Essen. Die Gruppe D bietet Raum für Spektakel. Frankreich ist Favorit, Konkurrenz will die Niederlande und Österreich machen. Polen braucht etwas Glück.

Neben der Gruppe B können Fußball-Fans auch gespannt ein Auge auf diese werfen. Frankreich reist nicht nur als WM-Finalist von 2022, sondern auch als Favorit an. Die Niederlande will ihnen das Leben so schwer wie möglich machen, um vielleicht selbst die Vorrunde auf Platz eins zu beenden. Dabei sollten sie sich nicht zu sicher sein. Denn warum diese Gruppe enorm spannend werden könnte? In diesem Jahr sollte man auch Österreich auf dem Zettel haben, das alles daran setzten wird, den Favoriten ein Beinchen zu stellen. Die Polen komplettieren die Gruppe und hoffen wohl auf das Quäntchen Glück.

Frankreich: Giroud verabschiedet sich aus Starensemble

Die Franzosen sind seit Jahren Dauerfavorit auf den Titel. Eigentlich auf jeden Titel, den sie gewinnen können. Die Breite der Qualität, die Kombination aus Erfahrung und jungen Talenten lässt die Fans mit einem Blick auf den Kader ins Schwärmen geraten. Dass Paul Pogba durch eine vierjährige Dopingsperre nicht zur Verfügung steht, fällt in dem Starensemble fast gar nicht auf.

Ob es Theo Hernández (AC Milan) auf der Linksverteidiger Position ist, oder Warren Zaïre-Emery (Paris) der zum Shootingstar werden könnte, oder Antoine Griezmann (Atlético de Madrid) oder der, der für jeden Verteidiger ein Albtraum ist. Pfeilschnell und brandgefährlich, Kylian Mbappé. Der 25-Jährige ist nun zu Real Madrid gewechselt und ist der gefragte Mann im Weltfußball.

Olivier Giroud versucht im Testspiel gegen Kanada den Ball Volley zu nehmen.
Olivier Giroud versucht im Testspiel gegen Kanada den Ball Volley zu nehmen. © AFP | Franck Fife

Trotz der vielen Stars und Talente, die Frankreich im Angebot hat, setzt Nationaltrainer Didier Deschamps weiterhin auf Olivier Giroud. Der mittlerweile 37-Jährige wird seine letzten Spiele im Trikot der Nationalspieler absolvieren und dann seine Karriere in der MLS ausklingen lassen. Seine Leistungen sprechen für sich. Er verlässt die Mannschaft als geschätzter Rekordtorschütze Frankreichs. „Ich habe großen Respekt vor ihm und dem, was er geleistet hat“, adelt in Griezmann.

Dauerfavorit, aber EM-Titel verpasst

Ständig ein Anwärter auf den Titel zu sein, bedeutet aber nicht, dass man automatisch auch reihenweise Trophäen abstaubt. 2018 hat das Team um den aufblühenden Mbappé den Weltmeisterpokal in den Händen gehalten, daneben hat es aber auch einige Enttäuschungen gegeben.

2016 hat man bei der EM im eigenen Land das Finale gegen Portugal in der Verlängerung vergeigt. 2021 hat Yann Sommer mit seiner Parade gegen Kylian Mbappé im Elfmeterschießen für das Achtelfinal-Aus gesorgt und 2022 ist die „Équipe Tricolore“ nach 120 Minuten im Finale gegen Argentinien in Person von Kingsley Coman und Aurelien Tchouameni vom Punkt gescheitert. Es scheint so, als wäre das Team von Deschamps zumindest im Elfmeterschießen schlagbar.

Niederlande: Koeman weiß, wie man in Deutschland gewinnt

Immer wieder treten die Niederlande mit einer vielversprechenden Mannschaft an, für den ganz großen Coup hat es aber schon lange nicht mehr gereicht. Zwar war man mit Ausnahme von 2016 Stammgast bei den EM-Endrunden, für den Titel hat es allerdings nur 1988 gereicht. Damals ausgerechnet in Deutschland. Neben den damaligen Stars Ruud Gullit, Frank Rijkaard und Torschützenkönig Marco van Basten ist auch Ronald Koeman für Oranje aufgelaufen.

Dieses Jahr will er die Geschichte als Trainer wiederholen. Damals ist Koeman aufgefallen, da er sich nach dem Halbfinal-Sieg über den Gastgeber mit dem Trikot des deutschen Spielers Olaf Thon symbolisch das Gesäß abwischte.

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Einige Bundesliga-Stars und Verletzungssorgen

Um endlich wieder nach einem Titel zu greifen, will die Elftal mit viel Bundesligaerfahrung die Bühne erobern. Angefangen bei Matthijs de Ligt, der sich anfangs in dieser Saison noch mit einer Reservistenrolle zufriedengeben musste und gleichzeitig mit Verletzungen zu kämpfen hatte, dann aber mit überzeugenden Leistungen seine Konkurrenz auf die Bank verdrängt hat. Der Shootingstar der Mannschaft ist zwar bei Paris Saint-Germain unter Vertrag, hat in der vergangenen Bundesliga-Saison durch seine Leihe aber die Zuschauer von RB Leipzig verzaubert.

BVB: Ian Maatsen und Donyell Malen stehen im Kader der Niederlande
BVB: Ian Maatsen und Donyell Malen stehen im Kader der Niederlande © Getty Images | Alex Pantling

Mit breiter Brust reist der frisch gekrönte Doublesieger Jeremie Frimpong an, der ursprünglich als Rechtsverteidiger in Xavi Alonsos Fünferkette agiert hat, im Laufe der Saison aber eine offensivere Rolle übernommen hat. Dazu sind die Dortmunder Ian Maatsen und Donyell Malen im Aufgebot der Elftal, sowie der an Hoffenheim ausgeliehene Stürmer Wout Weghorst.

Einer der Stars des Teams wäre eigentlich für die Organisation im Mittelfeld zuständig. In der Saison haben Frenkie de Jong Verletzungen geplagt, die ihn zurückwarfen, nun wurde bekannt gegeben, dass seine Fußverletzung eine Teilnahme an der EM unmöglich macht. „Es ist sehr schade. Wir wissen, dass er beim Klub nicht fit war. Barcelona ist das Risiko bei Frenkie eingegangen“, kritisiert Koeman seinen Ex-Klub scharf. Mit Teun Koopmeiners verpasst ein weiterer Akteur, der sich im Mittelfeld wiederfindet, das Turnier. Im Testspiel gegen Island hat sich der Europa-League-Sieger von Atalanta Bergamo eine muskuläre Verletzung zugezogen.

Österreich: Mit Rangnick und Alaba als Coach

Die österreichische Nationalmannschaft hat sich erstmals 2008 für eine Europameisterschaft qualifiziert, es folgten zwei weitere. Bei der vergangenen EM 2021 ist mit dem Einzug in das Achtelfinale der größte Erfolg gelungen, in diesem hat sich die damals von Franco Foda trainierte Truppe zwar geschlagen geben müssen, allerdings erst im Achtelfinale gegen den späteren Sieger Italien.

Der ÖFB hat allerdings die Teilnahme für die Weltmeisterschaft im Folgejahr verpasst, Foda ist zurückgetreten und Ralf Rangnick hat Ende Mai 2022 übernommen. Seither wirkt das Team wieder frisch. Mit nur einem Punkt hinter Gruppensieger Belgien hat sich die EM-Qualifikation als ungefährdet herausgestellt. Das Rangnick-Team wäre in einer anderen Gruppe wohl ein Achtelfinal-Kandidat, mit Frankreich und den Niederlanden als Gegner der Vorrunde ist die Schwierigkeit der Aufgabe enorm gewachsen.

„Ich bin so überzeugt von David als Kapitän und als Mensch, dass ich gar nicht schauen muss, was er macht. Er macht die Dinge intuitiv richtig“, lobt Rangnick seinen verletzten Kapitän David Alaba. Im Trikot von Real Madrid hat sich der Star des Teams Mitte Dezember einen Kreuzbandriss zugezogen und wird als Bindeglied fungieren. Denn trotz seiner Abwesenheit auf dem Feld kann er an der Seitenlinie und in der Kabine zu einem wichtigen Puzzlestück werden. Mit dem Stürmer des italienischen Meisters Marko Arnautović hat Österreich dennoch eine große Persönlichkeit im Kader.

Der verletzte David Alaba wird als Bindeglied fungieren, Marko Arnautović geht als Spieler voran.
Der verletzte David Alaba wird als Bindeglied fungieren, Marko Arnautović geht als Spieler voran. © dpa | Robert Ghement

Ansammlung von Bundesligastars

Mit gleich 13 Spielern aus der Bundesliga ist Österreich die Reise zur EM in Deutschland angetreten. Darunter Marcel Sabitzer, der nicht nur mit Borussia Dortmund ins Champions-League-Finale eingezogen, sondern im selbigen Wettbewerb mit Jude Bellingham bester Vorlagengeber ist.

Auch der im Königsklassen-Halbfinale gegen Real Madrid auffällige und zweikampfstarke Konrad Laimer wird das Team bereichern. Michael Gregoritsch vom SC Freiburg soll für Chaos im gegnerischen Sechzehner sorgen. Mittelfeld-Abräumer Xaver Schlager von RB Leipzig wird wie Alaba mit einem Kreuzbandriss ausfallen.

Polen: Über Umwege qualifiziert

Die polnische Nationalmannschaft konnte sich lange Jahre gar nicht erst für eine EM-Endrunde qualifizieren, seit 2008 sind sie aber Dauergast. Für mehr als drei Spiele hat es aber selten gereicht. Dreimal mussten sie ihre Koffer bereits nach der Vorrunde packen, 2016 sind sie im Viertelfinale gegen Portugal im Elfmeterschießen ausgeschieden.

Die EM-Teilnahme in diesem Jahr war alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Neben den aufblühenden Albanern sowie den Tschechen hat es nur für Platz drei gereicht. Das Team von Michał Probierz hat sich dann aber in den Play-offs durchgesetzt, um ihre fünfte EM-Teilnahme in Folge zu wahren.

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Im Gegensatz zu der Qualifikations-Gruppe, in der sie letztendlich nur mit Hängen und Würgen weiterkamen, stehen die Polen nun vor einer echten Mammutaufgabe. Die Begegnungen gegen Frankreich, die Niederlande und Österreich lassen den Fans wenig Raum für Hoffnung auf ein Weiterkommen.

Trotz Verletzungspech: Kader bietet mehr als nur Lewandowski

Kurz vor der EM mussten die Polen gleich zwei bittere Pillen schlucken: Im Türkei-Test musste der große Star Robert Lewandowski noch in der ersten Hälfte ausgewechselt werden – die Diagnose: Muskelfaserriss am hinteren Oberschenkel. Die Polen werden nichts unversucht lassen um, damit der Top-Stürmer im zweiten Spiel auf dem Feld stehen kann, gegen die Niederlande ist ein Einsatz ausgeschlossen.

Robert Lewandowski muss im Testspiel gegen der Türkei noch in der ersten Hälfte verletzt ausgewechselt werden.
Robert Lewandowski muss im Testspiel gegen der Türkei noch in der ersten Hälfte verletzt ausgewechselt werden. © firo Sportphoto/dppi | Piotr Matusewicz

Im letzten Gruppenspiel wird es für die Nummer neun, falls wieder genesen, emotional. Gegen Frankreich wird er im Stadion seiner alten Liebe spielen, das der Dortmunder. Im Testspiel gegen die Ukraine ist der EM-Traum von seinem Sturmpartner Arkadiusz Milik geplatzt, seine Knieverletzung ist zu schwerwiegend.

In der Monstergruppe braucht es gegen die Offensive-Fähigkeiten der Gegner eine stabile Abwehr, gefestigt durch einen sicheren Torwart. Und den haben sie: Wojciech Szczęsny steht seit einigen Jahren in der Nationalmannschaft sowie bei Italiens Rekordmeister Juventus Turin zwischen den Pfosten. Mit Piotr Zieliński (Napoli) haben die „Weiß-Roten“ einen weiteren Akteur in ihren Reihen, der in der Serie A sein Geld verdient. Ab 2016 ist er für Neapel aufgelaufen, in diesem Sommer hat ihn der italienische Meister Inter Mailand unter Vertrag genommen.