Hamburg. Hamburger Football-Team war monatelang ohne Führung, viele Stammspieler haben die Stadt verlassen. Schwere Aufgabe für Sportchef Boock.
Die Liste der Abgänge wird jeden Tag ein bisschen länger. Am Donnerstag gab Frankfurt Galaxy die Verpflichtungen von Quarterback Moritz Maack und Widereceiver Benjamin Mau bekannt, es waren die Stammspieler Nummer 14 und 15, die die Hamburg Sea Devils zur neuen Saison der European League of Football (ELF) an ein anderes Team verlieren. Weitere dürften in den kommenden Tagen folgen.
„Es war im Herbst sehr ruhig um die Sea Devils. Die Position des Generalmanagers war noch nicht besetzt, auch der neue Headcoach war noch nicht bekannt. Da muss man ganz ehrlich sagen, dass wir in dieser wichtigen Phase für Spielerverpflichtungen ein paar Wochen gegenüber anderen Teams verloren haben. Seit ich mit Coach Johnson zusammenarbeite, bin ich sehr zuversichtlich – es geht in die richtige Richtung“, sagt Miguel Boock, der am 10. November als neuer Sportchef vorgestellt wurde.
Hamburg Sea Devils: Boock konnte erst spät in die Gespräche einsteigen
Die Aufgabe für den 31-Jährigen, der bis zum Sommer 2022 selbst für die Sea Devils auf dem Feld stand, ist angesichts der fortgeschrittenen Zeit in der Offseason äußerst undankbar. Der neue Headcoach Matthew Johnson wurde nur einen Tag vor ihm vorgestellt, Generalmanager Mark Weitz ist sogar erst seit dem 14. Dezember bekannt. Mittlerweile wird immer deutlicher, dass der führungslose Herbst Gift für die Kaderplanung war des Hamburger Footballteams war. Als Boock mit vielen Stammspielern der vergangenen Saison sprechen wollte, war es schon zu spät.
„Teilweise standen Spieler bereits bei anderen Teams im Wort. Andere Spieler haben sich auch nach einer neuen Herausforderung oder dem Leben in einer anderen Stadt gesehnt“, sagt er. Vier US-amerikanische und sechs europäische Importprofis sind in der ELF pro Saison erlaubt, der Rest des Kaders muss aus einheimischen Spielern bestehen. Diese Vorgabe war für die Sea Devils in den vergangenen Jahren immer ein großer Trumpf – und bedroht nun die Wettbewerbsfähigkeit in der neuen Saison.
Insbesondere in der Defense gibt es viele Abgänge
Abgesehen von Maack und Mau haben auch die Offensive Linemen Gerrit Brandt (Munich Ravens) und Robin Fensch (Madrid Bravos) sowie Widereceiver Jean-Claude Madin Cerezo (Madrid Bravos) und Quarterback Salieu Ceesay (Lübeck Cougars, GFL 2) die Hamburger verlassen. Adäquater Ersatz ist in Deutschland nicht einfach zu finden. Noch dramatischer ist die Lage in der Defense. Dort hat in Berend Grube (Tirol Raiders), Robert Lachmann (Tirol Raiders), Evans Yeboah (Munich Ravens), Simeon Okonta-Wariso (Stuttgart Surge) und Jan-Phillip Bombek (Vienna Vikings) praktisch die gesamte Defensive Line der vergangenen Saison neue Teams gefunden. Auch der französische Safety Kevin Fortes (Munich Ravens) ist abgewandert.
„Natürlich sind die Abgänge von Spielern wie Berend Grube, Robin Fensch oder Evans Yeboah Verluste für uns. Trotzdem ist es gleichzeitig auch eine Auszeichnung für die Sea Devils, dass sich andere Teams für unsere Spieler interessieren“, sagt Boock. „Wir arbeiten daran, die Abgänge bestmöglich aufzufangen. Gleichzeitig müssen aber auch jüngere Spieler jetzt den nächsten Entwicklungsschritt machen und die Positionen auffüllen. Da sind wir sehr zuversichtlich.“
Drei neue US-Importspieler sind bereits verkündet
Bereits klar war, dass die vier US-Importspieler der vergangenen Saison – Widereceiver Malik Stanley, Quarterback Preston Haire, Cornerback Deion Harris und Linebacker Maurice Wright – keine neuen Verträge erhalten werden. Abgesehen von einem US-Defensivakteur stehen in Quarterback Javarian Smith (zuletzt Allgäu Comets, GFL), Widereceiver Jarvis McClam (Tirol Raiders) sowie Safety Caleb Mills (New Mexico State College) bereits alle neuen US-Imports fest. Deutlich herausfordernder ist jedoch Boocks Aufgabe, adäquaten Ersatz für die abgewanderten deutschen Stammspieler zu finden.
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„Mein Handy muss ständig geladen werden, weil ich sehr viel telefoniere. Mit Coach Johnson rede ich mittlerweile häufiger als mit meiner Frau“, sagt der Sportchef und lacht. Überraschend ist das nicht – die Sea Devils dürfen sich schließlich nicht erlauben, noch mehr Zeit zu verlieren.