Hamburg. Der Hamburger hat sich in den vergangenen Monaten viele Gedanken um seine Zukunft gemacht. Nun hat er gleich zwei Entschlüsse gefasst.
Wer ihm in den sozialen Netzwerken folgt, seine Videos schaut oder seine Podcasts hört, der weiß, dass Kasim Edebali für jede Art von Spaß zu haben ist. Deshalb ließ sich der Mann, den seine Fans „Vollmaschine“ getauft haben, für das Bild, das seine Rückkehr zu den Hamburg Sea Devils dokumentiert, etwas Besonderes einfallen. Wobei für den Defensivkünstler ein einarmiger Handstand zum normalen Repertoire gehört. Der Spaß jedenfalls, das machte der 32-Jährige deutlich, darf keinesfalls zu kurz kommen, wenn er am 5. Juni mit den Seeteufeln zum Auftakt der zweiten Saison in der Football-Europaliga ELF das Team von Berlin Thunder empfängt.
Dennoch ist die Rückkehr nach Deutschland sein voller Ernst. „Ich habe hier noch etwas zu erledigen. Wir wollen den letzten Schritt gehen, der uns im vergangenen Jahr versagt geblieben ist. Ich will alles tun, um unser Team zum Titel zu führen“, sagte der in Osdorf aufgewachsene Topstar bei der Bekanntgabe seiner Vertragsverlängerung. Zwar habe er nach der vergangenen Serie ans Aufhören gedacht, dies aber ebenso verworfen wie einen Wechsel nach Berlin, wo sein bester Kumpel Björn Werner als Sportdirektor fungiert. „Er hat immer gesagt, ich solle doch mal vorbeikommen. Aber ich bin Hamburger und habe kein Interesse, in 030 herumzulaufen. Für mich wird es immer 040 bleiben!“
Topstar Edebali laut Trainer "Premiumspieler der gesamten Liga"
Der neue Cheftrainer Charles Jones zeigte sich über die Einigung mit dem Führungsspieler sehr glücklich: „Für mich ist er der Premiumspieler der gesamten Liga. Jeder Gegner muss sein Spielsystem nach ihm richten. Wird Kasim nicht geblockt, kann er ein ganzes Spiel allein übernehmen. Ihn im Team zu haben, das ist für uns unglaublich wichtig“, sagte der 61 Jahre alte US-Amerikaner. Geschäftsführer Max Paatz, der seit Monaten mit Edebali in Kontakt gestanden und den Deal in den vergangenen Tagen finalisiert hatte, sagte: „Kasim ist heiß darauf, mit uns die Mission Titeljagd zu beenden. Er wird uns sportlich und emotional enorm weiterhelfen.“
Zweiteres steht außer Frage. Mit seiner Erfahrung kann Kasim Edebali, der sich als 18-Jähriger von den Hamburg Huskies in die USA aufmachte und über die Kimball Union Highschool und das Boston College in die US-Eliteliga NFL kam, wo er zwischen 2014 und 2019 bei sieben verschiedenen Teams unter Vertrag stand, die Mannschaft anführen. Seine Qualitäten als Führungsspieler wies er bereits in der vergangenen Saison nach, als er sich während seiner Ausfallzeiten intensiv ins Coaching einbrachte.
Welche Rolle der als Outside Linebacker und Defensive End einsetzbare Modellathlet (1,89 Meter, 107 Kilogramm) sportlich noch übernehmen kann, bleibt indes abzuwarten. Im vergangenen Jahr musste er nach den ersten beiden Hauptrundenspielen wegen einer Corona-Infektion mehrere Wochen pausieren. Bei seinem Comeback riss er sich ein Außenband im Knöchel und erlitt zudem einen Anriss des Syndesmosebandes, so dass er erst im Finale Ende September, das die Hamburger mit 30:32 gegen die Frankfurt Galaxy verloren, wieder einsatzfähig war.
Mitte Mai zieht Edebali mit seiner Familie nach Hamburg
Der Fuß ist längst wieder hergestellt, aktuell laboriert Edebali allerdings an Bandscheibenproblemen, die er mittels eines intensiven Rehatrainings aber in den Griff zu bekommen gedenkt. „Ich bin derzeit nicht bei 100 Prozent, aber am ersten Gameday werde ich es sein“, versprach er am Donnerstag. Seine Vorbereitung wird der Sohn einer Deutschtürkin und eines US-Soldaten, der in dieser Woche und noch bis kommenden Dienstag wegen mehrerer PR-Projekte in Hamburg ist, in seiner Heimat Phoenix durchziehen. „Dort kann ich auf NFL-Niveau arbeiten, was in der jetzigen Phase am meisten Sinn ergibt“, sagte er.
Mitte Mai wird er in Begleitung seiner Ehefrau Steffanie und den Töchtern Sarai und Yara nach Hamburg ziehen und zum Team stoßen, das von Mitte April an gemeinsam trainieren wird. Am 14. Mai ist ein gemeinsames Camp inklusive Trainingsspiel mit Berlin Thunder geplant.
Edebali will sich in dieser Saison vorrangig auf den Sport konzentrieren
Nachdem er in der vergangenen Saison als Gesicht der Sea Devils diverse Zusatzprojekte gestemmt hatte – unter anderem die aufwendig produzierte Comedyserie „Food Balls“ –, will sich Kasim Edebali in dieser Saison vorrangig auf den Sport konzentrieren. „Mein Fokus wird diesmal darauf liegen, dem Team auf dem Platz zum Erfolg zu verhelfen“, sagte er.
Dies sei ihm auch persönlich ein Anliegen, da die Saison 2022 aller Voraussicht nach seine letzte als aktiver Spieler sein wird. „Man hat zwar gerade bei Tom Brady wieder gesehen, wie schwer wir Footballprofis uns mit dem Aufhören tun. Aber ich bin keine 18 mehr, ich spüre den Verschleiß in meinem Körper und denke, dass ich nach dieser Saison Schluss mache. Und das natürlich am liebsten mit dem Titel.“
Wer den gebürtigen Hamburger also noch einmal auf dem Feld erleben möchte, sollte sich im Ticketverkauf sputen. Für das Auftaktmatch gegen Berlin sind bereits rund 1500 Karten verkauft. Eine gute Nachricht konnte Geschäftsführer Paatz hinsichtlich der Auslastung des Stadions Hoheluft verkünden, das auch 2022 als Heimspielstätte dient. Nachdem die Corona-Beschränkungen in der vergangenen Saison nicht mehr als 1000 Besucher zuließen, können dieses Jahr alle rund 7500 Plätze besetzt werden. Gespräche, für ein Spiel ins Volkspark- oder Millerntorstadion auszuweichen, laufen. „Doch nur wenn einer der beiden Hamburger Fußball-Zweitligisten aufsteigt, könnte es dafür zeitlich eine Chance geben“, so Paatz. Karten für die Heimspiele gibt es im Internet.