Hamburg. Fast 50.000 Zuschauer feiern mit Schachtar Donezk im Volksparkstadion trotz der 1:3-Niederlage gegen den FC Porto.
Mykola Didukh war gerade mit seiner Frau im Urlaub auf Sri Lanka, als die russische Invasion in der Ukraine begann. Eine Rückkehr in seine Heimat Kiew war zu diesem Zeitpunkt plötzlich unmöglich. Dass er eineinhalb Jahre später noch immer auf das Ende des Krieges wartet, hätte er sich niemals vorstellen können.
Der Ukrainer steht am Dienstagabend mit seiner Frau Yuliia Rodenko und dem Kriegsflüchtling Danylo Paliy vor dem Volksparkstadion in Hamburg und ist den Tränen nahe, als er über seine Geschichte spricht. „Wir sind Deutschland für die Unterstützung sehr dankbar“, sagt Didukh, der seit März 2022 in Lübeck lebt. Ein Freund hatte ihnen geholfen, in Deutschland Schutz zu finden.
Schachtar Donezk verliert in Hamburg gegen den FC Porto
Didukh ist einer von 46.729 Besuchern im Stadion des HSV, die das Champions-League-Spiel zwischen Schachtar Donezk und dem FC Porto verfolgen. Die ukrainische Botschaft hatte ihn eingeladen, weil er in Lübeck ein Hilfsprojekt für Ukrainer organisiert. Eigentlich ist der Professor für Psychologie Fan von Dynamo Kiew. Doch an diesem Abend unterstützt er den ukrainischen Serienmeister Donezk.
So wie der Großteil des Hamburger Publikums, das erstmals seit 2006 wieder Champions-League-Fußball im Volksparkstadion erlebt. „Ich kann es kaum glauben, dass so viele Zuschauer kommen. Es spielt ja nicht mal ein deutsches Team“, sagt Didukh.
Seit 2010 erstmals wieder europäischer Fußball im Volkspark
Doch die Fußballfans in Hamburg haben Lust auf europäischen Fußball. Was sie seit 2010 vom HSV nicht mehr bekommen haben, bietet nun Donezk, das sein Auftaktspiel am Ende mit 1:3 (1:3) verlor. Doch das war den meisten Zuschauern egal. „Danke, dass Sie die Ukraine in ihrer schwierigsten Zeit unterstützen. Danke Deutschland“, sagte Kapitän Taras Stepanenko in einer Videobotschaft.
Über die Stadionboxen lief das ukrainische Siegerlied des Eurovision Songcontest 2022, „Stefania“ des Kalush Orchestra. Auf dem Rasen lag ein Transparent mit dem Worten Frieden – auf Englisch und Ukrainisch. „Ich hoffe auf ein friedliches Spiel“, sagte Didukh, der sich auch darauf freute, einen großen Namen des Weltfußballs live spielen zu sehen: Képler Laveran Lima Ferreira, besser bekannt als Pepe.
Pepe nach 17 Jahren wieder im Volksparkstadion
Der in Brasilien geborene Portugiese war 23, als er das erste Mal mit dem FC Porto im Volksparkstadion spielte. Der Innenverteidiger gewann damals am vierten Spieltag der Champions League mit 3:1 beim HSV. Pepes Gegenspieler hießen Boubacar Sanogo und Daniel Ljuboja, HSV-Trainer war Thomas Doll.
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17 Jahre später stand Pepe erneut mit Porto in einem Champions-League-Spiel im Volkspark auf dem Platz. Seine Gegenspieler hießen diesmal Kevin Kelsy und Danilo Sikan. Der langjährige Nationalspieler (134 Länderspiele) ist mittlerweile 40 Jahre alt und spielt nach vielen Jahren bei Real Madrid seit 2019 wieder in Porto. „Er ist immer noch ein großartiger Spieler“, sagte Didukh, der in der Nähe der HSV-Spieler saß, die gemeinsam auf der Tribüne das Spiel schauten.
Zuschauer feiern zwischenzeitlichen Ausgleich
Fans aus Donezk waren dagegen so gut wie gar nicht dabei. Weil Männer im wehrfähigen Alter zwischen 18 und 60 derzeit das Land nicht verlassen dürfen, waren es vor allem die Hamburger Zuschauer, die das Team aus Donezk unterstützten.
Das zwischenzeitliche 1:1 durch Kelsy (13.) wurde fast so begeistert gefeiert wie ein HSV-Tor bei einem Heimspiel. Fangesänge waren an diesem Abend aber nur von den Anhängern des FC Porto zu hören. Dafür schwappte zwischenzeitlich sogar eine La-Ola-Welle durch das Stadion.
Donezk in Hamburg noch gegen Barcelona und Antwerpen
Es war eine angemessene Atmosphäre an einem Abend, der ein Fußballfest für den Frieden werden sollte. Hamburg, das wurde deutlich, ist ein passender Gastgeber für die Ukrainer in dieser Zeit. „Wir müssen spielen. Wenn wir nicht spielen, wird der ukrainische Fußball sterben“, sagte Schachtars Geschäftsführer Sergei Palkin der „Süddeutschen Zeitung“.
Die Ukrainer werden weiterkämpfen. Für ihr Land, aber auch für das Weiterkommen in der Champions League. Am 7. November (18.45 Uhr) geht es gegen den spanischen Meister FC Barcelona und am 28. November (18.45 Uhr) gegen den belgischen Titelträger Royal Antwerpen.
Dann wird vielleicht auch Mykola Didukh wieder dabei sein. Auch wenn er die Hoffnung noch nicht verloren hat, dass er in naher Zukunft wieder in seine Heimat Kiew zurückkehren kann.