Hamburg. Der 22-Jährige aus Hamburg-Langenhorn muss bei Ranglistenturnieren Punkte sammeln. Wie Koné mit diesem Druck umgeht.
Die Erholung, die er noch bis Freitag bei seinen Eltern in Langenhorn genießen kann, hat Losseni Koné dringend nötig. Würden ihm die vielen Flugmeilen, die er in der ersten Jahreshälfte im Einsatz für die deutsche Judo-Nationalmannschaft zurückgelegt hat, privat gutgeschrieben, wären sicherlich schon lukrative Freiflüge möglich.
Tatsächlich gibt es aktuell jedoch nur ein Reiseziel, das dem 22-Jährigen wirklich wichtig ist: Paris. Dort finden im Sommer kommenden Jahres die Olympischen Spiele statt, und sie sind der Grund dafür, dass der Superschwergewichtler vom SC Alstertal-Langenhorn sich aktuell kaum Pausen gönnt.
Judo: Koné will zu Olympia nach Paris
„Ich habe einen Traum, und dafür gebe ich alles. Nach Olympia kann ich chillen, jetzt heißt es: Augen zu und durchbeißen. Für mein großes Ziel quäle ich mich gern“, sagt der angehende Bundespolizist, dessen Eltern von der Elfenbeinküste stammen und vor seiner Geburt nach Hamburg emigriert waren.
Auf der Jagd nach Punkten für das Olympia-Ranking, das seit vergangenem Jahr geöffnet ist, fließen seit zwei Wochen die bei allen Ranglistenturnieren gewonnenen Punkte zu 100 Prozent (statt bislang 50) in die Wertung ein. Umso glücklicher ist Losseni Koné deshalb, dass ihm am vorvergangenen Wochenende beim Grand-Slam-Turnier in Ulan Bator ein dritter Platz glückte.
„Dafür nehme ich auch lange Reisen wie die in die Mongolei gern in Kauf. Für mich heißt es jetzt, so viele Kämpfe wie möglich zu gewinnen, denn die Konkurrenz ist groß“, sagt der 1,90 Meter große und aktuell 117 Kilogramm schwere Koloss, der in der Weltrangliste auf Platz 23 bester Deutscher seiner Gewichtsklasse ist.
Wendepunkt der Saison in Katar
Der Wendepunkt der Saison, vielleicht sogar seiner bisherigen Karriere, sei die Weltmeisterschaft in Doha (Katar) Mitte Mai gewesen. Der grundsätzlich sehr schüchterne Hamburger war vor seinem Wettkampf „so aufgeregt wie noch nie“. Dann gelang ihm in der ersten Runde ein Sieg gegen den Türken Munir Ertug, dem er bei vorangegangenen Turnieren zweimal unterlegen war.
„Da habe ich gespürt: Es ergibt keinen Sinn, sich selbst so viel Druck zu machen. Ich wusste immer, dass ich in der Weltklasse mithalten kann, und deshalb habe ich mir gesagt: Mach einfach alles, so gut du kannst, dann wird das schon werden“, erinnert er sich.
Rang neun bei der WM war eine Art Initialzündung, es folgten ein zweiter Rang beim Grand-Prix-Turnier in Linz (Österreich) Ende Mai und Bronze in der Mongolei. Anfang August will er, nach Trainingslagern in Köln und Papendaal (Niederlande), beim Masters in Budapest (Ungarn) diesen Aufwärtstrend fortschreiben.
Technisch und athletisch top, taktisch noch mit Defiziten
Entwicklungspotenzial sieht Losseni Koné vor allem in seiner individuellen Wettkampfführung. „Ich tue mich noch schwer damit, mich innerhalb der Kämpfe auf die Gegner einzustellen und meine Taktik zu verändern“, sagt er. Gegen schwerere und dadurch langsamere Gegner gelinge es ihm nicht optimal, sein Tempo zu nutzen, gegen leichtere sei er bisweilen zu behäbig. „Technisch und athletisch bin ich auf einem guten Niveau.“
Am Olympiastützpunkt Berlin, wo Koné hauptsächlich trainiert, arbeitet er mit dem britischen Bundestrainer Winston Gordon (46) an seiner Weiterentwicklung. Aber auch mit Coach Frank Möller, der vor vier Jahren mit rassistischen Beleidigungen gegen das damalige Toptalent für einen Eklat sorgte, hat er sich versöhnt. „Er hat sich mehrmals entschuldigt. Wir sind beide reifer geworden, ich bin mit seinem Sohn Tim befreundet. Für mich ist die Sache erledigt“, sagt Losseni Koné.
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Nach vorne schauen, das ist das Credo des Hamburgers, der seine Heimat im Herzen trägt. Deshalb wird er, den Belastungen vergangener und kommender Monate zum Trotz, am Freitag nach Düsseldorf reisen, um tags darauf im Rahmen des Multisportevents „Die Finals“ für den Hamburger Landesverband im Mixed-Team-Wettbewerb anzutreten.
Judo ist bei dem seit 2019 ausgetragenen Format erstmals im Programm. „Für unseren Sport ist das eine wichtige Bühne. Ich habe gehört, dass das ein tolles Event ist, deshalb freue ich mich darauf, dabei zu sein und Spaß zu haben“, sagt Losseni Koné. Bei allem Stress, den sein volles Programm mit sich bringt, ist Spaß weiterhin der wichtigste Faktor für sein Seelenleben.