-Commissioner Patrick Esume hatte bei Ligagründung stets betont, dass man eine größere „competitive balance“ als die vom deutschen Verband organisierte German Football League (GFL) bieten wolle, wo wenige Teams den Titel unter sich ausmachen und hohe Klatschen für kleinere Standorte vielmehr Regel als Ausnahme sind.
Tatsächlich sind auch die Unterschiede zwischen den einzelnen ELF-Standorten anscheindend kaum einzudämmen, Teams wie Rhein Fire oder die Vienna Vikings sind wirtschaftlich und sportlich enteilt. Dies führte in dieser Saison bereits zu einigen heftigen Klatschen, Wien besiegte beispielsweise die Prag Lions mit 42:3, Stuttgart Surge die Helvetic Mercenaries mit 50:7, Berlin Thunder die Fehervar Enthroners mit 47:0 – um nur ein paar Beispiele der Zwei- oder Dreiklassengesellschaft zu nennen.
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Die Barcelona Dragons, bei denen vor wenigen Tagen nach internem Chaos (fehlende Gehälter, Arbeits-Visa und Versicherungen) auf einen Schlag 27 Spieler gingen, 21 neue kamen und der Coaching-Staff komplett neu aufgestellt wurde, traten am Sonnabend zwar gegen die Madrid Bravos an, waren beim 0:54 aber nicht ansatzweise konkurrenzfähig.
Schon in der Vorwoche hatte es gegen die Munich Ravens 0:54 gestanden – allerdings bereits zur Halbzeit, was in einem Spielabbruch der Dragons mündete. Und als wäre das nicht schon genug, lieferte sich am Wochenende auch noch die Schweizer Franchise mit ihrem Ex-Headcoach Val Gunn eine öffentliche Schlammschlacht via Social Media. Es ist kein gutes Bild, das die ELF derzeit abgibt.