Hamburg. Nirgendwo gibt es mehr verschiedene hochklassige Sportevents als an Alster und Elbe, aber der HSV kratzt gehörig am Image.

Wie macht eine Stadt auf sich aufmerksam, wenn sie nicht auch Hauptstadt ist? Sie kann einen großen Konzertsaal bauen, in dem die besten Orchester der Welt musizieren. Das hat seinen Preis, hat aber bisher ganz gut funktioniert. Sie kann in Schulen, Universitäten, Lehrkräfte und Forschungseinrichtungen investieren, damit deren Ruf Bildungsbürger und jene, die es werden wollen, anzieht. Da gibt es vielversprechende Ansätze.

Sie kann auch mit weit weniger Steuermitteln Wahrnehmung generieren, damit Menschen animieren, in dieser Stadt Geld auszugeben oder sich in ihr niederzulassen. Etwa indem sie hochkarätigen Sport organisiert. Das passiert in Hamburg jetzt seit zwei Jahrzehnten, mit zunehmendem Erfolg.

Ungefähr jede sechste Hotelübernachtung wird bereits einem Sportereignis gutgeschrieben. Jene Wirtschaftsbereiche, die dem Sport zugedacht werden, setzen heute jährlich mehr als zwei Milliarden Euro um. Tendenz steigend.

Ein Champions-League-Sieg des HSV wäre die beste Werbung für Hamburg

Investitionen in den Sport lohnen sich also. Das ist die zentrale Erkenntnisse der Studie „Die ökonomischen Effekte einer vitalen Sportstadt“, die das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut im Auftrag der Behörde für Inneres und Sport und ihrer Partner (Handelskammer Hamburg, Tourismusverband und Hamburg Marketing GmbH /Hamburg Convention Bureau) vor drei Jahren erstellte.

Die beste Werbekampagne für Hamburg wäre allerdings, und das steht nicht in dem Papier, der HSV gewänne die Fußball-Champions-League, hat einmal Dr. Hariolf Wenzler gesagt, der ehemalige Chef der Hamburg Marketing GmbH. Das war vor gut 20 Jahren. Damals spielte der Verein in der Bundesliga und hatte ebendiese Ambitionen. München und Barcelona hätten es vorgemacht, wie Städte mit der Ausrichtung Olympischer Sommerspiele und einer erfolgreichen Fußballmannschaft aus der gefühlten Provinz in die erste Liga aufsteigen.

Der Abstieg des HSV 2018 hat Hamburgs Image als Sportstadt schwer geschadet, sie wird verkannt. Die Reparaturarbeiten dauern an. Hinzu kam: In keiner der fünf populärsten deutschen Mannschaftssportarten, neben Fußball Basketball, Eishockey, Handball und Volleyball, war Hamburg damals erstklassig. Basket- und Handballer haben das geändert. Geholfen hat das in der Empfindung wenig.

Hamburg bietet sportliche Vielfalt auf höchstem Niveau

Dabei bietet kaum eine andere Stadt der Welt – in Deutschland weder Berlin noch München – mehr hochwertige Sportereignisse. Die Triathlon-WM im Juli ist in diesem Jahr der Höhepunkt einer Veranstaltungsserie, die am 23. April mit dem Marathon begann und am 2. Dezember mit der Auslosung der Vorrundengruppen für die Fußball-EM 2024 in der Elbphilharmonie enden wird.

Aktuell lochen führende Golfprofis bei den Porsche European Open in Winsen an der Luhe ein – im Speckgürtel der Stadt. An diesem Sonntag kraulen Europas beste Ironmänner durch die Binnenalster, fahren durch die Stadt, kommen nach einem finalen Marathon am Rathaus an.

Hamburg hat Sportarten wie Triathlon und Beachvolleyball eine Weltbühne gegeben

Triathlon – der Ironman ist seine extreme Ausprägung – ist ein Beispiel dafür, dass Hamburg nicht nur Sport veranstaltet, sondern auch entwickelt. Der Dreikampf vegetierte in der Nische, bevor die Stadt ihn vor 21 Jahren auf die Bühne hob. Triathlon wurde zum Trend, das Hamburger Event aus Spitzen-, Breiten- und Schülersport ein weltweites Vorzeigemodell, Teil einer WM-Serie dazu. Hunderttausende an der Strecke feiern jedes Jahr die Athletinnen und Athleten. Nirgendwo auf der Welt sei die Begeisterung größer, sagen diese.

Die bewegten Bilder aus der Stadt sind in rund 150 Ländern zu sehen. Das entspricht einem Werbewert von mehreren Millionen Euro. Auch Beachvolleyball wandelte sich in Hamburg vom Spaß zum Spektakel. Die Ekstase bei der Weltmeisterschaft 2019 am Rothenbaum bleibt in der Szene wohl unvergessen.

Hamburg ist darüber hinaus mit finanzieller Unterstützung der Stadt zu einem beachteten Labor der Sportartenentwicklung geworden. Auf dem Heiligengeistfeld wird gerade in der Active-City-Arena das Potenzial von Padel, einer Tennisvariante, und Hip Hop getestet, 2022 waren es Air Badminton und 3x3 Basketball. Hyrox, eine Mischung aus Kraft und Ausdauer, startete aus Hamburg in die Welt.

Neue Events haben es schwer, gegen traditionelle Veranstaltungen zu bestehen

Bei aller Experimentierfreudigkeit der Vereine und Agenturen: Abgesehen von Beachvolleyball und Triathlon konnte sich in der Publikumsgunst in den vergangenen zwei Jahrzehnten wenig Neues durchsetzen. Der Helga-Cup, ein inklusiver Segelwettbewerb auf der Außenalster, kämpft nächste Woche erneut darum.

Rudern, Schwimmen auf der Binnenalster, Schwimmen im 25-Meter-Becken im Tennisstadion am Rothenbaum fielen letztlich durch. Hindernisläufe über Hüpfburgen, der Color Run mit Musik, bei dem die Teilnehmenden mit Farbpartikeln beworfen werden, populär in Indien, sind bisher keine Renner, eher Mitläufer.

Tradition dagegen zählt. Spring- und Galoppderby, Tennis, Marathon, Cyclassics (Radrennen), inzwischen auch Triathlon und Beachvolleyball sind weiter gefragt, der HSV sowieso. Das Relegationsrückspiel am Montagabend gegen den VfB Stuttgart war sofort ausverkauft.