Hamburg. Nach einem verletzungsreichen Jahr will Kasim Edebali für die Hamburg Sea Devils voll angreifen.

Für Kasim Edebali begann das Duell mit Berlin Thunder am frühen Dienstagmorgen im privaten Kraftraum von Björn Werner. Der Defensive End der Hamburg Sea Devils war für ein paar Tage bei seinem Freund in der Hauptstadt zu Gast. „Es gibt immer ein bisschen Trashtalk zwischen uns“, erzählt Edebali, der bereits als Nachwuchsspieler der Hamburg Huskies auf den ein Jahr jüngeren Werner im Trikot der Berlin Adler getroffen war. Über das College schafften es beide später in die American-Football-Eliteliga NFL, wo deutsche Profis vor zehn Jahren an einer Hand abzuzählen waren.

Das alles: Vergangenheit. Werner ist mittlerweile vom Feld an den Schreibtisch gewechselt, leitet die Berlin Thunder als Miteigentümer und Sportdirektor. Edebali hingegen will nach einem verletzungsgeprägten ersten Jahr den Fans der Sea Devils auf dem Feld „noch mal eine richtige Show“ bieten, wie er sagt. Erste Gelegenheit dazu bietet das Berliner Gastspiel im Stadion Hoheluft am Sonntag (15 Uhr), das zugleich die zweite Saison in der European League of Football (ELF) einläutet.

Kasim Edebali hat viel vor mit den Sea Devils

„Meine Einstellung ist: jetzt aber richtig“, sagt Edebali. „Letztes Jahr hatte ich nach ein paar Spielen Corona, nach meiner Rückkehr kam dann direkt die Bänderverletzung und ich habe erst wieder im Finale gespielt. Ich wollte jetzt noch einmal mit einem Knall rausgehen.“ Anders als im vergangenen Jahr stieß die in Arizona lebende, selbst ernannte „Vollmaschine“ erst zwei Wochen vor Saisonstart zum Team, um in den USA eine zehnwöchige Vorbereitung auf NFL-Niveau zu absolvieren. „Ich wollte noch mal richtig bereit sein“, sagt der 32-Jährige, der täglich bei „Exos“, einem Hochglanz-Trainingskomplex in Arizona trainierte. Neben Edebali bereiteten sich in den vergangenen Wochen dort auch zahlreiche NFL-Topstars wie Super-Bowl-Gewinner Odell Beckham Jr. (29) auf die Saison vor.

„Ich habe gemerkt, dass meine Trainingsintensität auf ein anderes Level gekommen ist. Es ist ein Unterschied, ob ich alleine in meiner Garage oder mit diesen Profis trainiere“, sagt Edebali. „Der ehrgeizige Sportler in mir will noch einmal richtig Football spielen“, sagt der 1,88 Meter und 116 Kilogramm schwere Athlet, der bis 2019 bei neun verschiedenen NFL-Teams unter Vertrag stand. „Ich fühle mich besser als je zuvor.“ Während er in der ELF-Premierensaison neben seinem Spielerstatus auch eine wichtige mediale Rolle einnahm – neben diversen PR-Terminen drehte der gebürtige Osdorfer unter anderem die Serie „Foodballs“ – will er nun vor allem sportlichen Wert verkörpern. Um wieder explosiver zu sein, nahm Edebali, der eigentlich nur aus guter Laune und Muskelmasse besteht, sogar ein paar Kilo ab. Ein klares Zeichen: Der Fitnessfreak meint es diesmal ernst.

Wie ernst die Sea Devils als Vorjahresfinalist wieder um den Titel mitreden können, bleibt derweil abzuwarten. Mit Charles „Yogi“ Jones gibt es einen neuen Headcoach, mit Salieu Ceesay einen neuen Quarterback. „Die Energie und der Kern sind da. Es ist ein anderes Team und eine andere Zeit als vergangenes Jahr. Wenn der erste Ball am Sonntag gespielt ist, wird man sehen, ob wir bei 100 Prozent sind. Das ist der Moment der Wahrheit“, sagt Jones. Neben Ceesay wird auch der Rest der Offense in weiten Teilen personell nicht wiedererkennen zu sein. Mit den US-Receivern Lamar Jordan (27) und Jean Constant (25) gibt es zwei potente Passempfänger. Mit Tight End Adria Botello Moreno (25/Spanien), der zu Ligakonkurrent Vienna Vikings abgewandert ist, und Runningback Xavier Johnson (28/USA)) haben die Sea Devils jedoch auch zwei gefährliche Waffen im Angriffsspiel verloren. Und: „In unserer Offensive Line fehlt die Kadertiefe“, räumte Edebali selbst im Podcast „Euroballers“ ein.

Hamburg Sea Devils mit starker Defense

Die Defense, bereits im vergangenen Jahr Prunkstück des Teams, dürfte in dieser Saison weiter zu den besten der Liga zählen. „Ich glaube, unsere Defense ist noch besser als letztes Jahr. Alles ist ein Level höher“, sagt Edebali, der insbesondere von seinen Mitspielern Evans Yeboah (29/Ghana) und Tim Hänni (26/Schweiz) schwärmt. „Ich bin schon relativ stark, drücke auf der Schrägbank 120 Kilo. Evans macht einfach 150 und isst mich zum Frühstück“, sagt er und lacht. „Und Tim ist einer der besten technischen, aggressivsten und explosivsten Spieler, die ich je in Deutschland gesehen habe.“

Während für Headcoach Jones die „Meisterschaft das einzige Ziel“ ist, sehen sich die Sea Devils in dieser Saison auch mehr Konkurrenz gegenüber. Mit den neu dazugestoßenen österreichischen Topteams Vienna Vikings und Tirol Raiders sowie Rhein Fire und den Istanbul Rams wurde die ELF auf zwölf Teams aufgestockt. Aus drei Divisionen mit jeweils vier Teams qualifiziert sich nur der erste sowie der beste Zweite aller Divisionen für die Play-off-Halbfinalspiele. Die Sea Devils treffen in der Northern Division neben Berlin auf die Leipzig Kings und die Wroclaw Panthers (Polen).

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„Die Konkurrenz ist stärker geworden, wir aber auch“, sagt Max Paatz, Generalmanager der Sea Devils. „Ich hoffe, dass wir nach dem verpassten Aufstieg des HSV die erste Mannschaft sind, die mal wieder auf den Rathausbalkon darf.“ Für den Saisonauftakt im 8500 Zuschauer fassenden Stadion Hoheluft waren am Dienstag 3600 Tickets verkauft. „Ich gehe davon aus, dass wir 4500 Zuschauer knacken können. 5000 Zuschauer wären gigantisch, wenn man überlegt, was für eine Stimmung im vergangenen Jahr im Stadion war, als wir nur 2000 Leute drin haben durften“, sagt Paatz. Abgesehen von einem veränderten Catering-Konzept, neu geschaffenen Sitzplätzen im Block E sowie einer früheren Stadionöffnung bleibt der Ablauf der Spieltage gleich. Ein Heimspiel im Millerntor- oder Volksparkstadion haben die Sea Devils für diese Saison verworfen.

Für Kasim Edebali spielt die Heimspielstätte nur eine Nebenrolle. Der Defensivstar möchte am Sonntag vor allem beweisen, dass er noch richtig gut Football spielen kann. Wer das private Duell auf Björn Werners Langhantelbank am Dienstag für sich entschied, verriet Edebali übrigens nicht. Eine Kampfansage an seinen Kumpel ließ er sich dennoch nicht nehmen: „Es wird Spaß machen, wenn ich Björn noch mal zeige, wo der Hammer hängt.“