Trotz des schweren Unfalls mit einem Toten spielten die Ironman-Veranstalter weiter Partymusik und schwiegen. Was nun folgen muss.
Wer am Sonntag mit den Verantwortlichen des Hamburger Ironman-Rennens sprechen wollte, sah ihnen den herrschenden Ausnahmezustand an. Angesichts des schweren Unfalls auf der Radstrecke, bei dem am Sonntagmorgen ein Begleit-Motorradfahrer ums Leben kam, ein 26 Jahre alter Triathlet aus Großbritannien schwer und ein Fotograf des Veranstalters leicht verletzt wurden, waren viele Mitarbeiter der Ironman Germany GmbH emotional am Limit.
Selbst Oliver Schiek, Geschäftsführer des in Altona ansässigen und seit etlichen Jahren bei Sport-Großevents tätigen Veranstalters, konnte und wollte nichts zu dem dramatischen Unfall sagen.
Ironman Hamburg: Groteske Party im Zielbereich
Umso grotesker war die ausgelassene Party, die von morgens bis abends im Zielbereich vor dem Rathaus gefeiert wurde. Erst wenige Minuten bevor die ersten Profis ins Ziel kamen, informierten die Organisatoren das Publikum mit einer kurzen Lautsprecherdurchsage über den zu diesem Zeitpunkt bereits fünf Stunden zurückliegenden Unfall. Es folgten eine Schweigeminute und etwas Klaviermusik – dann wurden die Partybässe wieder aufgedreht. Die Familie des Toten war zu diesem Zeitpunkt bereits informiert worden, der schwer verletzte Brite lag im OP-Saal.
Hätte man das Rennen abbrechen müssen? Rund 2800 Athleten waren auf der gesamten Strecke verteilt, ein Abbruch wäre nur schwer an alle kommunizierbar und somit ein möglicher Auslöser weiterer Gefahren gewesen. Abgesehen davon zeugte das Verhalten des Veranstalters allerdings von völliger Verantwortungs- und Pietätlosigkeit gegenüber den Opfern.
Ironman Group handelte im vollen Bewusstsein
Ja, es war eine Ausnahmesituation. Die Ironman Group ist aber ein professionelles, erfahrenes Unternehmen, das weltweit Veranstaltungen organisiert – ein zufällig auftretendes Komplettversagen ist nahezu ausgeschlossen. Die Organisatoren wussten genau, was sie taten.
Dass im offiziellen Ironman-Livestream der Todesfall mit keinem Wort erwähnt wurde, die Kommentatoren stattdessen von einem „beautiful day in Hamburg“ schwärmten und gegenseitig über ihre Witze gackerten, während der NDR seine Übertragung aus Respekt vor den Opfern abbrach, ist nur ein Beispiel dafür.
Auch die Abschaltung der Kommentarfunktion im Livestream sowie unter den kurzen, erst Stunden später veröffentlichen Facebook-Statements passte ins Bild. Die Show musste weitergehen, kritische Töne störten da nur. Selbst zur Durchsage im Zielbereich konnten sich die Veranstalter nach Abendblatt-Informationen nur auf Anraten der Stadt durchringen. Ein verantwortungsvolles Handeln ist das nicht.
Rennleitung wusste von der engen Strecke
Bleibt die Frage nach den Konsequenzen. Auch wenn der Motorradfahrer an dieser engen Stelle der Radstrecke am Spadenländer Hauptdeich nach aktuellem Wissensstand die anderen Begleit-Motorräder nicht hätte überholen dürfen, war die Rennleitung bereits zuvor auf die überdurchschnittlich vielen Fahrzeuge hingewiesen worden. Die Anzahl der Motorräder ist im Veranstaltungskonzept enthalten, muss allerdings nicht separat von der Stadt genehmigt werden.
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Anfang März beschlossen die Triathlon-Veranstalter der „Challenge Roth“, die Anzahl der Motorräder um 40 zu reduzieren. Die Hamburger Veranstalter sollten sich daran ein Beispiel nehmen. Zudem muss darüber diskutiert werden, ob eine Wendepunkt-Radstrecke, auf der die Fahrer bei hohem Tempo aneinander vorbeirasen, noch zugelassen werden darf.
Vom 13. bis 16. Juli findet in Hamburg die Triathlon-Sprint-WM statt. Fünfeinhalb Wochen bleiben also, um das Sicherheitskonzept schonungslos zu prüfen.