Hamburg. Der Neuseeländer war Weltmeister und Olympiasieger mit Belgien. Nun ist er als Berater des Hamburger Hockey-Bundesligaclubs gefragt.
Lange sah es so aus, als wäre zum Start der Rückrunde in der Feldhockey-Bundesliga der Herren, der an diesem Freitag (19.30 Uhr) den deutschen Vizemeister Hamburger Polo Club mit Titelverteidiger Rot-Weiß Köln zusammenführt, der neue Kunstrasen der große Star.
Dass die Hamburger nicht mehr an den Hemmingstedter Weg ausweichen müssen, sondern direkt auf dem Clubgelände an der Jenischstraße spielen können, soll das Gemeinschaftsgefühl stärken und ein neues Kapitel in der Historie des seit 1906 genutzten Geländes einläuten.
Dann aber gab Polo kürzlich eine Verpflichtung bekannt, die den neuen Platz um Längen in den Schatten stellt. Shane McLeod, zu seiner aktiven Zeit Nationalspieler Neuseelands und als Trainer mit Belgien 2018 Weltmeister und 2021 Olympiasieger, wird dem Verein zunächst für die Rückrunde als sportlicher Berater dienen.
Polo-Hockeyvorstand stolz auf den Transfer
Ein Zugang ist das, der in Hockeykreisen weltweit Beachtung fand, und von dem sich Polo-Hockeyvorstand Frank Schmidt, der den Erstkontakt herstellte, Großes verspricht: „Er wird Mannschaft, Verein und alle Hockeyfans begeistern.“
Derlei Vorschusslorbeeren sind dem 54-Jährigen fast ein wenig unangenehm, wie er im Gespräch mit dem Abendblatt einräumt. „Ich komme hier sicherlich nicht her, um alles an mich zu reißen“, sagt Shane McLeod. Er genieße es, in der zweiten Reihe arbeiten zu können, ohne die Gesamtverantwortung zu tragen.
Seine Hauptaufgaben liegen in der Trainingsgestaltung und der analytischen Gegnervorbereitung, um Polos Cheftrainer Matthias Witthaus (40) einerseits zu entlasten und dem früheren Nationalstürmer andererseits neue Blickwinkel zu ermöglichen.
Shane McLeod will das Team variabler machen
Genau daran hapere es seines Erachtens, wenn ein Cheftrainer zu lange in seiner Funktion verharre. „Als Headcoach verliert man manchmal den Blick für andere Einflüsse und ist in seinen eigenen Denkstrukturen verhaftet. Ich sehe eine meiner Aufgaben darin, Witti andere Ansätze näherzubringen, die die Spielweise des Teams variabler machen können“, sagt er.
Letztlich gehe es im Sport immer darum, das vorhandene Potenzial vollumfänglich abzurufen. „Auch wenn ich erst ein paar Wochen mit dem Team arbeite, glaube ich beurteilen zu können, dass es viel nicht ausgeschöpftes Potenzial hat.“
Warum er selbst sich nach sechs Jahren in Hauptverantwortung vom weltbesten Hockeyteam der vergangenen Jahre nach der WM Ende Januar in Indien zurückzog, um in der deutschen Bundesliga einen Assistentenjob anzunehmen, erklärt Shane McLeod mit seinem Hunger nach Veränderung. „Für mich ist wichtig, immer wieder einen Schritt zur Seite zu machen, um mich weiterzuentwickeln. Wer das nicht tut, wird irgendwann von der Entwicklung überholt und bleibt stehen“, sagt er.
Deutschland hat ihn schon immer gereizt
Deutschland als eine der großen Hockeynationen habe ihn immer schon gereizt. „Vor allem der Einfluss des Hallenhockeys auf das Spiel ist etwas, das in Deutschland sehr speziell ist. Ich finde es sehr spannend, mich damit jetzt ausführlich beschäftigen zu können. Ich spüre, dass sich mein Blick mit jeder Trainingseinheit weitet“, sagt er.
War der Polo Club bislang vor allem für sein exzellentes Umschaltspiel bekannt, will Shane McLeod nun dazu beitragen, die Spielanlage der Mannschaft, in der fünf neuseeländische Nationalspieler stehen, variabler zu gestalten.
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„Man muss alle Elemente des eigenen Spiels weiterentwickeln, wenn man ein Topteam sein möchte. Wir arbeiten daran, eine Mannschaft zu werden, die mehr Spielkontrolle hat, die den Ball besser bewegt. Noch passiert hier vieles etwas zu sehr im Freestyle. Das macht das Team zwar stark, aber es wäre gut, mehr Balance in unser Spiel zu bringen“, sagt er.
Dauertätigkeit in Hamburg ist unwahrscheinlich
Dass aus seinem zunächst bis maximal zur Endrunde Anfang Juni angelegten Engagement eine Dauertätigkeit wird, ist unwahrscheinlich. Seine belgische Ehefrau arbeitet in Antwerpen als Kardiologin, lebt dort mit den Kindern. Nur ein bis zwei Tage pro Woche bei der Familie zu sein wie derzeit, das sei nicht sein Wunschmodell.
„Andererseits fühlt es sich derzeit so an, als wäre ich schon zehn Jahre hier, so wohl fühle ich mich“, sagt Shane McLeod, „deshalb schauen wir mal, was sich ergibt.“ Wenn sich der erhoffte Erfolg einstellt, wird man Wege finden, weiter zusammenzuarbeiten.