Hamburg. Der spanische Meister zeigt beim Champions-League-Spiel im Hamburger Volksparkstadion eine Nicht-Leistung. Die Ukrainer überraschen.
Für Marco Schäfer begann der Champions-League-Tag um 4 Uhr morgens. Der 47-Jährige ist Vorstandsmitglied des Penya Blaugrana Stuttgart e.V., dem größten deutschen Fanclub des FC Barcelona – und wohnt dummerweise nicht in Hamburg, sondern in der Nähe von Heidelberg. Von Eberbach am Neckar ging es für Schäfer im Morgengrauen nach Mannheim, dann mit dem ICE nach Hamburg.
Die Reise sollte zum Fiasko werden, der leidenschaftliche Barça-Fan sah am Dienstagabend im Volksparkstadion, wie Schachtar Donezk den spanischen Meister mit 1:0 (1:0) düpierte, somit weiter auf die K.-o.-Runde der Königsklasse hoffen darf, Europa-League-Gruppenplatz drei fast sicher hat – und damit 2024 mindestens ein weiteres Spiel in Hamburg garantiert ist. Dem HSV bescherte das weitere Einnahmen, pro Partie sollen es rund 500.000 Euro sein.
Schachtar Donezk führt Plan laut Trainer „perfekt“ aus
„Wir haben den Plan perfekt ausgeführt, meine Spieler verdienen die größtmöglichen Komplimente. Sie haben sich den Sieg verdient“, sagte der neue Schachtar-Trainer Marino Pušić, während Katalanen wortlos in den Mannschaftsbus stiegen. Lediglich Ilkay Gündogan nahm sich ein paar Minuten Zeit für Jonas Boldt, schenkte dem HSV-Vorstand sein Trikot.
„Ich bin nicht nur auf die perfekte defensive Ordnung stolz, sondern auch auf unser Spiel im Ballbesitz. Wenn man das Spiel und die Chancen sieht, hätten wir auch mehr als ein Tor schießen können“, sagte Pušić. „Es geht nicht nur um Dominanz im Ballbesitz, sondern auch um defensive Dominanz. Der Sieg war verdient.“
Champions League: Barcelona enttäuscht seine Fans
Auch wenn es fehl am Platz wäre, angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und des notgedrungenen Umzugs der Ukrainer nach Hamburg von Glück zu sprechen, so war der Barcelona-Auftritt für viele deutsche Fans wie Marco Schäfer die perfekte Möglichkeit, den Herzensclub live zu verfolgen. „Für uns ist das super, dass wir die Mannschaft in Deutschland anfeuern können. Das haben wir auch bei den Frauen schon oft gemacht, als sie in Frankfurt oder Hoffenheim gespielt haben“, sagte Schäfer vor dem Spiel.
Seit 2020 gibt es den Stuttgarter Fanclub, mit 565 Mitgliedern ist er die mitgliederstärkste „Penya“ in Deutschland. Weitere offizielle Barça-Fanclubs gibt es in Berlin, Frankfurt und München. „Es gibt wohl mittlerweile kein Spiel Barças mehr, bei dem nicht mindestens ein Mitglied von uns dabei ist“, sagt Schäfer.
Viele deutsche Barcelona-Fans vor Ort
In Hamburg waren 143 Mitglieder des Fanclubs vor Ort. Ein aus Hamburg stammendes Mitglied hat für die Stuttgarter Penya ein eigenes Ticketportal programmiert, über das man als Mitglied unter anderem an die begehrten Karten für den „El Clásico“ gegen Real Madrid kommt. Nötig war das am Dienstag nicht, das offizielle Gästekontingent wurde von Barcelona nicht ansatzweise abgerufen, der C-Rang des Gästereichs bliebt fast komplett leer. In den freien Verkauf gingen die Plätze jedoch nicht.
„Wir mögen es eigentlich nicht so, wenn man bei uns nur Mitglied ist, um einfacher an Tickets zu kommen. Uns ist aber bewusst, dass viele das als Hauptvorteil sehen. Mir persönlich geht es eher um das Gemeinschaftsgefühl“, sagt Schäfer, der das legendäre Camp Nou zum ersten Mal im Jahr 1992 besuchte.
Weil der zeitliche und finanzielle Aufwand für den Besuch von regulären Heimspielen in Barcelona immens ist, kann Schäfer in der Regel nur zwei Partien pro Saison besuchen. „Ein Wochenende in Barcelona kostet insgesamt immer zwischen 600 und 700 Euro. Das kann ich mir nicht ständig leisten“, sagt er. Viele Mitglieder kombinieren die Stadionbesuche auch mit einem Urlaub, beliebt seien vor allem Auswärtsspiele bei RCD Mallorca.
Barcelona enttäuschte offensiv
In Hamburg war es für Schäfer ein Spiel zum Wegsehen. Barcelona versuchte zwar, sein Offensivspiel aufzuziehen, lief aber immer wieder in Konter. Im Stadion wurde es zunächst nur richtig laut, wenn sich etwas in den Strafräumen tat, die aktive Fanszene von Barcelona war leise, die von Donezk mit Ausnahme einer kleinen Gruppe in Block 21 A nicht vorhanden. Ukrainische Männer dürfen das Land seit Kriegsbeginn vor eineinhalb Jahren nicht verlassen, auch die ukrainischen Journalisten waren zum Großteil Frauen. „Es ist fantastisch, wie professionell sich die Spieler unter diesen Umständen verhalten“, sagte Donezk-Trainer Pušić.
Hin und wieder riefen die Barça-Fans „Messi, Messi, Messi“ – der argentinische Superstar hatte den Club aber blöderweise bereits 2021 verlassen. Die nominell dennoch überlegenen Katalanen, die über einen Kaderweit von 826 Millionen Euro verfügen (Schachtar: 106 Millionen), wirkten uninspiriert, die Angriffe versandeten wie die „Laola-“Wellen-Versuche der Fans. Der Kopfballtreffer zur Führung von Schachtar-Stürmer Danylo Sikan (40.) war nicht unverdient, auch die vielen deutschen Fans feierten den Außenseiter.
Auch ein Vierfachwechsel half nicht
Zu Beginn der zweiten Halbzeit blieb Donezk gefährlicher, Barça-Trainer Xavi wechselte in der 58. Minute fast die halbe Mannschaft aus. Für Oriol Romeu, Ferran Torres, Raphinha und Andreas Christensen kamen João Félix, Pedri, Alejandro Balde und Lamine Yamal – es half kaum. Als eine Viertelstunde vor dem Ende die Zahl von 49.147 Zuschauern durchgegeben wurde, leuchteten viele Fans mit den Taschenlampen ihrer Handys – das beeindruckende Lichtermeer war der komplette Kontrast zur Nicht-Leistung Barças.
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Und Marco Schäfer? Der dürfte dem FC Barcelona weiterhin hinterher reisen. „Ich war auch schon ein paar Mal in München, als Barça dort gespielt hat. Da habe ich mittlerweile aber gesagt, dass ich da nicht mehr hin will, weil wir dort immer verlieren“, sagt Schäfer und lacht. Auch Hamburg dürfte er zukünftig meiden.