Hamburg. Lea Kunst/Leonie Körtzinger vom Eimsbütteler TV spielen bei der Beachvolleyball-EM in Wien ihr erstes großes Turnier.
Die Donauinsel in Wien ist für den deutschen Beachvolleyball ein magischer Ort. 2017, als in Österreichs Hauptstadt die WM ausgespielt wurde, konnten die Hamburger Olympiasiegerinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst dort den Titel gewinnen. Leonie Körtzinger war damals per Livestream dabei – und erinnert sich, „dass ich die Atmosphäre als total krass wahrgenommen habe.“
An diesem Mittwoch nun kann die 26-Jährige vor Ort die Magie am eigenen Leib spüren. Bei den Europameisterschaften erlebt sie mit ihrer Spielpartnerin Lea Sophie Kunst (21) ihr erstes Kontinentalturnier.
„Als wir hier am Montagnachmittag unser erstes Training hatten, sind die Aufregung und die Vorfreude noch größer geworden“, sagt Lea Kunst, die zum ersten Mal in ihrer Karriere bei einem internationalen Turnier im Erwachsenenbereich im Hauptfeld steht.
Beachvolleyball: Seit 2022 ein Duo
Seit der Saison 2022 starten die beiden gemeinsam für den Eimsbütteler TV, doch weil das erste Jahr von gesundheitlichen Problemen überschattet war, traten sie erst Mitte vergangenen Monats bei Challengerturnieren in Espinho (Portugal) und Edmonton (Kanada) an – ohne dabei über die Qualifikation hinauszukommen. „Deshalb ist diese EM-Teilnahme für uns beide etwas ganz Besonderes“, sagen sie.
Wien ist für das Duo der Schritt aus dem Schatten ins Rampenlicht. Weil sie vom Deutschen Volleyball-Verband (DVV) aktuell weder im National- noch im Perspektivkader eingestuft sind, haben beide lediglich Nachwuchskaderstatus, was sich auf die finanzielle Förderung ebenso auswirkt wie auf die Chancen, international hochklassige Turniere zu spielen.
Vier Frauenteams in Wien dabei
Umso glücklicher sind sie, dass ihre Weltranglistenplatzierung ausreichte, um als viertes Frauenteam hinter den WM-Dritten Svenja Müller (22/ETV)/Cinja Tillmann (32/Düsseldorf), Karla Borger (34/Stuttgart)/Sandra Ittlinger (29/München) und dem HSV-Duo Laura Ludwig (37)/Louisa Lippmann (28) die EM-Qualifikation zu schaffen.
„Wir haben uns zwar damit abgefunden, dass wir nicht im Fokus stehen, was durchaus auch den angenehmen Effekt hat, dass wir uns auf uns konzentrieren können“, sagt Leonie Körtzinger, „trotzdem ist es für uns natürlich sehr wichtig, uns auf so einer Bühne präsentieren zu können.“
Wichtig sei ihnen, es nicht dank einer Wildcard, sondern aus eigener Kraft geschafft zu haben. „Wir haben uns diese EM verdient, obwohl die nationale Konkurrenz groß ist. Jetzt wollen wir sie auch genießen“, sagt Lea Kunst.
Turniersiege in Düsseldorf
Zusätzliches Selbstvertrauen ziehen die beiden Psychologiestudentinnen, die intern angesichts ihrer Studienwahl als „Psycho-Team“ bezeichnet werden, aus den ersten gemeinsamen Turniersiegen, die Anfang Juli auf der nationalen Serie „German Beach Tour“ gelangen.
„Die ist vom Niveau her sicherlich nicht mit einer EM zu vergleichen“, sagt Leonie Körtzinger, „trotzdem tat es gut zu spüren, dass wir unser Niveau über ein gesamtes Turnier halten können.“ Und das nicht nur einmal, sondern bei den aufeinanderfolgenden Turnieren in Düsseldorf doppelt. „Wir wissen jetzt, dass wir keine Eintagsfliegen sind“, sagt Lea Kunst.
Die Ende 2021 aus Varel an den Bundesstützpunkt nach Hamburg gewechselte Abwehrspezialistin, die mit 1,86 Metern nur zwei Zentimeter kleiner ist als Blockspielerin Körtzinger, gilt im DVV als hochveranlagt und perspektivisch als klare Kandidatin für die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles. Sie selbst sieht ihre größte Stärke im Aufschlag, besonders entwicklungsfähig sei ihre Durchsetzungskraft im Side-out, also in der Annahme bei gegnerischem Aufschlag.
Körtzinger spielte die WM 2019
Leonie Körtzinger, die 2015 aus Kiel nach Hamburg kam, hatte 2019 bei der WM in Hamburg an der Seite von Sarah Schneider (27/ETV) Platz 17 belegt und möchte in erster Linie ihre Erfahrung einbringen, um das Team zu entwickeln. „Ich möchte für Lea die Partnerin sein, die ich mir in meiner eigenen Übergangszeit vom Juniorinnen- in den Erwachsenenbereich gewünscht hätte“, sagt sie.
Dass sie im Verband nicht die höchste Wertschätzung erfährt, hält sie nicht von Ambitionen ab. „Wenn ich Laura Ludwig sehe, dann habe ich doch noch zehn Jahre Zeit“, sagt sie augenzwinkernd, „Olympia 2028 ist in meinem Kopf.“ Dafür stellt sie aktuell ihren Aufschlag auf Topspin um und will ihr Zuspiel perfektionieren, „um alle Elemente zu beherrschen“.
Zum Auftakt deutsches Duell
Bernd Schlesinger, Bundesstützpunktleiter in Hamburg, traut dem ETV-Duo in Wien immerhin zu, die Gruppenphase zu überstehen. Dafür würde zum Auftakt am Mittwoch (11 Uhr) ein Sieg im deutschen Duell mit Borger/Ittlinger helfen, die sie in Düsseldorf in zwei Sätzen bezwingen konnten.
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Die Siegerinnen spielen dann um 15 Uhr gegen die Gewinnerinnen des zweiten Gruppenduells zwischen Tanja Hüberli/Nina Brunner (Schweiz) und den ukrainischen Zwillingen Inna und Irina Machno um den direkten Achtelfinaleinzug. Die Verliererinnen kämpfen gegen die anderen Unterlegenen um einen Platz in der Achtelfinalqualifikation. Wer zweimal verliert, ist ausgeschieden.
Nur ein Männerteam am Start
Ludwig/Lippmann starten ebenfalls am Mittwoch (11 Uhr) gegen die Finninnen Niina Ahtiainien/Taru Lahti-Liukkonen, Müller/Tillmann eine Stunde später gegen die Lokalmatadorinnen Franziska Friedl/Katharina Schützenhofer.
Bei den Männern ist erstmals in der EM-Geschichte nur ein deutsches Team qualifiziert, das ETV-Duo Nils Ehlers (29)/Clemens Wickler (28) hat es am Donnerstag (12 Uhr) mit den Österreichern Timo Hammarberg/Tim Berger zu tun.
Ihr Hotelzimmer haben Leonie Körtzinger und Lea Kunst bis zum Sonntag gebucht. „Wir wollen unsere erste EM bis zum Ende auskosten“, sagen sie. Und wer weiß, vielleicht können sie das ja sogar auf dem Court tun. Wien ist schließlich ein magischer Ort.