Hamburg. Beim Champions-League-Spiel gegen Schachtar Donezk bringen die Barca-Stars Glamour-Faktor – doch es gibt Probleme.

Es war 12.29 Uhr am Montag, als Charterflug PVG 1899 mit dem FC Barcelona am Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel landete. An Bord der Privatmaschine waren Spieler, die im Vergleich zum Hamburger Zweitliga-Fußball wie aus einer anderen Welt erscheinen. Robert Lewandowski, Ilkay Gündogan, die spanischen Wunderkinder Pedri und Gavi, dazu DFB-Torhüter Marc-André ter Stegen, Trainer der Startruppe ist kein Geringerer als Barça-Legende Xavi.

Der Blau-Gelb-Rot bemalte Mannschaftsbus mit der Aufschrift „Més que un club“ (Mehr als ein Club) hatte sich bereits am Wochenende auf den Weg nach Hamburg gemacht, um die Spieler direkt vom Geschäftsfliegerzentrum ins Mannschaftshotel zu bringen. An diesem grauen Novembertag in Hamburg wirkte es, als fuhr mit dem Bus eine bunte Discokugel durch die Stadt.

FC Barcelona gastiert in der Champions League bei Schachtar Donezk

Auch wenige Stunden später, als Trainer Xavi am Abend vor dem Champions-League-Gruppenspiel gegen Schachtar Donezk (18.45 Uhr/DAZN) den Pressekonferenzraum im Volksparkstadion betrat, war da dieses besondere Flair in der Luft, viele der über 40 Journalisten – ein Vielfaches der Anzahl als bei normalen HSV-Spielen – drückten die Wirbelsäule auf ihren Stühlen noch etwas mehr durch als gewöhnlich.

„Am Ende des Tages wollen wir die Ziele erreichen, die wir uns als Club gesetzt haben. Die letzte Saison war mit zwei Titeln sehr erfolgreich. Wir sind immer sehr selbstkritisch, um besser zu werden“, sagte Xavi. „Wir arbeiten weiter an unserer Exzellenz und an einem großen Barça.“

Barcelona liegt vier Punkte hinter der Tabellenspitze in Spanien

Der Barça-Mythos, er existiert noch – obwohl es sportlich bei den Katalanen in den vergangenen Wochen alles andere als gut lief. In der spanischen La Liga liegt der amtierende Meister bereits vier Punkte hinter Überraschungs-Tabellenführer FC Girona, ließ zuletzt schmerzhaft viele Punkte liegen, unter anderem beim 1:2 im El Clásico zu Hause gegen den Erzrivalen Real Madrid.

„Sie haben schon vor der Clásico-Niederlage nicht überzeugen können“, sagt einer, der sich mit dem spanischen Fußball so gut wie kaum ein anderer deutscher Experte auskennt. Alex Truica war jahrelang Spanien-Korrespondent beim „kicker“, heute berichtet der freie Journalist im erfolgreichen Tiki-Taka-Podcast wöchentlich über die spanische Liga, betreibt zudem das Online-Portal „Viva La Liga“.

Gündogan stellte zuletzt die Mentalität des Teams infrage

Mittelfeldorganisator Gündogan, vor der Saison als Führungsspieler von Manchester City verpflichtet, stellte nach der Clásico-Niederlage gar die Mentalität des Teams infrage. „Nach so einem unnötigen Ergebnis wünsche ich mir mehr Frustration, mehr Verärgerung, mehr Enttäuschung. Das ist ein Teil des Problems. Es müssen mehr Emotionen da sein“, sagte Gündogan, der für Truica damit einen zentralen Punkt des Problems ausgemacht hat. „Es gibt viele Topspieler, aber wenig klare Führungsspieler“, sagt Truica.

Auch in der Champions League täuscht die perfekte Punkteausbeute von neun Punkten aus den ersten drei Spielen über die mitunter äußerst unsouveränen Leistungen hinweg. „Nach den zwei katastrophalen Champions-League-Runden, als sie zweimal in der Vorrunde ausgeschieden sind, haben sie in diesem Wettbewerb wieder etwas gutzumachen“, sagt Truica. Helfen soll dabei der polnische Stürmerstar Lewandowski (35), der zuletzt mit einer Knöchelverletzung mehrere Wochen ausgefallen war. „Durch den Ausfall fehlte ihnen vorne ein bisschen der Killerinstinkt. Mit Joao Felix hat Lewandowski am Anfang gut harmoniert“, sagt Truica.

Trainer Xavi ist seit zwei Jahren im Amt

Trainer Xavi, der den Verein vor ziemlich genau zwei Jahren übernommen hatte, habe die Mannschaft zwar widerstandsfähiger und stabiler gemacht, den Fans fehle aber der typische Offensivstil, für den die Katalanen vor allem unter Trainer Pep Guardiola jahrelang standen. „Sie wurden zuletzt Meister mit einer unglaublichen Abwehrleistung, was eher untypisch für den Club ist“, sagt Truica. „Das fußballerische Element fehlt manchmal, sie dominieren die Gegner weniger als noch vor zehn Jahren.“

Zu allem Überfluss ist der Club hoch verschuldet, nahm jüngst erst einen Kredit über 1,45 Milliarden Euro für die Modernisierung des legendären Camp Nou auf. Weil die Heimspielstätte bis November 2024 überdacht und auf 105.000 Zuschauerplätze erweitert wird, trägt Barça seine Heimspiele in dieser Saison im Olympiastadion aus. Während der Zuschauerschnitt in der vergangenen Saison noch bei 83.498 lag, sind es in dieser Spielzeit gerade einmal 42.892. „Das Camp Nou war immer eine Gelddruckmaschine mit dem Museum und den knapp 100.000 Zuschauerplätzen. Jetzt müssen sie für das Olympiastadion auch noch Miete bei der Stadt zahlen“, weiß Truica. Umso wichtiger seien die Prämien, die das Team in der Champions League erspielt.

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Mit einem Sieg oder Unentschieden gegen Schachtar, das wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine alle Europapokalspiele in dieser Saison in Hamburg austrägt, wäre die Qualifikation für die K.-o.-Runde bereits perfekt. „Es ist wichtig, dass wir unsere Hausaufgaben in diesem Wettbewerb machen. Morgen müssen wir bestätigen, dass wir uns für die K.-o.-Runde qualifizieren. Wir wollen die Partie dominieren“, sagte Xavi, ehe er sich nach knapp 20 Minuten wieder aus dem Pressekonferenzraum verabschiedete. Am Dienstagabend nach dem Spiel soll Charterflug PVG 1999 um 22.50 Uhr wieder aus Hamburg abheben. Dann verabschiedet sich die ganz große Fußballwelt wieder aus Hamburg.