Buxtehude. Marie Andresen ist beim Buxtehuder SV Leistungsträgerin und Kapitänin. Doch das Handball-Dasein passt nicht zu ihrem Lebensentwurf.

Marie Andresen sitzt gerade im Auto irgendwo zwischen Stade und Buxtehude, als das Abendblatt die Torhüterin des Buxtehuder SV am Telefon erreicht. Es ist ein typischer Moment im Leben der 29-Jährigen, die derzeit noch zwischen zwei Welten pendelt. Vormittags unterrichtet die Handball-Bundesligaspielerin an der Stader „Grundschule am Burggraben“ als Vertretungslehrerin Sport und Mathe, Nachmittags und Abends warten Trainingseinheiten. Doch damit ist im Sommer Schluss.

„Es geht nicht darum, dass ich Handball und Job künftig nicht mehr unter einen Hut bekomme. Auch körperlich habe ich keine großen Probleme“, sagt Andresen. „Ich wollte aber immer selbst über mein Karriereende entscheiden.“ Für den BSV und Peter Prior war die Nachricht ein Schock. „Das tut uns richtig weh. Wir hätten Marie so gerne noch viele Jahre im Team gehabt, als großartige Torhüterin, als Kapitänin, als toller Mensch und Führungskraft“, sagt der BSV-Geschäftsführer. „Vielleicht können wir sie für die Zukunft in anderer Funktion für unseren Verein gewinnen.“

Handball: BSV-Torhüterin will den Profihandball hinter sich lassen

Doch auch Priors Wunsch nach einem Verbleib der Kapitänin in anderer Funktion dürfte sich nicht erfüllen. Andresen will den Profi-Handball bewusst hinter sich lassen. „Die Handball-Karriere hat zuletzt in allen Bereichen sehr viel Verzicht für mich bedeutet. Ich möchte einfach sehen, was das Leben ohne Handball noch zu bieten hat“, erklärt sie. „Für mich war das ganze Jahr immer durchgeplant, im vergangenen Sommer hatte ich nur zehn freie Tage zwischen dem Ende des Schuljahres und dem Trainingsauftakt.“

Um zu verstehen, wieso die gebürtige Flensburgerin den Traum einer Bundesligakarriere aufgibt, muss man wissen, dass sie das Ganze nie als Traum gesehen hat. „Ich habe die Profikarriere nie aktiv forciert, es hat sich vielmehr so ergeben, weil ich immer mit viel Spaß und Leidenschaft dabei war. Die Erste Liga war aber nie mein Ziel. Das sieht man auch daran, dass ich lange Zeit bei meinem Heimatverein gespielt habe“, sagt Andresen.

Andresen spiele 17 Jahre lang für ihren Heimatverein

Bei der HSG Handewitt/Nord Harrislee begann sie im Alter von sechs Jahren mit Handball, erst nach 17 Jahren wechselte sie zur Saison 2017/18 zum Fredericia HK nach Dänemark. Es folgten drei Zweitligajahre bei Werder Bremen, ehe die HSG Blomberg-Lippe sie 2020 in die Bundesliga holte. Seit eineinhalb Jahren in Andresen nun in Buxtehude. „Es gibt viele Tage, an denen es viel Spaß macht. Es gibt aber auch Tage, an denen man aus der Halle kommt und sagt: Ich will das nicht mehr, mir wird es zu viel“, sagt sie. „Handball hat sich zuletzt immer mehr nach Arbeit für mich angefühlt.“

Um reich zu werden, eignet sich eine Karriere als Bundesligahandballerin ohnehin nicht. Gestandene Spielerinnen in Buxtehude verdienen hohe dreistellige bis niedrige vierstellige Beträge im Monat, zusätzlich stellt der Verein einen Kleinwagen vom örtlichen Autohaus, das sich als Sponsor engagiert. Der Großteil des Teams besteht aus Studentinnen, andere haben Teilzeitjobs. „Ich habe die Handballkarriere immer als Leidenschaft und Hobby gesehen, für das ich nebenbei noch ein paar Euro bekommen habe. Fürs Geld spielt bei uns in Buxtehude aber niemand“, sagt Andresen, die für den kommenden Sommer auch vergleichsweise lukrative Angebote anderer Clubs ablehnte.

Ihr zukünftiger Wohnort steht noch nicht fest

Die Torhüterin hat ihr Grundschulreferendariat vor knapp zwei Wochen abgeschlossen, arbeitet seitdem in Teilzeit in Stade. Verbeamten lassen wollte sich Andresen bisher nicht, weil die Entscheidung ihres künftigen Wohnortes noch aussteht. Natürlich ist ihre Heimat Flensburg eine Option, auch über Bremen, wo ein Großteil ihrer Freundesgruppe lebt, wäre denkbar.

Angst davor, nach der Karriere in ein mentales Loch zu fallen, hat Andresen nicht. „Unsere Torwarttrainerin Debbie Klijn hat mir schon gesagt, dass dieser Adrenalinschub nach einer Parade und der Jubel der Fans durch nichts zu ersetzen sein wird“, sagt Andresen. Von ihren Schülern dürfte es eher keine Standing Ovations geben, wenn Sie die Hausaufgaben an die Tafel schreibt.

BSV hat bereits eine Nachfolgerin verpflichtet

„Wenn man ehrlich ist, wird im Sommer eine neue Torhüterin kommen. Und spätestens, wenn die Saison wieder losgeht, spricht niemand mehr von mir. Dem muss man sich bewusst sein“, sagt Andresen. Tatsächlich verpflichteten die Buxtehuderinnen am Donnerstag in Sophie Fasold (30/VfL Oldenburg) bereits Andresens Nachfolgerin. Einfach ersetzt zu werden – das ist normal im Profigeschäft.

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Für Marie Andresen ist das aber in Ordnung. Sie freut sich auf all das, was kommt. Zeit für Freunde, Partys, vielleicht bald auch mal eine Familie. „Die meisten Mitspielerinnen waren eher überrascht und traurig, als ich davon erzählt habe. Mir geht es manchmal genauso, ich glaube aber, dass die Zukunft noch sehr viel zu bieten hat“, sagt sie. „Ich liebe es, dass sich die Grundschüler noch so sehr für die Themen begeistern lassen. Es war definitiv die richtige Entscheidung, Grundschullehrerin zu werden.“