Herzogenaurach. Florian Wirtz und Stefan Kuntz wurden gemeinsam U21-Europameister. Hier sagt der Trainer, was den Leverkusener so besonders macht.

Als sich Florian Wirtz und Stefan Kuntz das erste Mal begegneten, kamen dem Europameister von 1996 kleine Zweifel. Im Oktober 2020 hatte Kuntz den Leverkusener zum bis dahin jüngsten Spieler der deutschen U-21-Nationalmannschaft gemacht. 17 Jahre, 5 Monate und 6 Tage war Wirtz alt, als er gegen Moldawien sein Debüt in der U21 des DFB gab. „Im ersten Moment denkst du manchmal, ob das alles schon hinhaut, weil er etwas introvertiert wirkt und physisch kein Riese ist“, sagt der damalige U-21-Nationaltrainer Kuntz im Gespräch mit dieser Redaktion. „Du wirst aber eines Besseren belehrt, wenn du ihn auf dem Platz siehst.“

Acht Monate nach ihrer ersten Begegnung wurden Kuntz und Wirtz in Slowenien gemeinsam Europameister. Auch dank Wirtz, der die deutsche Mannschaft mit zwei Toren im Halbfinale gegen die Niederlande (2:1) ins Endspiel geführt hatte. Im Finale triumphierten Kuntz, Wirtz und Co. durch das 1:0 gegen Portugal. Für den 18 Jahre jungen Wirtz war es der erste große Titel seiner Karriere.

DFB-Team: Werden Wirtz und Musiala zu „Wusiala“

Drei Jahre später ist der Leverkusener frisch gebackener Deutscher Meister und Pokalsieger. Wirtz wurde zum besten Spieler der Bundesligasaison gewählt. Nun will der mittlerweile 21-Jährige auch bei seinem ersten großen Turnier mit der A-Nationalmannschaft Europameister werden. „Ich bin voller Vorfreude“, sagte Wirtz am Mittwoch auf dem Pressepodium im Medienzentrum des deutschen EM-Quartiers in Herzogenaurach und bestätigte dabei die Beschreibung von Kuntz eines introvertierten Jungen, der die große Medienbühne genauso wenig liebt wie sein Nebenmann Jamal Musiala, der an seiner Seite Platz nahm.

Auf dem Podium eher schüchtern: Florian Wirtz.
Auf dem Podium eher schüchtern: Florian Wirtz. © AFP | Tobias Schwarz

Wirtz und sein gleichaltriger Mittelfeldpartner Musiala, vom Boulevard bereits als „Wusiala“ bezeichnet, sollen am Freitagabend zum EM-Auftakt gegen Schottland (21 Uhr/ZDF) mit ihren Dribblings in engen Räumen den aller Voraussicht nach tief stehenden Gegner immer wieder an ihre Grenzen bringen. Vor allem von Wirtz wird bereits viel erwartet, was mit seiner außergewöhnlichen Saison sowie dem schnellsten Tor der deutschen Länderspielgeschichte zu tun hat, das Wirtz im März beim 2:0-Sieg gegen Frankreich nach acht Sekunden erzielt hatte.

DFB-Team: Jamal Musiala ist Florian Wirtz‘ kongenialer Partner

„Was er unglaublich beherrscht, sieht man in jedem Dribbling“, sagt Kuntz. „Mit seinen Gewichtsverlagerungen und seiner extrem schnellen Ballkontaktzeit kann er immer mit kleinen Moves am Gegner vorbeikommen, weil dieser in dem Moment relativ fest steht. Das ist etwas, was du nicht lernen kannst. Das wird dir in die Wiege gelegt.“

Jamal Musiala und Florian Wirtz verstehen sich prächtig.
Jamal Musiala und Florian Wirtz verstehen sich prächtig. © AFP | Tobias Schwarz

Ähnliches könnte Kuntz auch über den Münchner Musiala sagen, der schon bei der Weltmeisterschaft in Katar mit seinen Dribblings der einzige Lichtblick beim enttäuschenden Vorrunden-Aus war. Nun hat Musiala mit Wirtz einen kongenialen Partner gefunden, mit dem er sich auf und außerhalb des Platzes bestens versteht. „Wir chillen miteinander, wir unterhalten uns. Wir spielen Basketball zusammen oder zocken Fifa. Was halt Freunde machen. Wir fühlen uns beide wohl zusammen und haben schon Späße gemacht, dass wir gerne mal im gleichen Verein spielen würden“, sagte Wirtz in einer Antwort auf eine Fangfrage, die auf eine mögliche gemeinsame Zukunft beim FC Bayern München abzielte. Oder sogar bei Real Madrid? „Ich bin gespannt, was bei mir in der Zukunft noch passiert“, sagte Wirtz zwei Tage vor der EM.

DFB-Team: Florian Wirtz besticht durch Lernfähigkeit

In Leverkusen steht der Spielmacher noch bis 2027 unter Vertrag. Geht es nach seinem Ex-Trainer Kuntz, ist er dort auch weiterhin sehr gut aufgehoben. „Ich war auch länger im Austausch mit seinen Eltern. Er hat ein fantastisches Umfeld, das ist gut für den Jungen“, sagt Kuntz über die Gespräche, die er vor drei Jahren mit der Wirtz-Familie führte.

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Dass der U21-Europameister vom Supertalent schon jetzt zum Hoffnungsträger der Heim-EM aufgestiegen ist, liege laut Kuntz auch an der Lernfähigkeit von Wirtz. „Es waren natürlich noch ein paar Sachen dabei, die nicht so gut waren. Aber er ist jemand, der zuhört und umsetzt. Das ist wahnsinnig wichtig“, sagt Kuntz, der zwischen 2016 und 2021 in 53 Spielen mit der deutschen U-21-Nationalmannschaft zahlreiche Toptalente trainierte. „Kaum einer meiner Spieler hat so schnell in diesem Alter den nächsten Schritt gemacht, wie er. Er kriegt etwas erklärt und verarbeitet es unheimlich schnell. Das gehört zu einem Toptalent dazu, um ein außergewöhnlicher Spieler zu werden“, sagt Kuntz.

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Mit Wirtz und Musiala hat Bundestrainer Julian Nagelsmann in jedem Fall zwei außergewöhnliche Spieler dabei, die beide das Potenzial haben, zu den EM-Stars zu gehören. Im September 2021 hatten die beiden unter Joachim Löw beim 6:0 gegen Armenien das erste Mal zusammen gespielt. „Da hat es Zoom gemacht“, sagte Musiala über den Beginn ihrer Fußballfreundschaft. Der Münchner glaubt selbst, dass sein Lieblingskollege beim ersten großen Turnier eine große Rolle spielen wird. „Ich habe das Vertrauen, dass Flo ein richtig gutes Turnier spielen wird. Er hat schon in all den Jahren seine Qualitäten gezeigt und wird das auch weiterhin tun“, so Musiala.

Und auch Kuntz ist nach den ersten Zweifeln überzeugt, dass Wirtz eine wichtige Figur im deutschen Spiel wird. „Ich will ihn nicht hypen. Er braucht diese Turniererfahrung und wird sicher ein wesentlicher Bestandteil der Nationalmannschaft sein“, sagt Kuntz, der 1996 dazu beitrug, dass Deutschland Europameister wurde. Nun will Wirtz ein wichtiger Faktor sein, damit die deutsche Nationalmannschaft zum ersten Mal nach 28 Jahren wieder den EM-Titel holt.

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