Hamburg. Im Volksparkstadion trifft Schachtar Donezk heute auf Olympique Marseille. Brisanz bekamen schon vorher Fahrgäste der S-Bahn zu spüren.
- Polizei: Marseille-Fans zünden Pyrotechnik im S-Bahnhof Reeperbahn.
- Gästefans gelten als teilweise gewaltbereit.
- Bahnen können nicht halten.
Dass die Anhänger, vor allem die Ultras des französischen Erstligisten Olympique Marseille, der an diesem Donnerstag im Europa-League-Play-off-Spiel um 18.45 Uhr im Volksparkstadion auf Schachtar Donezk trifft, keine gewöhnlichen Fußballfans sind, dürfte bekannt sein. Dass die äußerst leidenschaftlichen, teils aber auch gewaltbereiten Fans des aktuellen Tabellenachten der Ligue 1 dabei aber immer wieder für Skandale sorgen, zeigen nicht zuletzt zwei Fälle aus den vergangenen zwei Jahren.
Bereits vor Anpfiff sollte das befürchtete Szenario zumindest ein Stück weit eintreten. Das bekamen am Donnerstagnachmittag Fahrgäste der S-Bahn-Linien 1 und 3 und solche im Bereich der S-Bahnhöfe Königstraße und Reeperbahn zu spüren. Die Stationen und Tunnelbereiche waren verraucht, ein Halt der Bahnen dort nicht möglich. Nach Angaben des Lagedienstes der Polizei Hamburg hatten Marseille-Fans im S-Bahnhof Reeperbahn Pyrotechnik gezündet, einen sogenannten „Nebeltopf“. Die Polizei hatte die Lage aber schnell unter Kontrolle. Festnahmen oder Ingewahrsamnahmen habe es in diesem Zusammenhang nicht gegeben, so der Lagedienst zum Abendblatt.
Donezk gegen Marseille: Hunderte Fans feiern auf dem Hans-Albers-Platz
Zuvor hatten Hunderte Marseille-Fans auf dem Hans-Albers-Platz gefeiert, dann liefen sie in Scharen zum S-Bahnhof Reeperbahn. Dort warfen die Anhänger nach Angaben der Bundespolizei mehrmals Böller und Pyrotechnik in den Gleisbereich, der dadurch entstehende Rauch vernebelte die gesamte Anlage. Mit einer Sonder-S-Bahn mit Halt im S-Bahnhof Othmarschen durften die rund 1000 Marseille-Fans aber zum Spiel aufbrechen. Diese konnte wegen der erschwerten Sicht nur mit Schrittgeschwindigkeit in den Bahnhof einfahren, teilte die Bundespolizeiinspektion Hamburg mit. Rund 60 Kräfte von Polizei und Bundespolizei begleiteten den Fan-Aufzug. „Die eingesetzte Sonder-S-Bahn wies nach Halt im S-Bahnhof Othmarschen im Zug Graffiti und Sachbeschädigungen auf“, sagte Bundespolizei-Sprecher Woldemar Lieder. Ein 28 Jahre alter Franzose wurde auf „frischer Tat“ festgenommen. Bei seiner Durchsuchung sei ein „Edding-Stift“ sichergestellt worden. Die Bundespolizei ist gemeinsam mit drei Beamten der Aufrufeinheit „Daniel Nivel“ der Gendarmerie Nationale France im Einsatz. Der S-Bahnhof Reeperbahn habe nach Abfahrt des Sonderzugs rund 60 Minuten entlüftet werden müssen.
Was die Skandale der Marseille-Fans angeht: Besonders ins Gedächtnis eingebrannt hat sich dabei der Vorfall beim Spiel der Champions-League-Gruppenphase gegen Eintracht Frankfurt im September 2022. Auch die Eintracht-Fans, die an jenem Tag in Marseille den historischen, ersten Champions-League-Sieg (1:0) der Clubhistorie feierten, sind für ihre Emotionalität und Leidenschaft bekannt. Überschattet aber wurde der damalige Erfolg von den Ausschreitungen beider Fanlager. Bengalos wurden gezündet und gemeinsam mit Gegenständen in den gegnerischen Fanblock geworfen. Raketen wurden auf Menschen geschossen, ein Frankfurter Fan dabei getroffen und schwer am Hals verletzt.
Marseille-Fans: Skandal im Champions-League-Spiel gegen Eintracht Frankfurt
Die Gewaltbereitschaft der Olympique-Anhänger aber nahm auch nach dem Spiel nicht ab. Der Bus, mit dem die Frankfurt-Fans nach dem Spiel das Stadion verließen, wurde mit Flaschen beworfen, die Polizei musste eine größere Gruppe anschließend zu Fuß zum Hotel eskortieren. Erneut flogen Flaschen, auch mit Ziegelsteinen und Pfefferspray wurden die Frankfurt-Anhänger attackiert. In einem „Sport1“-Bericht erzählten einzelne Fans damals von regelrechten Jagdszenen.
Fans äußerten Kriegsdrohung gegen Olympique-Vorstand
Fast genau ein Jahr nach diesem Vorfall ereignete sich im September 2023 der nächste Skandal, als ein Treffen von Olympique-Marseilles-Präsident Pablo Longoria und anderen Clubvertretern mit Anführern von sieben Fangruppen des Vereins komplett aus dem Ruder lief. Nach Angaben des Vereins sei den Verantwortlichen für ihre sportlichen Entscheidungen damals mit „Krieg“ gedroht worden.
Pablo Longoria legte daraufhin zunächst sein Amt nieder, auch der damalige Trainer Marcelino García Toral trat zurück. Einige Tage später nahm Longoria sein Amt allerdings wieder auf. Trainiert wird das Team mittlerweile von dem italienischen Weltmeister 2006 und selbst als Hitzkopf bekannten Gennaro Gattuso.
Hamburger Polizei stuft Europa-League-Partie nicht als Risikospiel ein
An diesem Donnerstag trifft Olympique Marseille nun im Volksparkstadion des HSV auf den ukrainischen Verein Schachtar Donezk, der wegen des russischen Angriffskriegs bereits seine Champions-League-Spiele der Gruppenphase in Hamburg ausgetragen hatte. Als Gruppendritter qualifizierte sich Donezk für die Play-off-Runde der Europa League, in der der Verein gegen Marseille, als Zweiter seiner Europa-League-Gruppe, um den Einzug ins Achtelfinale spielt.
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Einen Grund, im Hinblick auf die Gewaltbereitschaft der Olympique-Fans, das Spiel, wie in der Champions League gegen Royal Antwerpen (1:0) als Risikospiel einzuordnen, sieht die Hamburger Polizei dabei offenbar nicht. Nach Abendblatt-Informationen werden am Donnerstag ausschließlich Hundertschaften der Hamburger Polizei im Einsatz sein.
Unterstützt wird sie dabei von der Bundespolizei. Einen Aufruf von Alarmhundertschaften – bestehend aus Polizisten der Wachen, einem Führungsstab oder der Unterstützung durch auswärtige Polizeihundertschaften – wird es aber nicht geben.