Hamburg. Laura Ludwig/Louisa Lippmann feiern bei der Beachvolleyball-EM in Wien mit Bronze das beste Ergebnis in ihrer gemeinsamen Karriere.

Nach vier intensiven Turniertagen gingen Laura Ludwig und Louisa Lippmann am Sonntag die Aufarbeitung des größten Erfolgs ihrer gemeinsamen Karriere getrennt an. Während Ludwig (37) mit Ehemann Imornefe Bowes (47) und den Söhnen Teo (5) und Lenny (1) bereits mittags aus Wien nach Hamburg zurückflog, genoss Lippmann (28) in Österreichs Hauptstadt noch ein ausgedehntes Frühstück mit Ehemann Hannes, ihren Eltern und ihrer besten Freundin, die Geburtstag feierte.

„Es war sehr schön, die Emotionen mit meinen Liebsten teilen zu können“, sagte die Wahl-Hamburgerin, die am Sonntagabend ins Flugzeug stieg. Tatsächlich waren es emotionale Ausnahmesituationen, die hinter dem Beachvolleyball-Nationalteam vom HSV lagen.

Sieg im Spiel um Platz drei

Bei ihrer ersten gemeinsamen EM-Teilnahme hatten sie am Sonnabendabend das Spiel um Platz drei gegen Anouk Vergé-Dépré/Joana Mäder (beide 31/ Schweiz) mit 2:1 (21:14, 18:21, 15:11) Sätzen gewonnen und damit eine Bronzemedaille geholt, mit der nicht viele gerechnet hatten.

Erst seit Herbst vergangenen Jahres spielen Olympiasiegerin Ludwig und Lippmann, die im Sommer 2022 als beste deutsche Hallenspielerin in den Sand gewechselt war, zusammen. Zwar waren die Erwartungen an das neuformierte Duo angesichts der potenziellen Qualität beider groß.

Doch weil für Lippmann das Umgewöhnen auf die Strandvariante inklusive des Erlernens für sie neuer Elemente wie Annahme und Zuspiel sowie für Ludwig die Rückkehr nach der zweiten Schwangerschaft mit vielen Unbekannten behaftet waren, konnte niemand seriös einschätzen, wie lange der Prozess dauern würde.

Schlesinger spricht von Durchbruch

„Mein Gefühl ist, dass sich die beiden bei dieser EM freigeschwommen haben. Vielleicht war das der Durchbruch für sie“, sagte Bernd Schlesinger. Der 64-Jährige ist Leiter des Hamburger Bundesstützpunktes, an dem die meisten deutschen Nationalteams trainieren. „Laura automatisiert ihre Abläufe immer besser, Louisa findet immer mehr in ihr Spiel, was ihr Selbstvertrauen gibt“, glaubt er.

Das sieht auch Olaf Kortmann (67) so. „Mit dem Erfolg in Wien, vor allem mit der Art und Weise, wie sie sportlich aufgetreten sind, haben sie bewiesen, dass sie das Potenzial haben, mit den besten Teams der Welt mithalten zu können“, sagte der ehemalige Hamburger Bundestrainer und Entdecker Ludwigs.

Louisa Lippmann glaubt, dass das Challengerturnier in Edmonton (Kanada), das sie Mitte Juli aus der Qualifikation startend auf Rang fünf beendeten, ein Wendepunkt war. Viel Spielpraxis, wie jetzt die sieben Partien bei der EM, sei enorm wichtig, um Abläufe zu verinnerlichen. „Es fühlt sich sehr schön an, dass sich die intensive Arbeit der vergangenen Monate auszuzahlen beginnt und wir langsam die Früchte ernten“, sagte sie.

Harmonie als Team sehr gut

Die Weiterentwicklung ist in erster Linie an ihr abzulesen. Während Laura Ludwig in der Abwehr gewohnt viele Bälle ausgräbt und physisch fast schon wieder an ihr Topniveau heranreicht, hat sich die 1,90 Meter große Blockspielerin nicht nur in den für sie ungewohnten Elementen stabilisiert. Sie zeigt vor allem auch, dass sie ihr enormes Potenzial im Angriff und Block langsam auszuschöpfen beginnt.

„Zeigt mir eine Spielerin auf der Welt, die wie Louisa nach sieben Turnieren schon so weit ist“, sagte Bundestrainer Bowes, der das Team seit der Trennung vom ersten Trainer Martin Engvik im Januar betreut. Auch seine Ehefrau sagte: „Louisa hat bei dieser EM bewiesen, zu was sie fähig ist.“

Schon weiter als Kozuch

Louisa Lippmann scheint schon jetzt weiter zu sein, als es Ludwigs vorherige Partnerin Margareta Kozuch (36) jemals war. Vor allem ist ein gegenseitiges Vertrauen zu spüren, das Mut macht. „Wir konzentrieren uns in erster Linie auf unser Ding, aber harmonieren als Team sehr gut. Das gibt mir ein gutes Gefühl“, sagte die Angreiferin.

Im Schnitt machte sie 6,11 Punkte pro Satz und konnte damit einen etwas besseren Wert als Ludwig (4,56), die allerdings auch mehr als Zuspielerin und Abwehrspezialistin denn als Angreiferin gefordert wird, aufweisen.

Im vergangenen Jahr, als Ludwig noch pausierte, mit deren Olympiagold-Partnerin Kira Walkenhorst (32) bei der EM in München gespielt zu haben, sei rückblickend „eine sehr wichtige Erfahrung, weil ich jetzt wusste, wie es sich anfühlt, neben einer Legende eine EM zu spielen“.

Olympia 2024 bleibt das Ziel

Vor allem in den beiden besten Turnierspielen, beim 2:0 (21:19, 21:18) gegen die Hamburger Kontrahentinnen und WM-Dritten von 2022, Svenja Müller (22/Eimsbütteler TV)/Cinja Tillmann (32/Düsseldorf), im Achtelfinale sowie beim 1:2 (19:21, 21:19, 16:14) im Halbfinale gegen die späteren Europameisterinnen Nina Brunner (27)/Tanja Hüberli (30) aus der Schweiz war erkennbar, wohin der Weg der beiden führen kann.

Olympia 2024 ist das erklärte Ziel, bis dahin brauchen sie gute Resultate vor allem auf der höchsten Weltserie Elite 16, die als nächstes vom 16. bis 20. August am Hamburger Rothenbaum gastiert, wo sich Ludwig/Lippmann in der Qualifikation behaupten müssen. „Bis Paris sind es noch zehn Monate mit vielen Turnieren, die in die Rangliste eingehen. Ich glaube, dass wir mit Ludwig/Lippmann und Müller/Tillmann zwei starke Teams stellen können“, sagte Schlesinger.

Männerteam Ehlers/Wickler nicht ganz zufrieden

Ein wenig ernüchternd war dagegen das Abschneiden der deutschen Männer. Das einzig qualifizierte Team Nils Ehlers (29) und Clemens Wickler (28) vom ETV bot im Viertelfinale den alten und neuen schwedischen Europameistern David Ahman (21)/Jonatan Hellvig (21) beim 26:24, 17:21 und 14:16 zwar einen harten Kampf, konnte aber seine Siegchancen nicht nutzen.

„Wir machen ein, zwei Fehler zu viel, die kosten uns die mögliche Medaille. Platz fünf ist schon enttäuschend, wir hatten uns mehr erhofft. Aber der Weg stimmt“, sagte Nils Ehlers. Schlesinger sieht bei den Männern „eine deutlich breitere Spitze, in der viele Teams auf Augenhöhe sind. Aber wir müssen hart arbeiten, damit Nils und Clemens nicht auf Dauer das einzige deutsche Männerteam bleiben.“